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Aktuell Luftreinhaltung

Reutlingen kämpft, um Fahrverbote zu vermeiden

Fünf Stunden streiten die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Stadt Reutlingen und das Regierungspräsidium Tübingen am Verwaltungsgerichtshof in Mannheim um Reutlinger Luft. Besser ist sie dadurch nicht geworden. Auch die Maßnahmen der Stadt haben laut DUH nicht genügend gebracht. Fahrverbote könnten das letzte Mittel sein.

Die Lederstraße in Reutlingen. Foto: Markus Niethammer
Die Lederstraße in Reutlingen.
Foto: Markus Niethammer

MANNHEIM. Reutlingen soll weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung treffen. Dafür macht sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Verwaltungsgerichtshof in Mannheim stark. Anders seien die Stickstoffdioxid-Grenzwerte in Reutlingen nicht einzuhalten. Es ist ein Streit um falsche Prognosen, um Paragrafen und um die Rechtmäßigkeit des aktuellen Luftreinhalteplans. Für viele Autofahrer könnte das mit Dieselfahrverboten enden.

Jürgen Resch, Chef der DUH betont: "Wir klagen auf eine kurzfristige Einhaltung von Maßnahmen, die für bessere Luft sorgen. Sein Anwalt Remo Klinger ergänzt: "Es geht um die Einhaltung von Grenzwerten. Wenn das nur mit Dieselfahrverboten geht, dann ist das eben so."

40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel darf der Stickstoffdioxidwert in Reutlingen im Jahr 2020 betragen. Die Stadt, die mit Ulrike Hotz (Baubürgermeisterin), Albert Keppler (Leiter Ordnungsamt), Madeleine Michels (Leiterin Rechtsamt), Stefan Dvorak (Amt für Stadtentwicklung und Vermessung) und Mario Zimmermann (Luftreinhaltungsbeauftragter) prominent vertreten ist, glaubt, dass sie diesen Wert bis 2020 nahezu erreichen kann. Die Deutsche Umwelthilfe bezweifelt das. Deshalb will sie mit der Klage erzwingen, dass Reutlingen seinen Luftreinhalteplan fortschreibt. Heißt: Die Stadt soll nach Meinung der DUH weitere Schritte unternehmen, damit die Luft an den Messstellen besser wird.

Eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans würde allerdings nichts bringen, sagt Michael Üchtritz, der das zuständige Regierungspräsidium Tübingen vertritt. Das Verfahren würde bis 2020 dauern. Bis dahin hätten längst die Maßnahmen angeschlagen, die in Reutlingen schon auf den Weg gebracht wurden. Stattdessen verweisen Üchtritz und der Anwalt der Stadt Klaus-Peter Dolde auf die Projekte, die Reutlingen zusätzlich zu Tempo 40 auf der Lederstraße und zum Stadtbus- und Radwegekonzept umsetzen wil.

Zum einen ist das der photokatalytische Anstrich von drei Gebäudefassaden und auf der Fahrbahn der Lederstraße. Diese soll dadurch um einen Meter verengt werden. Beides zusammen soll die NO2-Werte um weitere drei Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduzieren. Das Aufstellen von Luftfitern wurde vor Gericht nicht genannt, da dieses Vorhaben den Gemeinderat im Bauausschuss vergangene Woche nicht überzeugen konnte.

All das konnte die Klägerin jedoch nicht überzeugen. »Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen in einem Luftreinhalteplan niedergschrieben werden. Sonst sind sie rechtlich nicht bindend«, sagte Remo Klinger. Außerdem kritisierte er: »Jetzt hatten Sie sieben Jahre Zeit, die Grenzwerte in den Griff zu bekommen und dann kommen sie in der mündlichen Verhandlung noch mit einem Strich auf der Fahrbahn und Farbe auf Gebäuden.« 

Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Foto: Egenberger
Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.
Foto: Egenberger

Gegen Ende der Verhandlung ging es um die Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten, die seit der aktuellen Neuregelung der Bundesregierung zur Debatte steht. Erst bei einem Grenzwert über 50 Mikrogramm sollen sie als verhältnismäßig gelten. Nach Ansicht der Anwälte von Regierungspräsidium und Stadt greift diese Regelung für Reutlingen, weil den Prognosen zufolge 2020 der Grenzwert zwischen 40 und 44 Mikrogramm liegen soll. Der Gegenanwalt argumentierte, Reutlingen sei eben nicht der Regelfall. Seit 2012 seien die Grenzwerte dort schon überschritten. Der Wille zur Verbesserung sei einfach nicht erkennbar. Dem Entgegnete Ulrike Hotz: "Sie glauben doch nicht, dass eine Stadt so viel Geld in die Hand nimmt, wenn es ihr nicht darum gehen würde, die Grenzwerte einzuhalten. 

Die Rechtsvertreter von Stadt und Regierungspräsidium beantragten, die Klage abzuweisen. Ein Urteil gab es nach der fünfstündigen Verhandlung nicht. (GEA)