REUTLINGEN . Die Empörung war groß: In Leserbriefen an den GEA, in Stellungnahmen der Gemeinderatsfraktionen und nicht zuletzt in den sozialen Medien. »Den Weihnachtsbaum für Glühwein abschaffen. Auf sowas muss man ja auch erstmal kommen«, echauffierte sich eine Facebook-Nutzerin, nachdem das Vorhaben der Organisatoren des Weihnachtsmarktes publik geworden war, in diesem Jahr eine Glühweinpyramide mitten auf dem Marktplatz aufzubauen.
Bereits im Februar haben die Macher der Markt-Werk-Stadt, Vildana und Clemens Vohrer, einen entsprechenden Antrag bei der Stadt gestellt, der auch genehmigt wurde. Als Standort wurde der Marktplatz auserkoren. Genauer gesagt: Exakt die Stelle, an der bisher der geschmückte Weihnachtsbaum stand. Das sorgte für enormen Gegenwind, mit dem das Ehepaar so nicht gerechnet hatte, denn, so betonten sie am Freitag im Gespräch mit dem GEA, es sei gar nie ihre Absicht gewesen, den Baum wegzulassen. »Das war ein großes Missverständnis.« Ein Missverständnis, das momentan von den Beteiligten ausgeräumt wird, das aber eben auch eine erneute Diskussion über den Marktplatz und den Weihnachtsmarkt angestoßen hat.
Grüne: Weihnachtsbaum gehört auf den Marktplatz
Unter der Überschrift »Weihnachtsbaum gehört auf den Marktplatz«, erklärte beispielsweise die Fraktion der Unabhängigen und Grünen, sich im Gemeinderat dafür einzusetzen, dass auf dem Reutlinger Marktplatz zur Weihnachtszeit auch künftig ein Weihnachtsbaum steht. »Wir sind nicht gegen eine Glühweinpyramide in der Stadt, aber der Weihnachtsbaum ist eine lieb gewonnene Tradition, und er gehört auf den Marktplatz,« erklärte Fraktionssprecher Dr. Karsten Amann. Co-Fraktionssprecherin Katharina Ernst ergänzte, der geschmückte Weihnachtsbaum in der Mitte der Stadt stelle ein Zeichen der Besinnlichkeit innerhalb des Weihnachtstrubels dar.
CDU: Ein alternativer Standort für die Pyramide
Ähnlich sah es die CDU: »Die CDU-Fraktion ist der Überzeugung, dass in der Weihnachtszeit der Christbaum auf den Marktplatz gehört. Diese lieb gewonnene Tradition soll auch weiterhin so gepflegt werden. Deshalb ist es für die CDU-Fraktion ebenfalls klar, dass eine bereits von der Stadtverwaltung genehmigte Weihnachtspyramide nicht an diesem Standort aufgestellt werden kann. Für die Pyramide muss ganz klar nach einem alternativen Standort gesucht werden. Viel Ärger könnte vermieden werden, wenn mit den Betroffenen in diesem Fall den Marktbeschickern, Gastronomen und Einzelhändlern rechtzeitig gesprochen wird. Künftig muss die Planung im Vorfeld mit diesem Personenkreis abgestimmt werden.«
Auch die Marktbeschicker waren alles andere als begeistert von dem Vorhaben, dass eine Pyramide mit einer Grundfläche von sieben mal sieben Metern und einer Höhe von etwa zwölf Metern ab Ende November auf dem Marktplatz stehen wird. Denn einige Händler sind davon betroffen. Allerdings sieht es jetzt so aus, als wäre eine Einigung in Sicht. "Wir sind in guten und konstruktiven Gesprächen zwischen Wochenmarktbeschickern, Markt-Werk-Stadt (als Ausrichter des Weihnachtsmarktes) und Stadtverwaltung.
Ziel ist es, für dieses Jahr eine Lösung zu finden, bei der sowohl der Christbaum als auch eine Weihnachtspyramide auf dem Marktplatz stehen können. Diese Gespräche dauern noch an, deshalb möchte ich derzeit nicht mehr dazu sagen. Sobald es ein Ergebnis gibt, geben wir wieder Bescheid." Das ließ Finanzbürgermeister Roland Wintzen nach einem Treffen am Donnerstagnachmittag über die Pressestelle der Stadt mitteilen.
Zuversichtlich, dass es eine Lösung geben wird
Auch Martin Frech, der den Wochenmarkt zusammen mit Frank Kuhn leitet, war nach dem mehrere Stunden dauernden Treffen positiv gestimmt: »Wir haben vor Ort eine mögliche Lösung eruiert.« Und zwar eine, die sowohl die Glühweinpyramide als auch den Weihnachtsbaum ermöglicht. Noch sei nicht alles in trockenen Tüchern, weshalb Frech nicht mehr dazu sagen will, aber er ist zuversichtlich, dass es gelingen wird, bereits für dieses Jahr zu einem Happyend zu finden. Und fürs nächste Jahr macht er sich gar keine Sorgen: »Da gehen wir früher in die Kommunikation und dann finden wir für alles eine Lösung«.
Auch Vildana Vohrer bestätigt, dass man sich in konstruktiven Gesprächen befinde, um beides möglich zu machen - »und es sieht ganz gut aus«. Für die Markt-Werk-Stadt sollte die Pyramide nie eine Konkurrenz zum geschmückten Weihnachtsbaum sein, viel mehr eine Ergänzung. »Wir wollen mit ihr weihnachtlicheres Flair auf den Marktplatz bringen«, betont sie: Wegen des Wochenmarkts dürfen dort keine Buden aufgestellt werden - also nichts mit vorweihnachtlichem Flair. Außerdem wird der Weihnachtsmarkt in Reutlingen immer wieder dafür kritisiert, dass er zu sehr in die Länge gezogen sei, da zwischen dem Bürgerpark und den Ständen in der Wilhelmstraße eine riesige Lücke klafft.
»So sind wir auf die Idee gekommen, den Marktplatz zu beleben«, berichtet Vildana Vohrer. Sie haben eine Glühweinpyramide organisiert und so anpassen lassen, dass sie nach Reutlingen passt. »Es ist eine der kleinsten Pyramiden, die es gibt«, erklärt Clemens Vohrer. Auf der unteren Etage ist der Getränkestand, weiter oben befindet sich ein Aufbau mit Deko im Stil der Erzgebirgs-Schnitzerei und Beleuchtung. Für die Macher des Weihnachtsmarkts ist diese Attraktion außerdem ein Versuch, die Distanz zwischen Innenstadt und Bürgerpark zu überbrücken und die beiden Marktteile besser miteinander zu verbinden. (GEA)