ENINGEN. Der US-Konzern Viavi Solutions, Anbieter von Prüf- und Messgeräten für Netzwerke, hat in dem Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/2024 rote Zahlen geschrieben. Die in Eningen ansässige deutsche Tochterfirma, möglicherweise besser unter ihrer früheren Firmierung Wandel & Goltermann bekannt, hat indes zum 13. Mal in Serie einen Gewinn erzielt. Dies berichtet Geschäftsführer Andreas-Christoph Beyertt im Gespräch mit dem GEA.
Der börsennotierte Konzern mit Sitz in Chandler (Arizona/USA) weist nach vorläufigen Zahlen für 2023/2024 bei einem Umsatz von einer Milliarde (Vorjahr: 1,106 Milliarden) Dollar einen Verlust von 25,8 Millionen Dollar aus; im Vorjahr stand ein Gewinn von 25,5 Millionen Dollar zu Buche.
»Wir sind den Umständen entsprechend zufrieden«, erklärt der 51 Jahre Betriebswirt Beyertt, seit über drei Jahren Chef von Viavi Solutions in Eningen. Die Großkunden des Unternehmens seien oft mit Fremdkapital finanziert, spürten daher die Zinserhöhungen und hielten sich mit Aufträgen zurück. Daher sei auch der Umsatz des deutschen Viavi-Standorts nach vorläufigen Daten in 2023/2024 auf 159 Millionen Euro zurückgegangen. Im Vorjahr waren 185 Millionen Euro geschafft worden. Dabei sind Beyertt zufolge Sondereffekte durch den Zukauf der Berliner Softwarefirma NG4T zu berücksichtigen. Ohne diese Sondereffekte spreche er von einem Umsatzrückgang von 175 Millionen auf 159 Millionen Euro.
Der Gewinn vor Steuern werde zwischen 8 Millionen und 9 Millionen Euro (Vorjahr: 16 Millionen Euro) liegen, so der Geschäftsführer. In der Ergebnisrechnung wirke sich positiv aus, dass am Standort Eningen etliche Dienstleistungen, vor allem auch Produktentwicklungen, erbracht würden, die die Muttergesellschaft vergüte. Operativ (ohne Sondereffekte) beziffert Beyertt den Gewinn 2023/2024 auf 5 Millionen Euro – nach 7 Millionen Euro im Vorjahr.
Zehn Aufhebungsverträge
Der Konzern hat im Juni einen Umstrukturierungsplan bekannt gegeben. Demnach soll die Belegschaft (aktuell weltweit 3.600 Personen) im laufenden Geschäftsjahr um 6 Prozent verringert werden. Von 15 Millionen Dollar Abfindungen ist die Rede. Dies soll die Kosten dauerhaft um 25 Millionen Dollar pro Jahr senken. Petra Nagel, die deutsche, global zuständige Personalchefin des Viavi-Solution-Konzerns, sagte beim Gespräch mit dem GEA, es werde auch zehn Aufhebungsverträge in Eningen geben.
Laut Beyertt sind aktuell 225 Beschäftigte für Viavi Solutions in Eningen tätig. Vor einem Jahr waren es 237. »Unser Zielwert sind 230 Personen am Standort. Es ist unverändert schwierig, manche Positionen zu besetzen«, sagt der Geschäftsführer. Der Entwicklungsleiter Henning Hörentrup fügt an dieser Stelle, auch als Erläuterung zum Personalabbau, hinzu: »Der Standort hat sich etwas verändert. Es sind andere Fertigkeiten gefragt.«
Die an den Metalltarifvertrag gebundene Viavi Solutions Deutschland GmbH hat demnach derzeit 121 (Vorjahr: 138) Mitarbeitende. Für die seit 2019 bestehende, nicht tarifgebundene Viavi Solutions GmbH arbeiten 103 (Vorjahr: 98) Personen. Beyertt ist der einzige Angestellte in der Besitzfirma Viavi Solutions World Holdings GmbH & Co. KG. Konzern-Personalchefin Nagel sagt: »Wir suchen hoch qualifizierte Ingenieure. Die kaufen wir nicht zu Dumpingpreisen ein. Es geht nicht um Kosteneinsparung. Wir wollen vielmehr Leistung entsprechend honorieren können. Ohne Tarifvertrag haben wir bessere Chancen zur Differenzierung.«
Nagel, Hörentrup und Beyertt betonen, dass das Unternehmen spannende Projekte zu bieten habe. »Wir sind zum Beispiel mit Intel und AMD in Kontakt – und damit geht oft ein Vorlauf von ein oder zwei Jahren bei neuen Technologien einher«, erzählt Beyertt. Daher sei, so Hörentrup, das Graduate-Programm des Konzerns zum Berufseinstieg für Akademiker ein großer Erfolg. »Das ist unser Investment in zukünftige Führungskräfte«, berichtet Nagel. Zehn Absolventen mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen sollen in einem weltweiten Kontext in verschiedenen Ländern Erfahrungen sammeln.
Lob für Vermieter
Trotz des Gegenwinds auf der Kostenseite blickt Beyertt positiv nach vorne. Der Datenverkehr nehme zu, neue Netzwerktechnologien würden eingeführt. Dafür benötigten Systemhersteller und Netzbetreiber Messtechnik. Für den Einsatz in Forschung und Entwicklung, in der Systemprüfung und in der Produktion sei die neue Test-Plattform One Lab Pro gedacht, die maßgeblich in Eningen entwickelt worden sei, wie Hörentrup erklärte.
Ein dickes Lob spricht Beyertt dem Vermieter des Unternehmens in Eningen, der Fiedler Immobilienentwicklung GmbH, für die umfangreiche energetische Gebäudesanierung aus: »Das ist eine super Sache!« Fassade, Dach, Fenster und Heizung seien erneuert worden. Die installierten Photovoltaikmodule deckten etwa ein Drittel des Strombedarfs von Viavi zu einem Fixpreis. Zudem gebe es nun Ladestationen für Mitarbeiter- und Firmenfahrzeuge.
Aus der Zeit der einst viel größeren Firma Wandel & Goltermann – knapp 2.000 Beschäftigte – leitet sich die im Verhältnis zu 225 Mitarbeitern ungewöhnlich hohe Zahl von 859 (Vorjahr: 821) Betriebsrentnern her. Wie Beyertt mitteilt, hat Viavi Solutions im vergangenen Jahr 4,8 (Vorjahr: 4,6) Millionen Euro an Betriebsrentner ausgezahlt. Davon seien 3,3 Millionen Euro Renten und 1,5 Millionen Euro Einmalzahlungen gewesen. (GEA)