REUTLINGEN-ROMMELSBACH. Ist es so risikoreich mit dem Fahrrad durch Rommelsbach zu strampeln, weil die Stadt Reutlingen so arm ist? Das fragen sich mehrere Ortschaftsräte wie Georg Leitenberger sowie Bezirksbürgermeisterin Gabriele Gaiser. Seit Jahren beantragen die Rommelsbacher ein paar aus ihrer Sicht lächerliche Zehntausend Euro, um mit etwa 100 Meter asphaltiertem Weg einen sicheren Anschluss für Zweiradfahrer an den Neckartalradweg zu bauen. Doch es tut sich nichts.
Es geht um eine der Hauptdurchfahrten im Flecken. In der ohnehin engen Kniebisstraße ist der motorisierte Verkehr König, während Fußgänger und Fahrradfahrer den sprichwörtlichen Schwarzen Peter gezogen haben. 12.000 Fahrzeuge - meist mit Verbrennungsmotor - werden hier täglich gezählt. Beim Ortstermin steuert Bezirksgemeinderat Georg Leitenberger sein E-Bike an den Straßenrand, damit sich das Drama besser beobachten lässt.
Verbotenerweise auf Gehweg fahren
Da es keinen Radweg an der Kniebisstraße gibt, haben Menschen im Radsattel die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder sie bleiben in der Hoffnung auf der Straße, dass Autofahrer oder Lastwagenlenker so korrekt sind, Abstand zu halten - falls nicht, wär's das gewesen. Oder sie benutzen eigentlich verbotenerweise den Gehweg, worüber sich wiederum Passanten sowie vor allem Anwohner gelegentlich richtig ärgern. »Es gibt schwierige Begegnungen mit Anliegern, die dort aus ihrer Garage fahren wollen. Immer wieder auch Beschimpfungen«, sagt Bezirksbürgermeisterin Gabriele Gaiser. Der eigentliche Skandal ist laut Leitenberger, dass diese Probleme längst inklusive ihrer Lösung bekannt sind.
Im Masterplan Radverkehr der Stadt Reutlingen steht seit Jahren auch die Maßnahme Nummer 127 drin. Sie beschreibt einen sicheren Ausbau der Radwegeverbindung zwischen der Kniebisstraße und dann hoch über die Darrenstraße. Dort existiert bereits eine geschwungene Fahrradrampe inklusive Geländer bergab. Weit genug weg von der eigentlichen Ortsdurchfahrt könnten Zweiradfahrer dann sehr bequem im Grünen hinter zwei Privatgrundstücken bis zum Ortsausgang Richtung Altenburg fahren - wenn denn einige wenige Euro investiert würden, um ein paar Meter Radweg zu bauen.
A gesagt, aber nicht B
Im Juli 2020 hat es eine Radtour durch Rommelsbach mit der städtischen Task-Force Radverkehr gegeben. Den radelnden Rathausrittern für die Verkehrswende auf zwei Rädern wurde damals nach Leitenbergers Worten auch die Rampe sowie die mögliche weitere Wegeführung gezeigt. »Die Rampe an der Darrenstraße hat man gemacht - aber den Rest nicht«, ärgert sich der Bezirksgemeinderat, »die haben A gesagt, aber nicht B«. Im Haushaltsantrag des Bezirksgemeinderates wird dieses B seit mehreren Jahren konkret beschrieben.

Umgesetzt werden solle, mahnen die Rommelsbacher bei der Stadt Reutlingen an, die Maßnahme 127 aus dem Masterplan Radverkehr in Gestalt von »Ausbau mit einfachem Stand auf einer Länge von rund 100 Meter Radwegeführung weg von der viel befahrenen Kniebisstraße und Lückenschluss hinter den Gebäuden 57-59. Das liegt in der Zuständigkeit der Stadt, die erforderlichen Grundstücke befinden sich im Eigentum der Stadt«. Außerdem wird die Realisierung weiterer Kleinigkeiten gewünscht. Namentlich eine Verbreitung des schmalen Weges am Ortsausgang in Richtung Altenburg sowie zweimal eine Querungssicherung nach der Einfahrt nach Sickenhausen. Der Wunschzettel ist klein, aber der Frust mittlerweile groß.
Auch Kinder sind gefährdet
»Es ist wirklich gefährlich, das melden wir regelmäßig«, betont Gabriele Gaiser. »Auch die Kinder, die aus Sickenhausen oder Altenburg zum BZN radeln, sind gefährdet«, ergänzt die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Ricarda Rödler. »Schauen Sie, wie einfach das wäre«, zeigt Georg Leitenberger in Richtung Wiese, auf der man dieses winzige Stück Radweg nach seiner Schätzung für 40.000 Euro anlegen könnte. Für den kommenden Doppelhaushalt der Stadt Reutlingen werden die Rommelsbacher ihren Antrag erneut stellen. Leitenberger verbreitet Optimismus: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«. Manchmal sogar ein Radweg. (GEA)