RANGENDINGEN. »Ich beglückwünsche Sie und uns alle zu diesem Kompetenzzentrum«, sagte FDP-Vorsitzender und Bundesfinanzminister Christian Lindner. Es seien solche Unternehmen wie Erbe, »die unseren Wohlstand begründen«. