REUTLINGEN/STUTTGART. Es ist doch ein Rasen-Drama geworden. Die Schweizer Nationalmannschaft, die in der Schweiz gerne Nati genannt wird, kann und will auf dem erst vor einigen Tagen aufgebrachten Rollrasen im Stuttgarter Gazi-Stadion nicht trainieren. Nach dem ersten Training habe Nati-Direktor Pierluigi Tami festgestellt, dass die Qualität des Rasens »ganz klar ungenügend« sei, berichteten Schweizer Medien. An mehreren Stellen sollen Graswurzeln abgestorben sein, hieß es.
Dauerregen schädigte den Rollrasen schwer
»Es hat nicht funktioniert. Das Gras wollte einfach nicht wachsen«, stellt Matthias Renz, Geschäftsführer von Sportstättenbau Garten-Moser in Reutlingen, fest. Es sei schlicht nicht die Qualität gewesen, die seine Firma für den Trainingsplatz des Schweizer Nationalteams hatte liefern wollen. »Rasen ist ein Naturprodukt und in diesem Fall hatte der einfach zu viel Regen abbekommen«, so Renz. Er berichtet von der Firma in Nordrhein-Westfalen, die ihm den Rollrasen für die Stuttgarter Spielstätte geliefert hatte: »Der Firmenchef hat mir gesagt, unter so viel Dauerregen habe sein Rasen noch nie gelitten. Er ist seit mehr als 40 Jahren im Geschäft.«
Dass der Rollrasen für die Waldau schon angeschlagen geliefert wurde, hatte Renz schon bemerkt, als ihn der GEA nach dem Zustand der Rasenfläche im Gazi-Stadion befragte. Zu diesem Zeitpunkt, wenige Tage vor dem Start der Fußball-EM, war er noch guter Dinge, den durch Regen geschädigten Rasen noch pünktlich mit Nährstoffen, Spezialdünger und viel Liebe aufpäppeln zu können. »Das hat leider nicht funktioniert. Das Gras ist teilweise abgestorben«, musste er just dann feststellen, als die Nati schon vor Ort war.
Letzter Test der Uefa am Montag
Matthias Renz verweist im Gespräch mit dem GEA darauf, dass die Uefa als Ausrichter der EM den Rasen am Montag noch getestet habe. Zuvor habe es ein eindeutiges »OK« dafür gegeben. »Aber klar, jetzt sind hier alle super sensibilisiert, was den durch den Regen geschädigten Rasen angeht«, versucht Renz das Rasen-Drama zu erklären.
Doch der Chef der Reutlinger Firma blickt nach vorne. Schon am Dienstag war er in Lampertheim bei Mannheim und hat dort persönlich das Abfräsen eines neuen Rollrasens überwacht. Mit etwa 20 Lkw-Ladungen des neuen Grüns soll das Spielfeld im Gazi-Stadion anschließend bestückt und somit das Training der Schweizer Profis wieder ermöglicht werden. »Das erste Training ist bereits für Donnerstag angesetzt«, weiß Renz.
Schweizer Nati trainiert beim VfB Stuttgart
Bis Mittwochabend sollen die zahlreichen Rollen mit dem Grün verlegt sein. »Im Anschluss nimmt die Stadt die ersten notwendigen Pflegemaßnahmen vor, zieht die Linien auf dem Platz und installiert die Tore«, verkündete die Stuttgarter Stadtverwaltung. Bis das geschehen ist, trainieren die Schweizer Nationalspieler im Robert-Schlienz-Stadion des VfB Stuttgart. Für das Schweizer Online-Medium »20 Minuten« ein »Worst-Case-Szenario«. Denn das Team müsse dafür durch ganz Stuttgart fahren und könne nicht, wie geplant, mit dem Fahrrad zum Trainingsplatz. Gleichzeitig wird infrage gestellt, ob bis Donnerstag der Platz im Gazi-Stadion tatsächlich für das Training bespielbar ist: »Ob die Uefa das schafft? Unklar. Anfragen zur Rasengate-Blamage in Stuttgart beantwortet die Uefa seit Tagen nicht. Ein offizielles Statement gibt es ebenfalls nicht«, heißt es bei »20 Minuten«.
Klar ist: Die Deutsche Nationalmannschaft muss am Mittwoch in der Arena Stuttgart gegen Ungarn spielen. Dort, wo sonst der VfB Stuttgart kickt. Dieses Spielfeld hatte übrigens auch Sportstätten Garten-Moser aus Reutlingen vorbereitet, aber bereits vor der Bundesliga-Saison 2023/24. Hier gab es keine Beanstandungen. Übrigens auch nicht beim Spielfeld im Freudenstädter Hermann-Saam-Stadion, das auch Rollrasen der Reutlinger Firma bekam. Hier trainiert das dänische Nationalteam und kommt mit dem Platz offensichtlich gut zurecht. Dasselbe gilt für die Trainingsstätte der Schotten in Garmisch-Partenkirchen. Hier trainiert die schottische Nationalmannschaft - ebenfalls ohne Probleme. Für Geschäftsführer Matthias Renz ist klar: »Alles wird besser.« (GEA)