REUTLINGEN . Der Zustand des Parkhaus Lederstraße ist, gelinde gesagt, unter aller Kanone. Die Wände in allen Treppenhäusern sind verschmiert - Parolen jeglicher politischer Couleur werden dort gerne mal niedergeschrieben, ebenso wie Beleidigungen, sexistische Äußerungen und sinnloses Gekritzel. Zudem werden die Treppenhäuser immer wieder als Toilette genutzt, Müllbeutel und Unrat in den Ecken entsorgt. Anwohner haben sich an den GEA gewandt, dass auch die Lärmbelästigung dort immens ist - der Krach halte oft bis in die frühen Morgenstunden an. »Selbst bei geschlossenen Fenster ist an Schlaf nicht zu denken«, beklagt ein Leser, der oberhalb des Parkhauses wohnt.
Mitte Juli erst hat die Stadt beschlossen, aktiv zu werden und das Parkhaus etwas einladender zu gestalten. Zwei Wochen lang waren die Maler beschäftigt, haben alle Wände frisch gestrichen. 16.000 Euro wurden investiert, teilt Dennis Koep vom Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit. Leider habe der Zustand der unbefleckten Wände nicht einmal 24 Stunden gehalten, berichtet GEA-Leser Rolf Becker. »Ein Schmierer hat sich mit kyrillischer Schrift möglicherweise mit Edding-Stift auf der frisch gestrichenen Wand verewigt« - schreibt er kurz nach Ende der Malerarbeiten an die Redaktion. Der Maler sei befremdet und verständlicherweise frustriert, berichtete Becker. Seitdem werden es quasi täglich mehr wilde Graffitis - je höher das Stockwerk umso mehr sind es.
Stadt hat Anzeige erstellt
Auch die zuständigen, städtischen Behörden sind verärgert, dass sie 16.000 Euro für quasi nix ausgegeben haben. Zudem verhöhnen die Vandalen mit einigen Schmierereien das sogar noch: »Übermalen bringt nix«, ist da beispielsweise zu lesen. Die Stadt hat Anzeige erstellt, aber wenig Hoffnung, dass die Täter gefunden werden - die Aufklärungsquote bei Sachbeschädigungen ist mit die geringste unter allen Delikten.
Immer wieder werden daher Forderungen nach eine Videoüberwachung laut, was aber gar nicht so leicht umzusetzen ist: "Aufgrund der Datenschutzgrundverordnung gibt es extrem hohe
Hürden, eine Videoüberwachung in öffentlichen Gebäuden anbringen zu dürfen", erklärt Koep. Doch die Stadt wird trotzdem nochmals prüfen, ob nicht doch in diese Richtung etwas möglich ist. Denn die Schäden, die dort über Jahre hinweg entstanden sind, summieren sich natürlich.
Junge Künstler lehnen ab
Ein anderes Vorhaben hat sich derweil zerschlagen: »Leider ließ sich unsere Idee, das Treppenhaus von jungen Künstlern gestalten zu lassen, nicht umsetzen. Unser Verbindungsmann in die Szene meinte, dass die Künstler dort zu wenig Sichtbarkeit hätten und daher nicht bereit seien, die Flächen gegen Materialersatz und Taschengeld zu gestalten.« Also nichts mit künstlerisch hochwertigen Graffitis, die das Auge erfreuen. Und auch der neue Anstrich ist bereits wieder dahin. (GEA)