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Aktuell Eskalation

Reutlinger Schulleiterin vermisst kreative Abistreiche

Seit Generationen gehören Abischerze zum Schulende dazu. Doch manchmal arten sie aus. Wie sie in Reutlingen verliefen und was Schulleiter davon halten.

Nach der Abiprüfung lassen sich die Abschlussjahrgänge Streiche einfallen.
Nach der Abiprüfung lassen sich die Abschlussjahrgänge Streiche einfallen. Foto: Marijan Murat/dpa
Nach der Abiprüfung lassen sich die Abschlussjahrgänge Streiche einfallen.
Foto: Marijan Murat/dpa

REUTLINGEN. In vielen Orten Deutschlands haben Abistreiche Tradition. Mit gut gemeinten Scherzen verabschieden sich Abiturienten von ihren Lehrern und Mitschülern. Doch das verläuft nicht immer glimpflich. In Tübingen beispielsweise ist ein übler Streich ausgeartet. Das Foyer und der Aufzugsschacht der Geschwister-Scholl-Schule wurden unter Wasser gesetzt. Aber wie sah es mit den Abistreichen an den Reutlinger Gymnasien aus?

Die Schulleiterin des Isolde-Kurz-Gymnasiums Gabriele Häfele findet das Thema Abischerze schwierig und auch etwas fragwürdig. Ihr falle auf, dass Abiturienten überfordert seien, wenn es um Ideen gehe. »Viele denken, sie müssen einfach irgendwas machen, aber werden nicht kreativ.« Das sei auch dieses Jahr der Fall an dem Reutlinger Gymnasium gewesen. Statt sich etwas Besonderes auszudenken, vermüllten sie die Schule und stapelten Möbel. Überall sei Papier durch die Gegend geflogen. Auch verschmierte Fensterscheiben seien immer wieder mit im Spiel gewesen. Was Häfele davon hält? »Darüber bin ich nicht so glücklich.«

Abiturienten halten Autos und Busse an

Die Abiturienten seien zwar kooperativ und hätten auch aufgeräumt. Dennoch habe sie ein ungutes Gefühl gehabt. Vor allem, wenn Schüler spaßeshalber Autos und Busse anhalten, mache sie sich am meisten Sorgen. Allerdings stellt sie klar, sie verstehe, dass Streiche zur Verabschiedung dazugehören und wolle auch nicht den Spaß der Schüler verderben. Doch sie ist der Meinung, dass manche Scherze grenzwertig seien. Damit nichts aus dem Ruder läuft, »versuche ich ein gutes Verhältnis zu den Abiturienten aufzubauen und sie eng zu begleiten, aber auch viel im Voraus mit ihnen zu besprechen«, sagt sie. Ob sie schonmal darüber nachgedacht hat, eine Kaution für mögliche auftretende Schäden zu verlangen? Das macht zum Beispiel die Schulleitung des Carlo-Schmid-Gymnasiums in Tübingen. »Davon höre ich das erste Mal«, sagt Häfele. Rein vom Organisatorischen stelle sie sich das recht schwer vor. Denn das hieße dann, dass die jungen Erwachsene die Verantwortung übernehmen müssen, das Geld einzusammeln und bereitzustellen. Für sie stelle das keine Lösung dar.

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Sollten Abistreiche verboten werden?

In der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen ist ein Abistreich ausgeartet. Abiturienten drangen nachts ins Schulgebäude ein, drehten Wasserhähne auf und setzten das Foyer und den Aufzugsschacht unter Wasser.

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Friedliche Stimmung herrschte dieses Jahr am Albert-Einstein- und dem Johannes-Keppler-Gymnasium. Am Friedrich-List-Gymnasium war musikalisch einiges los. Schulbands traten auf. »Das Abifest war Bombe«, heiß es seitens der Schulleitung. Streiche gab es dieses Jahr keine, es sei nichts Spektakuläres passiert. An der Schule fehlte es aber vergangenes Jahr nicht an kreativen Scherzen. Schüler hatten aneinander geschlossene Fahrräder vor dem Lehrerzimmer aufgestellt. Die Lehrer mussten die Zahlkombination des Schlosses erraten.

Keine bösen Überraschungen

Auch an dem Rommelsbacher Gymnasium gab es keine bösen Überraschungen. Der Schulleiter des HAP Grieshaber Gymnasiums Marcus Fuhrig sei in engem Kontakt mit den Abiturienten gewesen und hätte mit ihren besprochen, auf ihrem Fest die Klassen 5 bis 7 zu berücksichtigen und miteinbeziehen. So wurden Hüpfburgen aufgestellt und ein Bobbycar-Rennen veranstaltet. Zu dem Leiter der Tübinger Schule, wo ein Abistreich ausgeufert ist, wollte Fuhrig noch etwas loswerden. Er bedauere es, dass aufgrund dieses Ereignisses Schulleiter Martin Schall Frust abbekommen habe. Denn: »Er leistet herausragende Arbeit«, betonte er.

Ob in der Stadt Reutlingen in den vergangenen Jahren ein Scherz so ausgeufert ist wie in Tübingen? Der Stadt ist in den vergangenen Jahren kein vergleichbarer Fall von den Schulen gemeldet worden, teilt Pressesprecher Dennis Koep dem GEA auf Anfrage mit. Kurios, aber nicht schadensträchtig sei laut Polizei ein Abischerz im Jahr 1999 gewesen, als die Abiturienten einer Schule im Landkreis Reutlingen mehrere Kälbchen vor dem Eingang der Schule abgestellt hatten und so für Lehrer und Schüler zunächst kein Betreten der Schule mehr möglich war. (GEA)