REUTLINGEN/TÜBINGEN. Die Zahl der Geflüchteten, die vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nach Reutlingen und die Region geflohen sind, wächst mit jedem Tag weiter. Manche haben nur das dabei, was sie tragen können. Meist sind es Mütter mit ihren Kindern, die ihre Ehemänner zurücklassen mussten.
Sind die Menschen erst einmal in der Region angekommen, schrumpft der weniger Besitz, den sie haben, noch weiter zusammen: Mit ihrer eigenen Landeswährung - die ukrainische Griwna - haben sie zwar Bargeld dabei. Anfangen können sie damit aber nichts.
Die Griwna ist derzeit vom internationalen Devisenhandel ausgeschlossen. Tatsächlich ist es so, dass die ukrainische Zentralbank die Landeswährung wegen des Krieges vom Geldhandel ausgenommen hat. Die Geflüchteten können das Bargeld daher nicht in Euro umtauschen. »Wir würden gerne helfen, aber uns sind die Hände gebunden«, sagt der Sprecher der Kreissparkasse Reutlingen, Andreas Lehmann.
Die Banken können demnach keine Euros für die Griwna tauschen, weil sie in der gegenwärtigen Situation selbst nichts mit der Griwna anfangen können. Lehmann verweist darauf, dass die Sparkassen den Geflüchteten aber zumindest ermöglichen, ein Konto zu eröffnen.
Reutlinger Banken bieten Ukraine-Flüchtlinge gebührenfreie Konto-Eröffnung an
Andrea Anstädt, Sprecherin der Volksbank Reutlingen, ergänzt: »Es hängt jetzt von der Entscheidung des Europäischen Zentralbank ab.« Diese habe das Problem offenbar auf der Agenda. »Das ist ein Problem für die Geflüchteten in Ländern der gesamten EU.« Überall könnten sie keine Griwna umtauschen. Eine Sprecherin der EZB bestätigt dem GEA gegenüber die schwierige Lage: »Wir sind uns der Ernsthaftigkeit dieses Problems bewusst. Auf eruopäischer Ebene werden mögliche Lösungen geprüft, um ukrainischen Flüchtlingen beim Umtausch ihrer Währung zu helfen.«
Die Volksbanken Reutlingen planen derweil ebenfalls, den Geflüchteten unbürokratische eine Kontoeröffnung zu ermöglichen - gebührenfrei, so Andrea Anstädt. Sollten die Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Deutschland an andere europäischen Währungen gelangt sein, wie etwa an polnische Zloti, dann wäre der Umtausch dieser Währungen problemlos möglich. Kommen Geflüchtete aus der Ukraine an den Bankschalter, um Griwna zu tauschen, verweise man sie an die Reutlinger Stadtverwaltung.
Dort ist nach einer Anmeldung auch der Weg für Sozialleistungen möglich. Dabei handelt es sich aber so gut wie nie um Euro. Aus dem Landratsamt Tübingen hieß es dazu wörtlich: »Bargeld wird von uns in der Regel nicht oder nur in ganz begründeten Ausnahmefällen ausgezahlt.« (GEA)