REUTLINGEN. Kinder sind die Ehrengäste bei der Eröffnung der diesjährigen Sommeraktion »Heiß auf Lesen«. Als solche werden sie immer wieder aktiv. Gleich nach der Begrüßung der rund 100 Viertklässler der Freien Evangelischen Schule (FES) Reutlingen durch den Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck rücken fünf von ihnen in den Fokus. Sie haben Fragen vorbereitet - an das Oberhaupt der Stadt, in deren Bibliothek der Auftakt zur 10. Ausgabe dieser landesweiten Initiative im Regierungsbezirk Tübingen am Montag gefeiert wurde. Und an andere »wichtige Leute«. So nennt Moderatorin Tina Kemnitz etwa Petra Stark vom Regierungspräsidium Tübingen, das die Lese-Förder-Aktion koordiniert, und weitere Repräsentanten, die mit Benett, Ben Noah, Julie und ihrer Freundin Marie sowie Ben da gerade auf der Bühne stehen.
»Was ist das erste Buch oder Comic, an das Sie sich erinnern können?«, will Benett vom OB wissen. »Gute Frage«, findet der und erzählt von seinem zehn Jahre älteren Bruder, durch den schon einiger Lesestoff im Haus vorhanden war. »Ich bin aufgewachsen mit,Asterix'«, gesteht Keck. »Lesen Sie heute noch zum Spaß oder nur aus beruflichen Gründen?« Beruflich gehe es hauptsächlich um Akten und Vermerke, sagt er. Obwohl wenig Zeit zum privaten Schmökern bleibe, hat er für den Sommerurlaub schon einiges vorbereitet. Den neuesten Krimi von Andrea Camilleri mit seinem sizilianischen Commissario Montalbano, verrät er später auf Nachhaken des GEA noch. Und Bücher, um »fitter zu werden in römischer Geschichte«.
Den Auftakt zum diesjährigen Sommerleseclub lobt er als »ganz besondere Veranstaltung«. Dabei lädt Keck die Kinder eindringlich ein, »die faszinierende Welt der Bücher zu entdecken« und damit »einzigartige Möglichkeiten, in neue Welten einzutauchen, zu nutzen«.
Auf diese Art des Tauchens ist Tina Kemnitz aus Berlin so heiß, dass sie das Lesen sogar zum Beruf gemacht hat. Auch die Buch-Lese-Künstlerin bindet die rund Neun- und Zehnjährigen gezielt ein, als sie ihnen sechs »tolle Bücher« für die Sommerferien vorstellt. »Wisst ihr, was ein Lexikon ist?«, fragt sie, als sie lebhaft von Markus Orths »Crazy Family« erzählt. »Ja!«, tönt es zurück. Auch bei herrlich durchgeknallten Gedichten von Arne Rautenberg dürfen die Kinder ein möglichst lautstarkes Echo zurückgeben. Die gelbe Schwabbelkatze und die Dinos, die ins Kino wollen, rufen viel Kichern hervor. Und als Kemnitz »Dicke Dackel dumm« in Form eines beat-box-artigen Schlagzeugsolos vorträgt, ist die Begeisterung der energiegeladenen Ehrengäste nicht mehr zu bremsen. Zum Schluss dürfen alle - auch Erwachsene wie CDU-MdB Michael Donth oder die Reutlinger Grünen-Gemeinderätin Gabriele Janz - per Papierschnipsel für ihre drei Lieblinge unter den heißen Tipps abstimmen. Orth macht Platz eins, gefolgt von David Walliams' »Fing« und Rautenbergs »Dieser Tag ist mein Freund«. Die Plätze vier bis sechs belegen Lissa Evans' geheimnisvoll-schräger Roman »10 Wünsche, 7 Abenteuer und eine sprechende Katze«, Eoin Colfers rührendes »Der Hund, der sein Bellen verlor« und Salah Naouras lustiger Krimi »Das Schloss der Smartphone-Waisen«.
Das bietet »Heiß auf Lesen« bis zum Ende der Sommerferien: Kinder und Jugendliche können sich mit Karten kostenlos in den teilnehmenden Bibliotheken - 42 im Regierungsbezirk Tübingen - als Clubmitglieder anmelden. Auch wer noch keinen Bibliotheksausweis hat, kann mitmachen, ebenfalls kostenlos. Nach der Anmeldung bekommen alle Clubmitglieder ein Logbuch, das sie durch die Aktion begleitet. Zum Schluss gibt es tolle Preise zu gewinnen.
Immer, wenn Jochen Weeber an diesem Morgen in der Stadtbibliothek seinem Akkordeon einen Ton entlockt, verstummt das freudig aufgeregte Plappern der Bücherwürmer in spe. Kein Wunder, wählt der Reutlinger Musiker und Kinderbuchautor zur Umrahmung des »Heiß auf Lesen«-Auftakts doch Melodien bekannter Kinderbuch-Verfilmungen wie »Pippi Langstrumpf«. (GEA)
Alle Buchtipps finden sich auch auf Tina Kemnitz' Internetseiten: buchfindomat.de und www.tollesbuch.de