REUTLINGEN. Butterbrot mit Honig: Für einige klingt das nach einer leckeren Frühstücksvariante. Doch ist das, was aufs Brot gestrichen wird, tatsächlich Honig? Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund und der Europäische Berufsimkerbund haben Proben von Honigen aus deutschen Supermärkten untersuchen lassen. Das Ergebnis einer neuen DNA-Analyse schockiert: 25 von 30 Honigen sind gestreckt. Imkermeister Gerhard Kasper aus Reutlingen und Thomas Blum, Vorsitzender des Bezirksimkervereins Reutlingen, erläutern, worauf es beim Honigkauf ankommt und was originalen Honig ausmacht. Einen Lebensmittelbetrug zu beweisen, sei extrem schwierig und sehr kostenintensiv, sagt Vereinsvorsitzender Blum. So etwas könne nur im Labor nachgewiesen werden, sind sich die zwei Imker einig. Doch es gibt Anzeichen, die auf ein gefälschtes Produkt hinweisen.
Wirft der Kunde ein Blick auf das Supermarkt-Regal, fallen ihm Honige auf, die besonders günstig sind. Das sollte ihn stutzig machen, »Wer 500 Gramm Honig aus dem Supermarkt kauft und weniger als vier Euro bezahlt, der bekommt keinen echten Honig«, warnt Kasper.
Wie und weshalb Honig gestreckt wird
Honig ist ein naturbelassenes Produkt, dem keine weiteren Stoffe zugefügt werden dürfen. Bei einer Fälschung wird genau das getan. »Es gibt verschiedene Tricksereien, um Honig zu strecken, meistens wird ihm Zuckersirup zugesetzt«, sagt Imker Gerhard Kasper. Das Naturprodukt zu fälschen, sei nicht schwer, weil Honig größtenteils aus Zucker, genauer gesagt aus Fruktose und Glukose, bestehe. Und das sind auch die Hauptbestandteile von Zuckersirup, der zum Panschen genutzt wird. Inzwischen kommen auch Sirupe aus Reis, Weizen oder Zuckerrüben zum Einsatz.
Hinter gepanschtem Honig steht wirtschaftliches Interesse. Originaler Honig wird in begrenzter Menge produziert und ist das Ergebnis aufwendiger Arbeit. Deshalb hat guter Honig immer seinen Preis. Für manche liegt es daher nahe, ein billiges Imitat unter dem Etikett eines Qualitätsprodukts zu verkaufen, um dabei Gewinne zu erzielen. (ifi)
Ein weiteres Anzeichen für gefälschten Honig ist der fade Geschmack. »Die meisten Honige aus dem Supermarkt schmecken einfach nur süß«, finden sowohl Blum als auch Kasper. »Es fehlen die natürlichen Aromastoffe. Daher sind zum Beispiel beim Wald- und Tannenhonig die würzig harzigen Anteile nicht enthalten«, fügt Kasper hinzu. Um zu verdeutlichen, wie vielfältig Honige schmecken, vergleicht er sie mit Wein: »So wie Weinkenner beim Trinken die Rebsorte erkennen können, so schmeckt man auch beim Honig den Nektar der enthaltenen Pflanzenart heraus.«
Zusätzlich zum einseitigen Geschmack fällt Experten noch die dauerhaft flüssige Konsistenz negativ auf. »Jede Honigsorte kristallisiert früher oder später und wird fest«, erklärt Kasper. Bei einem hohen Anteil an Traubenzucker bilden sich schneller Kristalle. Das ist beim Blütenhonig der Fall. Der brauche zwei bis vier Monate, um fest zu werden. Beim Akazienhonig, dessen Traubenzuckeranteil niedriger ist, kann es bis zu drei Jahren dauern. Dadurch aber, dass jede Sorte unterschiedlich lang braucht, um eine feste Konsistenz zu bekommen, wird es schwer, gepanschten Honig zu erkennen.
Von den im Honig befindlichen Pollen können auch Rückschlüsse auf die Herkunft des Nektars gezogen werden. »Wenn zum Beispiel Zitrusgewächse im Honig enthalten sind, weiß man, dass es sich nicht um deutschen, sondern um einen südländischen Honig handelt«, beichtet Kasper. Aber auch auf die Herkunft der Pollen ist nicht immer Verlass, berichtet er. »Im Labor können Pollenarten, die es nicht in Deutschland gibt, aus dem Honig industriell herausgefiltert werden und dafür deutsche beigemischt werden«, berichtet Kasper.
Auf Transparenz achten
Wie Verbraucher sich vor gefälschten Honig schützen können? Erst einmal sollten sie wissen, woher der Honig stammt. Der heimische Honig deckt nur rund 30 Prozent des deutschen Bedarfs ab, so Kasper. Der Rest wird importiert und stammt etwa aus Südamerika, China, der Türkei, der Ukraine oder Rumänien. »Wir haben ein großes Problem, da Amerika seine Grenzen für billigen Honig aus dem Ausland geschlossen hat. So wird das Produkt tonnenweise auf den europäischen Markt umgeleitet«, sagt Kasper.
Steht auf der Honigverpackung der Hinweis: »Aus EU- und Nicht-EU-Ländern« ist nicht genügend Transparenz geboten. »Das Herkunftsland ist somit unbekannt. Man weiß nicht mal, ob dieser Honig aus Imkereien oder Handelsbetrieben stammt«, bedauert Kasper. Das sollte den Verbraucher stutzig machen. Die Europäische Union hatte zu Jahresbeginn reagiert. So muss auf den Verpackungen künftig das Herkunftsland deutlich erkennbar angegeben werden. Zudem muss künftig klar werden, wie groß der Anteil des Honigs aus den jeweiligen Ländern sei. Es gilt allerdings eine Übergangsfrist von rund zwei Jahren, bis die Vorgaben angewendet werden müssen.
Seitens der Honig-Spezialisten heißt es: »Lieber beim Imker vor Ort kaufen oder auf Deutschland als Herkunftsland achten.« Kasper betont: »Wir Imker unterliegen der deutschen Honigverordnung und dem Imkerbundgesetz. Wenn wir etwas dem Honig zusetzen, muss es auf dem Etikett deklariert werden.« (GEA)