REUTLINGEN-SICKENHAUSEN. Die kommunikativen Gräben zwischen den beiden Parteien sind tief - was verhindert, dass die Hochwasser-Gräben kommen. Zwischen der Stadtentwässerung Reutlingen (SER) und einzelnen Eigentümern von Grundstücken am Sickenhäuser Ortsausgang Richtung Degerschlacht wurde weiter keine Einigung erzielt. Das teilt Torsten Müller, Abteilungsleiter für Gewässer und Regenwassermanagement bei der Stadtentwässerung (SER), auf GEA-Anfrage mit. Auch der Bezirksgemeinderat ist weiter gegen die aktuellen Planungen der SER zum Hochwasserschutz in diesem Gebiet. Das Hochwasserschutz-Konzept ist somit blockiert und kommt nicht voran.
Eigentlich soll ein Grabensystem entstehen, das unter der Degerschlachter Straße durch und dann über die Felder führt. So will man das Wasser ableiten, das bei Starkregen aus Richtung Kirchentellinsfurt kommt. Zur Hälfte gibt's dieses System bereits. Doch die zweite Hälfte wird in der geplanten Form wohl nie entstehen - denn zwei Grundstückseigentümer weigern sich vehement gegen den Verkauf an die Stadt. Und so liegt das Projekt seit mehr als einem Jahrzehnt brach ...

»Gestorben ist das Grabensystem aber noch nicht«, betont Torsten Müller. Denn die Ableitung der Wassermassen über die Felder durch ein Grabensystem ist aus seiner Sicht weiterhin die einzig sinnvolle Lösung. Dem Vorschlag des Bezirksgemeinderats, der das Wasser aus dem bestehenden Graben in die Kanalisation leiten will, erteilt er eine Absage. Das helfe nur bei mittelschwerem Regen, »aber das ist kein Hochwasserschutz. Die Mengen, um die es da geht, können wir auf diese Weise niemals abführen.« Er mahnt: So etwas umzusetzen, in dem Wissen, dass es sich um keinen wirklichen Hochwasserschutz handelt, sei sogar grob fahrlässig.
Das wird er so wohl auch im kommenden Jahr dem Bezirksgemeinderat in einer Sitzung erklären. Wo er nicht unbedingt auf viel Verständnis treffen dürfte - denn im Sommer 2024 hatte das Gremium beantragt, diese »kleine Lösung« umzusetzen. Was die Lage aber eventuell etwas befrieden dürfte: Auf Grundlage der neusten Starkregenrisiko-Karten wird die SER nochmals die Lösungen für Sickenhausen »auf den Prüfstand stellen«, so Müller. Gibt's alternative Trassen fürs Grabensystem? Kann man die Wassermassen, die aus Richtung Kirchentellinsfurt kommen, auch durch natürliche Versickerung abschwächen? 2026 soll diese »Machbarkeitsstudie« abgeschlossen werden, heißt es in einer Gemeinderatsvorlage zum Starkregenrisiko-Management.

Geschlossen stimmten die Bezirksgemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung dafür, dieses Maßnahmen-Konzept weiterzuverfolgen. Nicht jedoch, ohne zuvor etwas skeptisch über die Verbindlichkeit dieser Zustimmung zu diskutieren. Benjamin Mauser bezog sich auf den Unmut, der wegen des geplanten Grabensystems herrscht, und die Entscheidung des alten Bezirksgemeinderats dafür im Jahr 2003. »Damals hat man zugestimmt - und heute wirft man uns vor: Jetzt machen wir es, und ihr wollt es nicht …« Bezirksbürgermeister Klaus Nagel beschwichtigte: Das sei ein Planungspapier, er sehe kein Problem bei einer Zustimmung. (GEA)
Mögliches Bauland?
Mehrere Grundstückseigentümer, die nicht verkaufen wollen, befürchten, dass sie bei Zustimmung einen finanziell schlechten Deal machen würden. Nämlich wenn die Fläche in Zukunft Bauland wird - und sie dann einen deutlich höheren Preis erzielen könnten. Dem widerspricht SER-Abteilungsleiter Müller: »Im alten wie im neuen Flächennutzungsplan« seien die Felder nicht als Bauland ausgewiesen. »Außerdem würden wir mit unseren Gräben ja kein zukünftiges Bauland durchschneiden.« Müller gibt außerdem zu bedenken: »Ohne Hochwasserschutz kann das gar kein Baugebiet werden.« In der Starkregenrisiko-Karte ist die Fläche rosa - also als Risikobereich - eingefärbt. (kk)