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GEMA-Schock für den Reutlinger Weihnachtsmarkt

Dass die GEMA Geld haben will, war den Machern des Reutlinger Weihnachtsmarktes klar. Dass es so viel Geld sein wird, allerdings nicht. Am Dienstag erhalten sie zur Mittagszeit eine Mail mit einer für sie schockierenden Summe - und ziehen die Reißleine.

Vor einer Woche wurde der Weihnachtsmarkt eröffnet mit mehreren Gesangsauftritten, nun folgt der große GEMA-Schock für Clemens (
Vor einer Woche wurde der Weihnachtsmarkt eröffnet mit mehreren Gesangsauftritten, nun folgt der große GEMA-Schock für Clemens (links) und Vildana Vohrer. Foto: Steffen Schanz
Vor einer Woche wurde der Weihnachtsmarkt eröffnet mit mehreren Gesangsauftritten, nun folgt der große GEMA-Schock für Clemens (links) und Vildana Vohrer.
Foto: Steffen Schanz

REUTLINGEN. Die Stimmung von Clemens und Vildana Vohrer, den Geschäftsführern der Markt-Werk-Stadt, schwankt an diesem Dienstagmittag zwischen sauer, fassungslos und resigniert. Um 12.24 Uhr haben sie eine Mail von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) erhalten. Und in der wird nichts Gutes verkündet. Die Macher des Weihnachtsmarktes sollen rund 13.000 Euro für weihnachtliche Lieder bezahlen. Das ist viel mehr als das, was die Vohrers kalkuliert und bei der GEMA ihrer Meinung nach ordnungsgemäß eingereicht hatten. Und es ist so viel, dass es für die Macher des Marktes nicht mehr bezahlbar ist. Also haben sie die Reißleine gezogen und allen lokalen Bands und Künstlern abgesagt, die in den kommenden Tagen auf der Bühne im Weihnachtspark aufgetreten wären.

Sauer sind die Vohrers aus mehreren Gründen. Die neue Berechnungsgrundlage der GEMA besagt, dass sich die Gebühren für die Weihnachtsmarkt-Macher an der Fläche ausrichten. Deshalb konzentriert sich das komplette musikalische Geschehen in Reutlingen sowieso nur noch auf den Bürgerpark, die Buden des zweiten Marktes an der Marienkirche sind ohne Weihnachtsmusik. Die Vohrers kamen nach ihren Berechnungen für die Bürgerpark-Fläche auf rund 250 Euro, die pro Tag an die GEMA abzuführen sind. In Summe hätten sie für alle Tage mit Bands und Kapellen also rund 5.000 Euro bezahlt.

Der Weihnachtspark mit Eislaufbahn vor der Stadthalle: Live-Musik wird es hier nach dem GEMA-Schock in diesem Jahr nicht mehr ge
Der Weihnachtspark mit Eislaufbahn vor der Stadthalle: Live-Musik wird es hier nach dem GEMA-Schock in diesem Jahr nicht mehr geben. Foto: Steffen Schanz
Der Weihnachtspark mit Eislaufbahn vor der Stadthalle: Live-Musik wird es hier nach dem GEMA-Schock in diesem Jahr nicht mehr geben.
Foto: Steffen Schanz

Die GEMA sieht das anders: Sie kommt nach Vohrers Angaben auf 650 Euro pro Musik-Tag, was bei 20 Tagen mit Live-Sound in Summe 13.000 Euro macht. Die Gesellschaft habe die Veranstaltungsfläche per Satellit nachgemessen, berichtet Vildana Vohrer. Noch etwas, das ihr sauer aufstößt. »Wieso war niemand vor Ort?« Laut GEMA zählt auch das Riesenrad zur Veranstaltungsfläche, sowie die Fläche dahinter und ein Bereich hinter den Hütten. Für Vohrers nicht nachvollziehbar.

Eine GEMA-Sprecherin teilt dem GEA dazu per Mail mit: »Im Rahmen unserer Qualitätssicherung konnten wir feststellen, dass die angegebene Fläche kleiner ist als ursprünglich angegeben. Dies haben wir dem Kunden schriftlich mitgeteilt. Durch eine größere Fläche erhöht sich auch die Lizenzsumme.« Man habe sich mit Google Maps beholfen, da nur ein Lageplan im Programmheft vorlag. »Reichen Veranstalterinnen und Veranstalter ihre Flächenpläne selbst ein, ist dies jedoch die beste Möglichkeit.«

»Wir sind aber auf viel Verständnis gestoßen. Manche haben sogar angeboten, GEMA-freie Musik zu spielen«

Wie man es auch dreht und wendet: Die GEMA-Gebühr für den Reutlinger Markt steht. »Wir haben dann direkt entschieden, dass wir den lokalen Bands und Künstlern leider absagen müssen«, sagt Clemens Vohrer. »Wir sind aber auf viel Verständnis gestoßen. Manche haben sogar angeboten, GEMA-freie Musik zu spielen.« Seine Frau ergänzt: Die Kosten für den Bühnenaufbau hätte man sich sparen können, wenn sich die GEMA früher gerührt hätte. »Aber nun bleiben wir darauf sitzen.«

Schon im September habe man alles berechnet und bei der GEMA angemeldet. Einige Zeit später habe man eine Stornierung ohne Begründung erhalten. Auf telefonische Nachfrage sei niemand erreichbar gewesen, schildert Vildana Vohrer. Man sei entweder in einer Warteschleife gelandet oder bei Mitarbeitern, die einem keine detaillierte Antwort geben konnten. Die Vohrers entschlossen sich dazu, ins Risiko zu gehen und alles wie geplant durchzuführen.

»Wir haben den Kunden bereits am 12. November schriftlich bezüglich der Flächenangabe kontaktiert«

Die GEMA dementiert, dass sie sich zu spät gemeldet habe. »Wir haben den Kunden bereits am 12. November schriftlich bezüglich der Flächenangabe kontaktiert.« Das sei somit 15 Tage vor dem Beginn des Marktes gewesen. Clemens Vohrer hat jetzt jedenfalls für die restlichen Weihnachtsmarkt-Tage im Bürgerpark Streamingmusik bei der GEMA angemeldet. Diese ist mit 50 Euro pro Tag deutlich billiger als Livemusik, die in Reutlingen pro Tag nach Vohrers Aussagen mit 650 Euro zu Buche schlägt. Eine gute, lokale Band verlange rund 500 Euro Gage, sagt Clemens Vohrer. Und wirft verärgert direkt die nächste Frage in den Raum: »Wie kann es sein, dass die GEMA-Gebühr höher ist, als die Band-Gage?«

Auch darauf eine Antwort von GEMA-Seite: »Wenn die Musik im Vordergrund steht, zum Beispiel bei Konzerten, trägt sie mehr zur Gesamtveranstaltung bei als bei Hintergrundmusik. Deshalb werden die Musikschaffenden stärker daran beteiligt.« (GEA)