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Aktuell Entwicklung

140 bezahlbare neue Wohnungen für Reutlingen

Auf dem alten städtischen Bauhof-Areal zwischen Christoph- und Storlachstraße will die GWG ein neues Quartier bauen. Wo überall Kosten gespart werden, damit die Miete günstig bleibt.

Ein zu seltenes Bild ist nach Meinung des Mieterbundes Reutlingen-Tübingen der Wohnungsbau in Reutlingen wie auf dem ehemaligen
Ein zu seltenes Bild ist nach Meinung des Mieterbundes Reutlingen-Tübingen der Wohnungsbau in Reutlingen wie auf dem ehemaligen Bihler-Areal am Georgenberg (Archivbild). Foto: Stephan Zenke
Ein zu seltenes Bild ist nach Meinung des Mieterbundes Reutlingen-Tübingen der Wohnungsbau in Reutlingen wie auf dem ehemaligen Bihler-Areal am Georgenberg (Archivbild).
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. 140 bezahlbare Wohnungen sollen auf dem Gelände des ehemaligen städtischen Bauhofes zwischen der Christoph- und Storlachstraße entstehen. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat der Realisierung dieses Projektes durch die GWG Wohnungsgesellschaft Reutlingen zugestimmt. Der Baubeginn ist für Ende 2025 vorgesehen. Damit am Ende die Mieten erschwinglich bleiben, wird gespart wo es geht.

Serielles Bauen nennt sich der wichtigste Hebel an der Kostenschraube. Das bedeutet, dass die Wohngebäude nicht mehr nur vor Ort errichtet, sondern durch industrielle Herstellung zumindest teilweise vorgefertigt werden. Wer an Plattenbauten in der DDR oder architektonische Denkmäler wie die Innenstadt von Le Havre denkt, kann sich das bestens vorstellen. Wobei Stadtplaner Stefan Dvorak im Gemeinderat gleich betont, dass Serienbau hier schön und kreativ sein werde. Weitere Ersparnisse verspricht sich die Stadt davon, Parkplätze nicht in Form einer teuren Tiefgarage zu verbuddeln, sondern stattdessen ein oberirdisches Quartiersparkhaus zu errichten. Das liebe Geld ist es auch, dass aus der Bebauung des Areals eine so langwierige Geschichte gemacht hat.

Die Skizze der GWG zeigt auf dem Areal des ehemaligen Bauhofes  zwischen Christoph- und Storlachstraße mehrere Wohngebäude und H
Die Skizze der GWG zeigt auf dem Areal des ehemaligen Bauhofes zwischen Christoph- und Storlachstraße mehrere Wohngebäude und Höfe. Foto: Stadt Reutlingen
Die Skizze der GWG zeigt auf dem Areal des ehemaligen Bauhofes zwischen Christoph- und Storlachstraße mehrere Wohngebäude und Höfe.
Foto: Stadt Reutlingen

Bereits 2003 ist der städtische Bauhof komplett »In Laisen« umgezogen. Bereits 2009 beantragte die SPD-Fraktion an diesem Ort »bezahlbaren Mietwohnungsbau«. 2014 ergänzen die Sozialdemokraten dies um die Forderung nach einem Konzept im Verbund mit Einrichtungen der Kinderbetreuung. Erst Anfang 2019 beschließt der Gemeinderat einen Wettbewerb für die sinnvolle Entwicklung des Grundstücks. Ein Jahr später erbringt ein Wettbewerb die Grundlagen für den Bebauungsplan. Aber dann fordern WiR-Fraktion und CDU in einem interfraktionellen Antrag einen »sofortigen Stopp«. Zur Begründung wird damals die prekäre Finanzsituation der Stadt aufgeführt: »Es darf kein weiterer Quadratmeter Gewerbe- und Industriegelände in Wohnflächen umgewandelt werden«. Alles ebenso Vergangenheit wie die gescheiterten Bemühungen, eine Konzeptvergabe mit Baugemeinschaften und Investoren zu entwickeln. »Durch die nun vorgesehene Umsetzung in der GWG werden 100 Prozent öffentlich geförderte Wohneinheiten erreicht und so ein großer Anteil dringend benötigter bezahlbarer Wohneinheiten geschaffen«, freut sich Stadtplaner Dvorak. Angetan sind auch sämtliche Gemeinderatsfraktionen.

