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Aktuell Ausnahmegenehmigung

Hoffnung für Reutlinger Frühgeborenen-Station: Eventuell doch kein Aus

Ab kommendem Jahr müssen Kliniken, die sehr kleine Frühgeborene versorgen wollen, deutlich mehr Fälle pro Jahr behandeln. Für drei Kliniken im Land, eine davon in Reutlingen würde dies das Aus bedeuten. Nun sollen sie eine Ausnahmegenehmigung bekommen und wären vorerst gerettet.

Ein Frühchen liegt in einem Inkubator
Ein Frühchen liegt in einem Inkubator. Foto: Britta Pedersen/DPA
Ein Frühchen liegt in einem Inkubator.
Foto: Britta Pedersen/DPA

REUTLINGEN. Drei von der Schließung bedrohte Stationen zur Versorgung sehr kleiner Frühgeborener sollen nach dem Willen von Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) auch weiter behandeln dürfen. »Ich möchte, dass alle Kliniken weiter versorgen können. Dazu werden wir all unsere Handlungsspielräume ausschöpfen. Für eine vorläufige Ausnahmegenehmigung müssen die Kliniken bei meinem Haus allerdings einen Antrag stellen, den wir schnellstmöglich bearbeiten werden«, sagte Lucha der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Konkret geht es um die Frühgeborenen-Stationen in Schwäbisch Hall, Ravensburg und Reutlingen.

Hintergrund ist eine Änderung der sogenannten Mindestmengenregelung, die der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen (G-BA) beschlossen hatte. Demnach müssen Kinderkliniken in ganz Deutschland ab 2024 pro Jahr mindestens 25 Frühgeborene unter 1250 Gramm Geburtsgewicht behandeln, um auch weiter die Versorgung der kleinen Frühgeborenen von den Krankenkassen bezahlt zu bekommen. Bislang lag die Mindestmenge bei 14 Frühgeborenen pro Jahr, in diesem Jahr gilt eine Übergangsregelung von 20.

Massive Auswirkungen auf Versorgung

Die Chefärzte der Kinderkliniken in Baden-Württemberg hatten bereits im Juni vor massiven Auswirkungen auf die Versorgungslage gewarnt. Bislang gibt es im Südwesten 21 Kinderkliniken, die der höchsten Versorgungsstufe Level 1 zugeordnet sind. In diesen Krankenhäusern, auch Perinatalzentren genannt, können auch besonders früh geborene Kinder versorgt werden. Zudem wird an diesen Standorten ein sogenannter Baby-Notarzt vorgehalten. Mit diesem fahren Kinderärzte aus den Zentren bei Notfällen in Geburtskliniken ohne Kinderklinik, um dort Kinder nach der Geburt zu versorgen. Damals befürchteten die Chefärzte, dass potenziell elf Stationen bedroht sein könnten, nun sind es laut Sozialministerium drei Kliniken.

Das Land plant neben der Ausnahmegenehmigung für die drei betroffenen Kliniken auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Diese bereite man derzeit vor, sagte Lucha der dpa. Dazu sei man auch mit anderen Ländern im Gespräch. »Wir wollen das Vorgehen des G-BA grundsätzlich überprüft haben, weil wir dieses Wirken für nicht statthaft halten.«

Befürworter von Mindestmengenregelungen

Grundsätzlich sei er ein großer Befürworter von Mindestmengenregelungen in der Medizin, erklärte Lucha: »Ich möchte, dass jemand, der komplizierte Operationen macht, darin geübt ist. Das ist wie im Leistungssport, das kann man nicht nur einmal im Jahr machen.« Bei der Versorgung von Frühgeborenen sei die Lage aber eine völlig andere. »Die Frühchenversorgung ist täglich dieselbe Tätigkeit, ob ich sechs Kinder auf der Station liegen habe oder eins.« (dpa)