REUTLINGEN. 105 lange Jahre hat der Mieterverein Reutlingen schon auf dem Buckel. Gegründet wurde er kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Damals herrschte an der Achalm massive Wohnungsnot, betonte Marc Roth als Geschäftsführer des Mieterbunds Reutlingen-Tübingen am vergangenen Freitag. An diesem Abend wurde aber ein anderer Geburtstag gefeiert: Vor 50 Jahren hatten sich die Reutlinger und die Tübinger-Rottenburger Mietervereine entschlossen, zu fusionieren.
Einfach sei das laut Roth nicht gewesen, »die Fusion war ein Wagnis für den Reutlinger Verein«. Warum? Weil die Struktur in Tübingen eine völlig andere war, wie der Geschäftsführer ausführte. Mit den vielen Studierenden in der Uni-Stadt gab es (und gibt es auch heute noch) deutlich weniger Mitglieder als in der Industriestadt Reutlingen. Aber: »Die Fusion war letztendlich erfolgreich«, sagte Roth.
Das betonten auch alle Grußwortgäste im Reutlinger Spitalhofsaal. Angela Weiskopf etwa: »Der Mieterbund Reutlingen-Tübingen setzt sich ein für die Stärkung der Mieterrechte, das ist wichtig«, so Reutlingens Baubürgermeisterin. »Sie kämpfen für soziale Mietrechte und effektiven Mieterschutz.« Wichtig und gut sei, dass Stadt und Mieterbund in ständigem Austausch stehen.
Gleiches gelte auch für Tübingen, wie OB Boris Palmer hervorhob: Dabei habe es Reutlingen besser als die Nachbarstadt – weil an der Achalm mehr als 1.000 Wohnungen von der GWG gebaut würden. »Das können wir nicht«, so Palmer. Aber: Es müssten endlich wieder bezahlbare Wohnungen gebaut werden – dazu sei laut Palmer ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro vom Bund für den sozialen Wohnungsbau vonnöten.
Diese Forderung unterstützte auch Marc Roth, während der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann betonte, dass bereits einige Milliarden an Fördergeldern für den Wohnungsbau fließen würden. Rosemann verteilte auch Lob: »Der Mieterbund ist unverzichtbar, gerade in Zeiten, in denen der Wohnungsmarkt immer mehr unter Druck steht.«
Marc Roth ging außerdem auf die aktuellen Zahlen ein: Top-Themen bei der Beratung durch den Mieterbund seien die Nebenkosten und die drastisch steigenden Energiekosten, gefolgt von Wohnraummangel und Mieterhöhungen.
2.784 Beratungen in Reutlingen standen im vergangenen Jahr 593 in Tübingen, 332 in Bad Urach, 316 in Metzingen und 221 in Rottenburg gegenüber. Die Top-Drei der Beratungsanwälte waren im vergangenen Jahr Rosemarie Schlüntz, die schon seit fast 40 Jahren Mieter berät: Sie stand 2023 mehr als 400 Menschen mit ihrem Wissen zur Seite.
Karl Böhmler ist schon seit mehr als 40 Jahren in der Beratungstätigkeit aktiv – und dazu auch noch langjähriger erster Vorsitzende des Reutlinger-Tübinger Mieterbunds. Er brachte es im vergangenen Jahr auf 499 Beratungen, Hans Grauer hatte sogar 512 bewältigt. Jedoch: Die Zahl der Beratungen steige laut Roth weiter an. »Der Mieterbund ist nach wie vor unverzichtbar«. (GEA)