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Aktuell Protest

Aktivisten blockieren Spur der Reutlinger Karlstraße

Demonstrationen befreien zum Aktionstag »Mobil ohne Auto« am Freitag zeitweise eine Spur der Reutlinger Karlstraße von der motorisierten Blechlawine. Doch es wird noch mehr geboten.

Der Demonstrationszug auf der Karlstraße ist ziemlich kompakt. Foto: Stephan Zenke
Der Demonstrationszug auf der Karlstraße ist ziemlich kompakt.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Die Stadt könnte mit weniger Blechkarossen so schön sein, meinen die Organisatoren des Reutlinger Aktionstages »Mobil ohne Auto«. Zwei im Vorfeld umstrittene Demonstrationen auf der teilweise gesperrten Karlstraße zeigen am Freitag ein völlig verändertes Lebensgefühl. Kinder haben Platz zum Spielen, Erwachsene tanzen miteinander – und niemand vermisst die platzschluckenden Autos. Die Veranstalter zeigen sich zufrieden, obschon die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer überschaubar ist.

Keine Hundert Leute bilden am Nachmittag des europaweiten autofreien Tages den ersten Demonstrationszug, etwas mehr dann einige Stunden später. Im Vorfeld hatte die damit verbundene Straßensperrung für heftige Diskussionen im Gemeinderat gesorgt. Als es dann tatsächlich so weit ist, kann zumindest vor Ort von einem größeren Verkehrschaos keine Rede sein – weil die Umleitung großräumig gewählt wurde.

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»Geht arbeiten«, schimpft ein Passant, während ein Busfahrer im Stau auf der Fahrspur stadteinwärts gänzlich verärgert aus dem Fenster schaut. Währenddessen führen der Grüne Holger Bergmann als Vertreter des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs und Reinhard Beneken vom BUND einen kleinen Protestzug an, der sich bei einer überschaubaren Delegation von »Fridays for Future« bedanken kann. Denn die jungen Leute wissen, wie man lautstark demonstriert.

Menschen tanzen vergnügt, wo sonst der Feierabendstau steht.
Menschen tanzen vergnügt, wo sonst der Feierabendstau steht. Foto: Stephan Zenke
Menschen tanzen vergnügt, wo sonst der Feierabendstau steht.
Foto: Stephan Zenke

»Klimaschützen ist nicht schwer: Kostenloser Nahverkehr«, rufen die Fridays. Zumindest an diesem Wochenende ist das in Reutlingen der Fall. Dann heißt es »klatscht in die Hände, Verkehrswende«. Lauter Parolen wie an vielen Freitag eben. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die »Gehzeuge«, wie Beneken im Laufen erklärt. Die von einem Menschen getragenen Holzrahmen dokumentieren den gigantischen Platzbedarf selbst von Kleinwagen. Die eigentliche Demonstration inklusive den stadtauswärts gesperrten Fahrspuren dauert eine halbe Stunde, dann beginnt ein ausgelassenes Straßenfest.

Diese Klimaschützer sind trotz des warmen Wetters grün angezogen, und haben ausgesprochen gute Laune. Foto: Stephan Zenke
Diese Klimaschützer sind trotz des warmen Wetters grün angezogen, und haben ausgesprochen gute Laune.
Foto: Stephan Zenke

Auf den Biertischen liegen Efeuranken oder Äpfel, es riecht nach Falafel und anderen Spezialitäten. Kleine Herrschaften bemalen den grauen Asphalt mit bunten Kreiden, ohne auf den Verkehr achten zu müssen. Papi und Mami unterhalten sich währenddessen etwa mit einer großen Zahl von grünen Gemeinderätinnen und Räten – auch die Fraktionsvorsitzende Gabriele Janz ist zu sehen.

Holger Bergmann zieht als einer der Organisatoren erfreut ein Fazit. Es sei erfolgreich darum gegangen, »beispielhaft zu zeigen, was mobil ohne Auto möglich ist – das geht natürlich nur auf einer Karlstraße«, so der Grüne. Früher sei das eine wichtige Durchgangsstraße gewesen, »heute ist sie drittrangig«, sagt Bergmann. Die Forderungen der Klimaschützer seien klar: Weniger Autos in der Stadt, mehr durch eine Nahverkehrsabgabe finanzierter Busverkehr. Schließlich müssten »Fußgänger es einfacher haben, durch die Stadt zu laufen«. Peter Stary vom Verkehrsklub Deutschland findet es »auf jeden Fall einen Erfolg, wenn Kinder auf der Karlstraße spielen«. Reinhard Beneken vom BUND wünscht sich, Autos »weiter zurückzudrängen«. (GEA)