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Grundsteuer B: Was die Reutlinger ab 2025 zahlen sollen

Am Dienstag sollen die neuen Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer im Gemeinderat beschlossen werden. Bürger können ausrechnen, was sie die Steuerreform ab 2025 kostet.

Belastungsverschiebung:  Auf eine höhere Grundsteuer müssen sich  unter anderem  Ein- und  Zweifamilienhausbesitzer einstellen.
Belastungsverschiebung: Auf eine höhere Grundsteuer müssen sich unter anderem Ein- und Zweifamilienhausbesitzer einstellen. Foto: Foto: Eisenhans/ Stock.adobe
Belastungsverschiebung: Auf eine höhere Grundsteuer müssen sich unter anderem Ein- und Zweifamilienhausbesitzer einstellen.
Foto: Foto: Eisenhans/ Stock.adobe

REUTLINGEN. 320 Prozent: Der Vorschlag der Stadtverwaltung für den neuen Hebesatz der Grundsteuer B steht. Am kommenden Dienstag, 26. November, soll der Gemeinderat der »Neufassung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer« in öffentlicher Sitzung zustimmen. Dann können auch Reutlinger Grundstückseigentümer ihre neue Belastung ab Januar 2025 ausrechnen. Grundsteuermessbetrag mal Hebesatz durch Hundert, lautet die Formel.

»Der Hebesatz sinkt signifikant«, führt Kämmerer Frank Pilz auf Nachfrage vorab aus. Der alte Wert lag bei 500 Prozent. Und wer profitiert davon? Gut die Hälfte der Reutlinger Steuerpflichtigen würde nach der neuen Berechnung gleichviel oder sogar weniger zahlen als vorher.

Grundsteuer B: Hebesatz fällt von 500 auf 320 Prozent

Die Übrigen dürften sich über die Rathauspost, die ab Mitte Januar versendet wird, allerdings nicht freuen, sofern der Rat den Hebesatz so absegnet: 26 Prozent der Steuerpflichtigen zahlen bis zu 100 Prozent mehr als zuvor. Bei den Übrigen 22 Prozent können die Steigerungen bis zu 400 Prozent und mehr betragen. Knapp 50.000 Grundstücke in Reutlingen sind neu taxiert: Auf höhere Belastung müssen sich unter anderem Ein- und Zweifamilienhausbesitzer einstellen. Eklatant teurer werden unbebaute Grundstücke. Für Geschäftsgrundstücke fällt hingegen weniger Steuer an.

Rund 25 Millionen Euro hat die Stadt zuletzt durch die Grundsteuer B vereinnahmt. Nach der Änderung sollen es – wie bereits im Haushaltsplanansatz vorgesehen – 25,6 Millionen sein. Damit ist die erwünschte »Aufkommensneutralität« zu realisieren. Bei der Reform des Grundsteuerrechts war es politischer Wille des Landes, dass die Kommunen nicht zusätzliches Geld einnehmen.

Die Steuerreform hatte bisher nicht nur für viel Verwirrung und Verärgerung bei den Bürgern gesorgt, sondern auch für immensen Aufwand in den Stadtverwaltungen und Finanzämtern.

Korrekturantrag weiter möglich

Im Mai hatte Kämmerer Pilz in einer öffentlichen Ausschusssitzung Alarm geschlagen. Mit der vorhandenen Personalausstattung sei der Abschluss der Veranlagungsarbeiten bis Ende 2024 nicht realisierbar. Zumal die Prüfung der ersten vom Finanzamt eingegangenen Messbescheide bereits »eine signifikante Zahl an Fehlern« zutage gefördert habe. »Wir hatten viele Fälle, wo wir nachhaken mussten«, sagt Pilz.

Sein Hilferuf fand Gehör. Die Stadt stellte drei zusätzliche Mitarbeiter ein. »Wir behalten das Personal erstmal bis Mitte Juni«. Die Grundsteuerreform sei ein »gigantisches Unternehmen« – und ist es weiter. Der Schatzmeister geht von vielen Einsprüchen beim Finanzamt aus. Erst wenn es ans Zahlen geht, »wachen viele auf und stellen fest, dass sie die Mess-und Wertbescheide des Finanzamtes nicht richtig angeschaut haben«, mutmaßt der Kämmerer. Die Einspruchsfrist sei zwar abgelaufen, ein Korrekturantrag sei aber möglich.

Kritik am Transparenzregister des Landes

Frank Pilz rechnet auch mit Widersprüchen gegen die Grundsteuerbescheide, die dann an die Stadt adressiert werden. Bei der vorletzten Grund- und Gewerbesteuererhöhung gingen im Rathaus 1.000 Widersprüche ein. Dass noch einige Variable im Schwange sind, räumt der Stadtkämmerer ein. In einem guten Jahr sehe man wohl noch klarer im Hinblick auf den Hebesatz. Aber: »320 Prozent, das wird einigermaßen hinkommen.«

Kritik kommt auch aus Reutlingen am »Transparenzregister« des Landes. Im Internet hat das Landesfinanzministerium »aufkommensneutrale« Hebesätze für die einzelnen Kommunen veröffentlicht. Für Reutlingen liegt der »unverbindliche« Vorschlag bei 261 bis 289 Prozent, also einiges unter dem Wert, den die Stadt jetzt unterbreitet. Pilz sieht Probleme. »Das müssen wir erklären.« Was schwer sein kann – gerade bei Bürgern, die glauben, die Kommunen wollten mit der neuen Steuer ohnehin nur »abzocken«.

Grundsteuer A steigt, Gewerbesteuerhebesatz bleibt gleich

Pilz erklärt die Divergenz damit, dass das Stuttgarter Finanzministerium für seine Hebesatzberechnung ausschließlich Messbetragswerte zum Stichtag 1. Januar 2022 verwendet habe. Viele Grundsteuerwerterklärungen hätten zu diesem Zeitpunkt noch gefehlt. Wertfortschreibungen seien ebenso wenig berücksichtigt wie Einspruchsverfahren und Änderungsanträge.

Die neue Satzung, über die am Dienstag entschieden wird, regelt auch den Hebesatz der Grundsteuer A, der auf 500 Prozent angehoben werden soll (bisher 320 Prozent). Der Gewerbesteuerhebesatz bleibt bei 410 Prozent. (GEA)