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Kreis Reutlingen: Störsender-Gerät war doch im Einsatz

Im ZDF Magazin Royale berichtete Jan Böhmermann über den Einsatz von sogenannten »Mosquito«-Geräten zur Abschreckung von Jugendlichen in Reutlingen. Auf GEA-Nachfrage dementierte die Stadt Reutlingen den Einsatz dieser Störgeräte. Nun hat sich das Landratsamt Reutlingen mit einer anderen Aussage gemeldet.

Jan Böhmermann bei der Mosquito-Sendung.  FOTO: SCREENSHOT/RAISER
Jan Böhmermann bei der »Mosquito-Sendung«. Foto: Screenshot
Jan Böhmermann bei der »Mosquito-Sendung«.
Foto: Screenshot

REUTLINGEN. Das Geheimnis um den »Mosquito« ist gelüftet. Laut einem Bericht des »ZDF Magazin Royale« soll in Reutlingen ein fies fiepender Störsender eingesetzt werden, um ungebetene Jugendliche aus öffentlichen Räumen zu vertreiben. Bei dem »Mosquito« handelt es sich um ein Ultraschallgerät, das einen sehr hohen Pfeifton erzeugt. Laut Hersteller sollen nur junge Menschen diesen Ton wahrnehmen können. Spätestens nach fünf Minuten soll das Geräusch so unangenehm werden, dass sie das Weite suchen. Die Stadt dementierte auf GEA-Anfrage, solch’ ein Gerät aufgehängt zu haben. Einige Bürger waren sogar so beunruhigt, dass sie sich persönlich dort nach den Störsendern erkundigt hatten.

Nun ist klar: Die Stadt hat damit gar nichts zu tun. Sondern das Reutlinger Landratsamt. Dieses äußerte sich folgendermaßen gegenüber der Presse: »Ausschließlich nachts von 22 Uhr bis 4 Uhr war ein einzelnes sogenanntes Mosquito-Gerät auf Privatgelände im Innenhof einer beruflichen Schule im Landkreis Reutlingen im Einsatz.«

Was steckte dahinter?

Dass ausgerechnet eine Schule Abschrecksender gegen Jugendliche aufstellt, hat nach Aussagen des Landratsamtes gute Gründe. Nach nächtlichen Beschädigungen, Schmierereien und sonstigen Hinterlassenschaften beschaffte die Behörde im Jahr 2019 einen der besagten »Mosquitos«, der in den Nächten die ungebetenen meist jugendlichen Besucher vertreiben sollte. Nach einer Anfrage des Rechercheteams von Jan Böhmermann wurde das Gerät Ende März abmontiert. Zuvor hing es in drei Metern Höhe im Innenhof der betroffenen beruflichen Schule.

Doch um welche Schule es sich handelt? – darum wird ein riesiges Geheimnis gemacht. Den Namen der Schule möchte man beim Landratsamt aber nicht nennen, um die Schule und deren Schüler zu schützen. Aus Angst vor weiterem noch ausgeprägterem Vandalismus, heißt es aus der Pressestelle der Behörde. Auch Anrufe bei allen beruflichen Schulen im Stadtgebiet brachten wenig erhellende Erkenntnisse. Entweder gab es keine Rückmeldungen der angefragten Schulleiter oder diese dementierten den »Mosquito«-Einsatz.

Klar wurde aber bei den Nachforschungen: Die Reutlinger Schulen sind in den letzten Jahren zum Unmut der Schulleiter nicht immer nur zum Zwecke der Bildung besucht worden. Vielmehr gibt es Schilderungen von Partys weit außerhalb der Schulöffnungszeiten. Auch wird von Zerstörungen und Verunreinigungen erzählt, die niemand gerne in seinem Innenhof haben möchte.

Einsatz von Wachdiensten nötig

Einige der Reutlinger Berufsschulen griffen daher auf den temporären Einsatz von Wachdiensten zurück. Bei einer Schule entschied sich das Landratsamt für den Einsatz eines akustischen Abschreckgerätes – des besagten »Mosquito«. Eben jener, den Böhmermann in seiner Sendung thematisiert hatte.

Ganz risikofrei sind diese Störsender nicht. Das ergab zumindest ein Gutachten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz aus dem Jahre 2007. Dagegen gibt das Landratsamt an, den Einsatz des Geräts geprüft zu haben. Man sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nutzung »ohne gesundheitliche Gefährdung« sei. Das betonte die Behörde nach dem Trubel um die Böhmermann-Show.

Ob das Abschreckgerät etwas genutzt und die randalierenden Nachteulen von ihrem Treiben abgehalten hat? Nicht wirklich – so das Resumee des Landratsamtes. Auch während der Einsatzzeiten des »Mosquito« kam es weiterhin zu nächtlichen Besuchen, teilte die Pressestelle mit. So richtig abgeschreckt hat das Abschrecksystem die jungen Leute offenbar nicht.

Zumindest herrscht jetzt erst einmal Ruhe, wenn auch nur im hochfrequenten Bereich. Für das Problem mit den nächtlichen Randalierern sucht man im Landratsamt nach anderen Lösungen. (GEA)