REUTLINGEN. Die Nase läuft, der Hals kratzt, das Thermometer steigt: Winterzeit ist Erkältungszeit. Und die Viren und Bakterien, die momentan durch die Gegend schwirren, scheinen besonders hartnäckig zu sein. Viele Betroffene liegen, kaum genesen, wieder flach. Auch Corona nehme wieder zu, so schildert es eine besorgte Leserin in einer Mail an den GEA. In vielen Arztpraxen wird mit Zetteln darauf hingewiesen, dass man zum Schutz für sich selbst und für andere eine Maske tragen solle. Einige bitten sogar darum, im Falle von Erkältungssymptomen erst telefonisch nachzufragen und nicht gleich in Praxis zu kommen.
Am Beginn der Welle
Allerdings scheinen wir in Deutschland erst am Anfang der alljährlichen Influenza- und ARE-Welle zu stehen - unter diesen drei Buchstaben werden alle akuten respiratorischen Erkrankungen zusammengefasst, von Covid bis zur Erkältung. Laut dem Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) deutet sich der Beginn der Grippesaison langsam an. Im Vorjahr hat sie ebenfalls im Januar ihren Anfang genommen. Vom Beginn der Grippewelle könne man stark vereinfacht dann sprechen, wenn in jeder fünften Patientenprobe Influenza A- oder B-Viren nachgewiesen werden, erklärt die Nachrichtenagentur dpa dazu. Die Statistik scheint diesen Anstieg von Grippekranken zu belegen: Anfang Dezember waren es bundesweit noch rund 1.220 laborbestätigte Influenza-Fälle, zum Jahreswechsel ist die Zahl bereits auf 4.560 gestiegen.
Die Lage im Landkreis Reutlingen
Aber: Wie sieht es im Moment im Reutlinger Krankenhaus aus? Hier ist von dem Anstieg glücklicherweise noch nichts zu bemerken: »Alles im normalen Bereich«, gibt Christian Hirtz, Sprecher des Klinikums am Steinenberg, Entwarnung. »Die Corona-Erkrankungen liegen auf einem niedrigen Niveau, wir haben kaum schwere Verläufe«. Im ganzen Herbst und Winter musste man keinen einzigen Covid-Fall auf die Intensivstation verlegen. »Die Krankheit reiht sich bei den klassischen grippalen Infekten ein«, sagt Hirtz. Auch von denen gibt es momentan noch nicht viele, zumindest nicht solche, die einer stationären Behandlung bedürfen.
Die Zahlen, die das Landratsamt an das Landesgesundheitsamt weitermeldet, bestätigen diese Einschätzung aus der Klinik. Im Dezember wurden 172 Covid-Erkrankungen gemeldet, sowie 35 Influenza-Fälle. Bis zum 9. Januar wurde der Covid-Erreger bei 24 Menschen im Kreis nachgewiesen und 27 wurden positiv auf Influenza getestet.
Die Lage im Landkreis Tübingen
Aus der Nachbarstadt Tübingen antwortet Anica Heipl, Pressesprecherin des Universitätsklinikums, per Mail: »Die Lage am Uniklinikum Tübingen ist in Bezug auf Corona ruhig: Es gibt pro Tag zwei bis drei SARS-CoV-2-Nachweise - die Patientinnen und Patienten werden aber nicht wegen, sondern eher mit SARS-CoV2 aufgenommen. Das ist alles absolut beherrschbar. Auf der infektiologischen (und auch der geriatrischen) Station ist die Lage – wie immer in dieser Jahreszeit – unter anderem wegen respiratorischer Infekte (insgesamt!) angespannt. Einige Patientinnen und Patienten haben auch Corona. Schwere Verläufe sind aber extrem selten. Wenn, dann sind es ältere Menschen oder Menschen mit schweren Vorerkrankungen, die ein paar Tage stationäre Betreuung benötigen. Eine Typisierung wird bei uns schon seit längerem nicht mehr durchgeführt. Bei Grippe sieht es ähnlich aus: in Tübingen haben wir noch keine Auffälligkeiten, die Lage ist auch bezüglich Influenza ruhig.«
Aus dem Institut für medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten der Tübinger Uniklinik kommt die Mitteilung, dass sich »in den letzten Wochen des frisch ausgeklungenen Jahres durch den Nachweis vieler unterschiedlicher respiratorischer Viren ein recht ,buntes Bild' zeigt«: Vom Adenovirus über Parainfluenzavirus bis zu RSV und HMPV war alles dabei. »Diese Diversität aktuell zirkulierender viraler Atemwegserreger wird auch durch den aktuellsten Wochenbericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza des RKI hinsichtlich akuter respiratorischer Erkrankungen bestätigt.« Die Vielzahl der Erreger könnte dann eventuell auch der Grund sein, weshalb einige Menschen innerhalb kurzer Zeit mehrfach erkranken.
Corona übrigens scheint sich tatsächlich in die Vielzahl der ARE-Erreger einzureihen, die Symptome ähneln denen anderer Atemwegsinfektionen, und anders als während der Pandemie werden die Verläufe milder, was auch an einer breiten Grundimmunität der Bevölkerung aus Impfungen und Infektionen liegt. Die momentan vorherrschende XEC-Variante, ein Abkömmling von Omikron, ruft ähnliche Krankheitsverläufe hervor wie ihre Vorgänger: »Schnupfen, Husten und Halsschmerzen sowie Kopf- und Gliederschmerzen und Fieber. Außerdem können sich Symptome wie Kurzatmigkeit bis hin zu Atemnot entwickeln sowie Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns«, listet Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, auf.
Wie groß die Influenzawelle am Ende wird, das wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Aktuell gibt es etwa 5,3 Millionen Infektionen in Deutschland. Das sei ein für diese Jahreszeit vergleichsweise hohes Niveau, schreibt das Ärzteblatt. Aber vielleicht kommt Deutschland ja gut und vor allem gesund durch den restlichen Winter. (GEA)