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Aktuell Bilanz 2019

Reutlinger Arbeitsmarkt-Jahresbilanz heiter bis konjunkturgetrübt

Agentur für Arbeit präsentiert für die Region Rekord der Beschäftigtenzahl und stabile Arbeitslosenquote

Stellten die Entwicklung des  regionalen Arbeitsmarkts vor:  Wilhelm Schreyeck, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Reutlinge
Stellten die Entwicklung des regionalen Arbeitsmarkts vor: Wilhelm Schreyeck, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Reutlingen (rechts), und Markus Nill, Geschäftsführer des operativen Bereichs. FOTO: KÜSTER
Stellten die Entwicklung des regionalen Arbeitsmarkts vor: Wilhelm Schreyeck, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Reutlingen (rechts), und Markus Nill, Geschäftsführer des operativen Bereichs. FOTO: KÜSTER

REUTLINGEN. 199 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und eine Arbeitslosenquote von 3 Prozent: Die reinen Zahlen sehen gar nicht schlecht aus. Dennoch sprach Wilhelm Schreyeck, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Reutlingen, gestern bei der Präsentation der Arbeitsmarkt-Jahresbilanz 2019 für die Region Reutlingen/Tübingen von einer »Eintrübung der Konjunktur«, die sich vor allem im zweiten Halbjahr bemerkbar gemacht habe. »Es hat sich etwas verändert«, resümierte er die Entwicklung.

Kurzarbeit kann Thema werden

Ob er mit den heranziehenden Wolken auch den Ende November von Autozulieferer Bosch angekündigten Abbau von 500 Stellen in Reutlingen meinte, bleibt offen. Namen könne er nicht nennen, sagte der Chef der Arbeitsagentur. Jedenfalls sei die von Maschinenbau und Automobilbranche geprägte Struktur des Reutlinger Bezirks konjunktursensibler als Tübingen. Das machte sich bereits bei der Kurzarbeit bemerkbar: Seit Mitte des vergangenen Jahres verzeichnet die Arbeitsagentur verstärkt Beratungsbedarf, was in der Regel einer tatsächlichen Kurzarbeit vorangehe. Im Dezember waren 64 Betriebe und 2 350 Arbeitnehmer »potenziell betroffen«. In anderen Branchen wurden keine Auffälligkeiten beobachtet. Den Anstieg der Beschäftigten auf ein Rekordniveau bei gleich bleibender Arbeitslosenquote erklärte Schreyeck mit der Schaffung neuer Stellen.

Den deutlichsten Zuwachs notierte sein Team im Bereich Information und Kommunikation mit einem Plus von 9,6 Prozent, auch wenn diese Branche insgesamt keinen großen Stellenwert hat. Das verarbeitende Gewerbe, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie der Handel bleiben die Beschäftigungsmotoren der Region. Weniger Menschen waren 2019 in Forst und Landwirtschaft, in der Finanzbranche und als Zeitarbeiter (minus 25 Prozent) tätig. Im Durchschnitt waren im vergangenen Jahr 8 580 Menschen arbeitslos gemeldet. Zu den am häufigsten betroffenen Bevölkerungsgruppen gehörten jüngere (ausländische) Männer, deren Zeitarbeitsverträge nicht verlängert wurden.

Markus Nill, Geschäftsführer des operativen Bereichs, stellte die Lage speziell für junge Menschen, Langzeitarbeitslose, Migranten und Fachkräfte dar. Die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt seien weiter sehr gut – mit deutlich mehr Stellenangeboten als Bewerbern. Auch die Bereitschaft der Betriebe, Nachwuchs auszubilden, sei ungebrochen. Jungen Leuten, die sich im Übergang zwischen Schule und Beruf befinden, legte er das neue Online-Angebot der Agentur für Arbeit nahe: Nach Tübingen helfe jetzt auch die Jugendberufsagentur Reutlingen mit niederschwelligen Angeboten bei der Orientierung. Insgesamt setze sich der Trend zu weiterführenden Schulen fort. Nur 40 Prozent der Jugendlichen streben eine berufliche Ausbildung an, obwohl Fachkräfte gerade in handwerklichen Berufen sehr gute Perspektiven hätten.

Leichter mit Ausbildung

Qualifizierungen und Weiterbildungen seien entscheidende Weichen in der Berufswelt. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres arbeitslos zu werden, ist bei Ungelernten etwa dreimal so hoch wie bei Fachkräften und Spezialisten. Gleichzeitig sei die Chance, schon nach einem Monat Arbeitslosigkeit wieder eine Beschäftigung zu finden, deutlich schlechter. Auch Langzeitarbeitslose tun sich schwerer, wieder Fuß zu fassen im Arbeitsleben. Migranten sind kein großes Thema mehr für die Arbeitsberater, da die Kurve der Neuzugänge abgeflacht ist. Gut gelinge deren Integration: Von Juni 2017 bis Juni 2019 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Geflüchteten von 815 auf 1 786.

»2020 wird ein interessantes Jahr, das von den Entwicklungen in der Automobilbranche und im Handel geprägt sein wird«, wagte Schreyeck einen Ausblick. (GEA)