MITTELSTADT. »Ich war sehr gerne hier in dieser Kirchengemeinde«, sagt Gerlinde Henrichsmeyer. Dreizehn Jahre lang war sie Pfarrerin in Mittelstadt in der Evangelischen Verbundkirchengemeinde Mittelstadt-Reicheneck. Am Sonntag wird sie in einem Gottesdienst in der Martinskirche in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet.
Eigentlich sei das Pensionsalter noch nicht ganz erreicht, so die Pfarrerin. Zwei Jahre und vier Monate verblieben noch. Doch gesundheitliche Beeinträchtigungen und der Wunsch, noch eine gute Zeit mit der Mutter in Hechingen zu verbringen, führten zu der Entscheidung, den Dienst zu beenden. »Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge.«
Vollstipendiat in Tübingen
Gerlinde Henrichsmeyer studierte ab 1980 im Vollstipendiat Theologie in Tübingen, wo sie auch ihr Examen ablegte, und zwei Semester in München. 1983 erlitt sie durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall schwere Verletzungen und Knochenbrüche, deren Folgen bis heute nachwirken. Das Vikariat absolvierte sie in Großingersheim (Landkreis Ludwigsburg). Im September 1989 führte sie die Ausbildungszeit als »Pfarrerin zur Anstellung« in die Pliensau-Vorstadt in Esslingen.
Ihre erste eigene Pfarrstelle erhielt sie 1993 in Rosenfeld (Zollernalbkreis), wo sie bis 2011 blieb. Ebenfalls im Wahlverfahren wurde sie 2011 Pfarrerin in Mittelstadt. Von 2013 bis 2015 war sie Ausbildungspfarrerin für eine Vikarin und zwei Praktikantinnen. Gerlinde Henrichsmeyer hat einen Sohn, der in Tübingen in Chemie promoviert.
Gute Zusammenarbeit in Mittelstadt
»Mich haben in Mittelstadt besonders die beiden jährlichen Kirchengemeindefeste - das Kirchplatzfest im Sommer und das Fest mit Maultaschenessen im November - beeindruckt«, schildert die Pfarrerin ihre ersten Eindrücke. »Das sind gute Gelegenheiten mit einer niedrigen Hemmschwelle, sich zu treffen.« Sehr positiv habe sie auch die Zusammenarbeit mit dem Kirchengemeinderat und die Gemeinschaft in den Teams gefunden, die auch bei anderen Ereignissen immer wieder zum Tragen kam.
So war der 100. Geburtstag der Martinskirche mit einer umfassenden Innenrenovierung verbunden. Lachend erzählt Gerlinde Henrichsmeyer von Events wie dem Auftritt einer Band in der leeren Kirche. Auch bei der späteren Außen- und Dachsanierung hätten sich viele eingebracht und leisteten auch ehrenamtliche Hilfe, wenn immer wieder Schäden durch Unwetter aufträten.
Herausforderungen der Coronazeit
Sehr am Herzen liege ihr die »Kunterbunte Kirche«, seit 2013 drei- bis viermal jährlich ein Gottesdienst für Familien, bei der sich Brigitte Kugel und Christa Keim tatkräftig einsetzen. Es gibt ökumenische Kinderbibeltage und die »Samstagskinder«, die biblische Geschichten und Spiele erleben.
Herausfordernd sei die Coronazeit mit immer neuen Vorschriften gewesen. »Wir haben aber auch kreative Lösungen gefunden.« Im Freien stehend und bei geöffneten Fenster machte die Pfarrerin Besuche bei Geburtstagen oder im Seniorenheim. Es brauchte fünf Gottesdienste, um 15 Konfirmationen durchzuführen. Wer wollte, bekam die Sonntagspredigten per Mail oder in den Briefkasten geliefert. Osterwege wurden eingerichtet, von denen auf Dauer die Osternacht blieb.
Zusammenlegung mit Reicheneck
Eine große Aufgabe mit vielen Sitzungen sei die Zusammenlegung mit Reicheneck zur Evangelischen Verbundkirchengemeinde gewesen. »Sie war für den 1. Januar 2025 angesetzt, aber wir haben schon 2019 mit der Umsetzung angefangen, um alles in Ruhe organisieren zu können.« Die Pfarrstelle in Reicheneck entfällt und wird dann von Mittelstadt aus betreut. Auf die Zusammenarbeit mit Kollegin Irmela Burkowitz und auch in der Ökumene blicke sie mit viel Freude zurück.
Für die Zukunft wünscht sich die Pfarrerin ein weiteres Zusammenwachsen der Gemeinden sowie den Aufbau einer Jugendarbeit und Kinderkirche. Und natürlich eine schnelle Nachfolge in der Pfarrstelle. Das Bewerbungsverfahren ist bereits abgeschlossen.
In ihrer alten und neuen Heimat Hechingen freut sich die Pfarrerin auf Zeit für ihre Hobbys Handarbeit, Sport, Musik, Lesen und Treffen im Freundeskreis. Und dass ihre Mutter, die den »grünen Daumen« habe, ihr vieles über die Gartenarbeit beibringen könne.
Dank des Kirchengemeinderats
Richard Föll, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, dankt, im Telefongespräch vorab, der Pfarrerin für die sehr gute Zusammenarbeit und betont deren »enorme Energieleistung« in der Coronazeit und bei den Kirchenrenovierungen. »Wir haben keinerlei Sanierungsstau.« Man bedaure den Weggang sehr. »Aber wir haben auch Verständnis.«
Die Verabschiedung findet am morgigen Sonntag, 21. Juli, um 9.30 Uhr beim Gottesdienst statt. Der Projektchor und der Musikverein werden auftreten, Dekan Michael Karwounopoulos hält eine Ansprache. (GEA)