REUTLINGEN-REICHENECK. Die nunmehr dritte Fortschreibung des Lärmaktionsplans (der GEA berichtete ausführlich) hat in Reicheneck vor allem eines ausgelöst: kollektives Kopfschütteln. Denn was Gerhard Lude, Leiter der kommunalen Verkehrsplanung beim Amt für Stadtentwicklung und Vermessung, dem Bezirksgemeinderat in dessen jüngster Sitzung präsentierte, ist für den Flecken mehr als unbefriedigend und hat die Qualitäten eines Witzes, über den niemand wirklich lachen kann. Zwar geht aus dem Werk hervor, dass die Seewald-/Heidenwasenstraße – also die Ortsdurchfahrt, die das Dorf in eine West- und eine Osthälfte zerschneidet – größtenteils von derzeit Tempo 50 auf 30 entschleunigt werden kann. Aber eben nicht auf ihrer gesamten Länge. Und das wiederum sorgt für Unmut. Zumal es sich, wie Schultes Ulrich Altmann schätzt, um gerade mal 50 Meter Fahrbahn handelt, die von der im Dorf als übrigens segensreich empfundenen Geschwindigkeitsreduzierung ausgeklammert bleiben.
Konkret: Auf dem Abschnitt vom südlichen Ortsportal bis hin zur Kreuzung Ihmenfeldstraße/Am Rosenbach würde auch künftig Tempo 50 gelten. Was dem Bezirksgemeinderat aus mehreren Gründen inakzeptabel erscheint. Zum einen, weil viel zu viele Autofahrer an Ort und Stelle deutlich flotter als erlaubt in die Gemeinde reinpreschen und damit querende Fußgänger und Radler gefährden. Zum anderen, weil der trotz baulicher Nachbesserungen immer noch optisch weitläufig wirkende Ortseingang unwillkürlich zum Rasen verführt. Hinzu kommt, dass Reicheneck keinen Geschwindigkeits-Flickenteppich auf seiner Hauptverkehrsader ausgerollt sehen möchte. 70 Stundenkilometer vor, 50 und 30 hinter dem Ortsschild – das mag der Lärmkartierungsbürokratie genügen, den Dorfbewohnern indes nicht.
Drängler sind Gefahr
»Wir reden hier von nur 50 Metern«, betont Altmann. Derweil Birgit Krause und Bettina Binder Wohnbebauung auch vor dem Ortsschild, hohe Lärmbelastung und ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial zu Protokoll bringen. Haben beide Kommunalpolitikerinnen doch schon mehrfach am eigenen Leibe verspürt, wie es sich anfühlt, auf Höhe des südlichen Ortseingangs unterwegs zu sein: nämlich gar nicht gut. Für Verkehrsteilnehmer ohne Knautschzone sei äußerste Vorsicht geboten. Doch selbst hinterm Lenkrad sei die »Mutter der Porzellankiste« stets gefragt: Wer sich wie Krause und Binder ans Tempolimit hält, müsse damit rechnen, dass ihm irgendein drängelnder Bleifuß riskant nahe aufs Blech rückt und damit Unfälle provoziert.
Vorläufiges Fazit: Reichenecks Räte lehnen die geplante Geschwindigkeits-Stückelung auf der Ortsdurchfahrt geschlossen ab. Das Gremium wird in einer schriftlichen Stellungnahme Widerspruch einlegen. »Von Ortsschild zu Ortsschild«, so die Forderung, soll in Zukunft durchgehend Tempo 30 gelten. (GEA)