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Aktuell Prozess

Reutlinger soll Partnerin und Tochter zur Prostitution gezwungen haben

Ein 41-jähriger Mann aus Reutlingen ist vor dem Tübinger Landgericht wegen Zwangsprostitution, Vergewaltigung und Betrugs angeklagt. Bisher schweigt er zu den Vorwürfen.

Seit Dienstag muss sich ein 41-Jähriger aus Reutlingen wegen Zwangsprostitution, Vergewaltigung und Betrugs vor dem Tübinger Lan
Seit Dienstag muss sich ein 41-Jähriger aus Reutlingen wegen Zwangsprostitution, Vergewaltigung und Betrugs vor dem Tübinger Landgericht verantworten. Foto: Tom Weller/dpa
Seit Dienstag muss sich ein 41-Jähriger aus Reutlingen wegen Zwangsprostitution, Vergewaltigung und Betrugs vor dem Tübinger Landgericht verantworten.
Foto: Tom Weller/dpa

REUTLINGEN. Zwangsprostitution, Förderung von sexuellen Handlungen mit einer Minderjährigen, Vergewaltigung einer Minderjährigen, Geldwäsche, Betrug, Körperverletzung – das sind die schwersten Vorwürfe, die die Tübinger Staatsanwaltschaft gegen einen 41-jährigen Mann aus Reutlingen zusammengetragen hat. Zu Beginn des Prozesses, am Dienstag vor der 2. Großen Strafkammer des Tübinger Landgerichts, schwieg der Angeklagte. Dafür war seine ebenfalls angeklagte Noch-Ehefrau umso aussagefreudiger.

Im Zusammenspiel zwischen der Anklageschrift und den Angaben der 38-Jährigen, die sich unter anderem wegen Beihilfe zur Förderung von sexuellen Handlungen mit einer Minderjährigen vor Gericht verantworten muss, ergibt sich das bizarre und verworrene Bild eines Mannes, der über Jahre hinweg seinen Lebensunterhalt wohl dadurch bestritt, dass er andere ausgenutzt und betrogen hat. Zu sagen hatte er dazu nichts. Die einzigen Emotionen, die er gestern zeigte, waren ein Grinsen oder ein skeptischer Blick.

Die Minderjährige, um die es sich handelt, ist die leibliche Tochter, die er gemeinsam mit einer Ex-Partnerin hat. Das Mädchen war zum Zeitpunkt der Taten 15 Jahre alt. Sie tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf.

Arbeitslos aber immer viel Bargeld in der Tasche

Die Beziehung zu der Mutter des Mädchens ging 2016 in die Brüche. Drei Jahre später lernte er dann über Facebook die nun ebenfalls Angeklagte kennen. Das Verhältnis zwischen den beiden war anfangs »eigentlich ganz nett«, wie die 38-Jährige am Dienstag dem Gericht schilderte. Doch »schnell wurde die Sache intensiv«. Der Reutlinger zog nach wenigen Monaten schon nach Böblingen in die Wohnung der Frau. Sie ging einem normalen Beruf nach, er arbeitete nichts, »war aber immer flüssig, hatte viel Bargeld in der Tasche«. Dieses Geld stammte wohl, wie die Polizei später ermittelte, aus betrügerischen Geschäften.

Dem Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft jedenfalls vorgeworfen, gefälschte Rolex-Uhren aus China an gutgläubige Kunden für viel Geld verkauft zu haben. Schließlich verschaffte er sich noch eine andere Einnahmequelle. Er brachte seine neue Partnerin dazu, dass sie der Prostitution nachging. Das Gleiche gelang ihm offenbar auch bei seiner 15-Jährigen Tochter, die damals, wie man am Dienstag hörte, wohl Probleme mit Drogen hatte.

Klassisches Beispiel von Geldwäsche

Die Einnahmen, die die beiden Frauen aus der Prostitution erzielten, steckte zum größten Teil der 41-Jährige ein. Diese Einnahmequelle versuchte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft zu verschleiern, in dem er eine Praxis für psychologische Beratung aufmachte. Mit fingierten Rechnungen floss das Geld aus der Prostitution in diese Praxis. Ein klassisches Beispiel von Geldwäsche.

Doch nicht nur das. Obwohl er keine Ausbildung als Psychologe absolviert hatte, bot er tatsächlich »Beratungsgespräche« an. Er fand auch Opfer, denen er dann für seine angebliche »Behandlung« Geld abknöpfte.

Doch zurück zur Prostitution. Als die beiden Frauen keine Lust mehr hatten, sich zu prostituieren, weil offenbar auch die Freier immer seltsamer wurden, ließ dies der 41-Jährige nach Aussage seiner Partnerin nicht zu. Er bedrohte und erpresste sie damit, dass er überall publik machen würde, sie gehe der Prostitution nach. Die 38-Jährige machte deshalb eingeschüchtert weiter, »ich wollte einfach meine Ruhe vor ihm«, meinte sie. Auch seine Tochter brachte der Angeklagte »mittels psychischem Drucks und körperlicher Gewalt« dazu, sich weiter zu prostituieren. Dem Mädchen soll er dafür auch Drogen, vornehmlich Kokain, besorgt haben.

Angeklagter soll seine Tochter vergewaltigt haben

Wie die 38-jährige Angeklagte am Dienstag erklärte, besuchte sie einmal zusammen mit dem Mädchen einen Freier »für einen Dreier«. Den Vorwurf, dass sie dabei als »Mutter-Tochter-Gespann« aufgetreten seien, bestritt sie.

In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft steht außerdem, dass der 41-Jährige seine Tochter in neun Fällen zum Geschlechtsverkehr mit ihm gezwungen haben soll. Damals sei das Mädchen 16 Jahre alt gewesen.

Im Gerichtssaal

Gericht: Dr. Christoph Kalkschmid (Vorsitzender Richter), Dr. Simon Salzbrunn. Schöffen: Eser Turgut, Rainer Bauser. Staatsanwalt: Nicolaus Wegele. Verteidiger: Matthias Obermüller, Martin Mosat. Nebenklagevertreter: Achim Unden. Sachverständiger: Dr. Stephan Bork.

Gewalttätig war er auch gegenüber der 38-Jährigen Partnerin. Sie schilderte gestern vor Gericht einen Fall, in dem er ihr im Streit die Hand verdreht und ihr dabei einen Fingernagel abgerissen hat. Auch habe sie Schläge von ihm bekommen, aber »immer an Stellen, wo man es nicht so sieht«.

Den Angeklagten beschrieb die 38-Jährige gestern mehrmals als paranoid. Um herauszufinden, ob der Reutlinger wirklich psychisch krank ist, folgt deshalb auch ein psychiatrischer Sachverständiger dem Verfahren. Der Prozess vor dem Landgericht wird am 5. November fortgesetzt. (GEA)