REUTLINGEN. Es war das traurige Ende einer langen Ära: Mitte Januar hat Galeria Kaufhof seine Filiale in der Reutlinger Karlstraße geschlossen. Geplante Zwischennutzungen mit Mitteln aus dem Förderprogramm des Bundes »Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren« (ZIZ) scheiterten, obwohl es vielfältige Pläne dafür gab - von Pop-up-Stores über Kulturangebote bis hin zu einer Sky-Bar auf dem Dach. Doch nichts von alle dem wurde umgesetzt: Das Gebäude steht bis heute leer. Wie es auf lange Sicht mit der stadtbildprägenden Immobilie weitergeht, steht nach wie vor in den Sternen.
Doch demnächst werden zumindest Teile des Traditionskaufhauses wieder mit Leben gefüllt. Der Non-Food-Discounter Tedi, ein europaweit tätiger Schnäppchenmarkt, bezieht das Erdgeschoss, wie das Unternehmen auf Nachfrage des GEA bestätigt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Dortmund »wird acht ehemalige Filialen der Galeria Kaufhof vorübergehend anmieten«. Neben Reutlingen sind dies Darmstadt, Hildesheim, Pforzheim, Kempten, Siegburg, Schweinfurt und Wuppertal. Die Verkaufsfläche in Reutlingen beträgt etwa 1.700 Quadratmeter, teilt das Unternehmen mit. Und bald soll es auch schon losgehen.
Tedi: Das Unternehmen und seine Geschichte
2004 öffnet die erste Tedi-Filiale in Dortmund: Die Stadt im Ruhrgebiet ist bis heute Sitz der Firmenzentrale des Unternehmens. Im Stadtteil Dortmund-Brackel sind Verwaltung und Logistik untergebracht sowie große Lagerhallen. Von Beginn an setzt das Non-Food-Unternehmen auf Expansion: Bereits im ersten Geschäftsjahr werden bundesweit 120 Filialen eröffnet.
In diesem Tempo geht es weiter: 2005 sind es 250 Filialen, im Jahr 2010 wird im ostfriesischen Morrdorf die 1000. Zweigstelle eröffnet. Und die Geschäfte werden auch schnell auf das europäische Ausland ausgeweitet: 2011 lässt sich Tedi in Österreich nieder, es folgen Slowenien, die Slowakei, Spanien, Kroatien, Italien, Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Portugal, Bulgarien, Frankreich und Belgien.
2023 ist Tedi mit 3.000 Filialen in 15 europäischen Ländern vertreten, Stand heute sind es bereits mehr 3.200. Das erklärte Ziel der Firmenleitung ist es, weiter zu wachsen - auf 5.000 Filialen europaweit. Immer wieder übernimmt die Firma auch leerstehende Ladenräume gestrauchelter Einzelhändler. So hat die Firma in diesem Jahr bereits zehn Stores des belgischen Mode- und Schuhändlers Bristol übernommen. In den kommenden Tagen sollen acht Filialen der Galeria Kaufhof übergeben werden. (awe)
Das Weihnachtsgeschäft startet zeitnah
»Die Standorte werden in den nächsten Tagen an uns übergeben«, sagt Expansionsexperte Marc Goltz auf einem Videobeitrag von Tedi auf dem sozialen Netzwerk »Linked In«. Dadurch, dass es sich um einstige Kaufhäuser handelt, die noch nicht lange leerstehen, müssen keine großen Umbauarbeiten gemacht werden. »Wir werden unsere Regalsystem aufbauen«, erklärt Goltz, »und freuen uns darauf, zeitnah unser Weihnachtsgeschäft starten zu können«.
In Reutlingen gibt es bereits eine Tedi-Filiale, gerade mal 800 Meter entfernt vom Galeria-Kaufhof-Gebäude in der Konrad-Adenauer-Straße. »Verträgt sich das?,« mag sich da so manch einer fragen. Oder wird die bisherige, um einiges kleinere, Filiale dann irgendwann zumachen müssen? »Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist keine Schließung der bisherigen Tedi-Filiale in Reutlingen geplant«, schreibt eine Pressesprecherin des Unternehmens. Sicherlich auch deshalb, weil zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar scheint, wie lange das Mietverhältnis bestehen wird. Auf jeden Fall will sich das Unternehmen » nicht über etwaige Laufzeiten äußern, da eine längerfristige Mietung nicht auszuschließen ist«.
Noch viel Platz übrig
Das heißt, die Zukunft des Kaufhauses in Innenstadt- und direkter Bahnhofsnähe ist weiterhin ungewiss. Insgesamt gibt es dort rund 12.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, der Non-Food-Discounter Tedi benötigt gerade mal ein Siebtel davon. Es wäre also noch für viele weitere Mieter Platz. Besonders das Erd-, Unter- und erste Obergeschoss werden dabei als besonders geeignet für den Handel angesehen, wie auch Wirtschaftsförderer Markus Flammer im August in einem GEA-Interview erklärte. Darüber hinaus seien viele weitere Nutzungen denkbar. Da sich Gebäude samt Gelände jedoch im Besitz der Apollo Global Management in New York befinden, hat die Stadt keinen Einfluss darauf, was dort weiter geschieht. (GEA)