»Das Projekt geht auf einen Anstoß der SPD zurück«

»Das Projekt geht auf einen Anstoß der SPD zurück«, erinnert Stadtrat Ramazan Selcuk, »diese Weichenstellung trägt Früchte«. Es sei gut, »dass die GWG mutig voranschreitet. Hier wird gezielt sozialer Wohnraum geschaffen«. Konkret zeigen die Entwürfe neun Gebäude, die architektonisch trotz Serienbauweise in drei Typen für Vielfalt sorgen sollen. Als »aktiven Verbindungsraum zwischen bestehendem und neuen Stadtviertel« erwähnt die Gemeinderatsvorlage die »Christophstraße als Shared-Space-Fläche unter Alleebäumen«. Zwei Quartiersplätze sollen einladende öffentliche Räume sein. Flächen für die gewerbliche Nutzung sollen in einem oder zwei Gebäuden am nördlichen Quartiersplatz gebündelt werden. Dies ermögliche, anders als die ursprünglich vorgesehene Anordnung in den Erdgeschossen, die separate Realisierung und Vermarktung der Gewerbeflächen. Aufgelistet werden weitere Vorzüge des Vorhabens.

Immer wieder hat die SPD-Fraktion im Gemeinderat auf das brachliegende Gelände zwischen Christoph- und Storlachstraße aufmerksam
Immer wieder hat die SPD-Fraktion im Gemeinderat auf das brachliegende Gelände zwischen Christoph- und Storlachstraße aufmerksam gemacht. Hier ein Archivbild vom Ortstermin im Sommer 2022. Foto: Stephan Zenke
Immer wieder hat die SPD-Fraktion im Gemeinderat auf das brachliegende Gelände zwischen Christoph- und Storlachstraße aufmerksam gemacht. Hier ein Archivbild vom Ortstermin im Sommer 2022.
Foto: Stephan Zenke

Das Quartier soll als Pilotprojekt für klimaneutrale und klimaangepasste Bauweise im Innenbereich entwickelt werden. »Rückhaltung, Verdunstung und gedrosselte Einleitung des Regenwassers in die Kanäle sorgen zusammen mit der extensiven Dachbegrünung für ein kühleres Mikroklima und damit für mehr Wohnqualität im Quartier«, schreibt das Stadtplanungsamt. Der nördliche Platz ist als Verbindung mit dem durch die GWG geplanten Kinder- und Familienzentrum vorgesehen. Sowieso sieht Stadtplaner Dvorak in einem weiteren Detail des Viertels einen Begegnungen fördernden Vorteil: Weil es aus Gründen der Sparsamkeit keine Keller gibt, verlagern sich sämtliche Aktivitäten an die Erdoberfläche. Angesicht des Füllhorns von vorgesehenen Wohltaten stimmt der Gemeinderat am Ende einstimmig zu. Dabei kommentieren die Fraktionen ihr Stimmverhalten unterschiedlich.

»Sicherung von Wohnraum für alle Einkommensgruppen«

Gabriele Gaiser (CDU) lobt »die Sicherung von Wohnraum für alle Einkommensgruppen«. Die Hochgarage sei wichtig für ein Gebiet, in dem es zu wenig Parkplätze gibt. Genau deswegen kritisiert Heiko Brucker (AfD) den Stellplatzschlüssel von 0,8 als »sehr niedrig«. Kurt Gugel signalisiert für die FWV Erleichterung darüber, »dass die GWG sich darum kümmert, damit endlich auf diesem brachliegenden Gelände etwas läuft«. Für die Grünen lobt Andres Lächele hinlänglich Platz für Fußgänger und Radler. Die Liberale Regine Vohrer stellt fest, »es ist doch eine sehr schwere Geburt gewesen«. (GEA)