REUTLINGEN. Der Streit um Diesel-Fahrverbote im Südwesten beschäftigt Ende des Monats erneut das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Konkret geht es in der Verhandlung am 27. Februar zwar um den Luftreinhalteplan für Reutlingen. Die Entscheidung der Richter dürfte wegen ihres grundsätzlichen Charakters aber auch Auswirkungen auf die Debatte vor allem in Stuttgart haben. Derweil kritisierte die baden-württembergische FDP das »Beharren auf Verboten«, obwohl sich die Luftqualität verbessert habe.
Im Fall Reutlingen hatte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entschieden, dass Fahrverbote notwendig seien, um die Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts (NO2) schnellstmöglich zu gewährleisten. Die bloße Aussicht auf eine baldige Einhaltung reiche nicht, um darauf zu verzichten. Kritisch sehen die Richter zudem die im Jahr 2019 eingeführte gesetzliche Regelung, wonach Fahrverbote »in der Regel« nur dort in Betracht kämen, wo mehr als 50 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft gemessen werden. Der EU-Grenzwert liegt bei 40.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die sowohl in Reutlingen als auch in Stuttgart auf die Einhaltung der Grenzwerte geklagt hat, hält Fahrverbote trotz der stetig sinkenden NO2-Belastung weiterhin für unumgänglich. »Wir haben Überschreitungen«, sagte DUH-Chef Jürgen Resch. Dass man auf einem guten Weg sei, tauge nicht als Argument. »Der Weg war zu Ende am 1. Januar 2010«, sagte Resch. Seit damals gilt der Grenzwert von 40 Mikrogramm. In Reutlingenwar 2019 ein Jahresmittelwert von 46 Mikrogramm ermittelt worden, am Stuttgarter Neckartor waren es 53.
»Ich bin nicht nur fassungslos, sondern hochgradig verärgert, dass man so tut, als gäbe es einen anderen Grenzwert als 40«, sagte Resch. Auf Antrag der Umwelthilfe hatte das Verwaltungsgericht kürzlich ein Zwangsgeld von 25 000 Euro gegen das Land Baden-Württemberg verhängt, weil es in Stuttgart noch immer keine flächendeckenden Fahrverbote für Euro-5-Diesel gibt. Dagegen wehrt sich das Land derzeit beim Verwaltungsgerichtshof.
Der Vorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, warf der DUH Fanatismus vor: »Ginge es der Umwelthilfe wirklich um die Umwelt, würde sie vom fanatischen Fordern von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge längst abrücken«, erklärte Rülke am Sonntag. »Denn erstens sind moderne Diesel sauber und zweitens wird die auch Luft ständig besser.« Der FDP-Politiker warf der DUH vor, es gehe ihr »in Kooperation mit unserem grünen Verkehrsminister nur darum, den Diesel und damit unseren Wirtschaftsstandort kaputt zu machen«. (dpa/lsw)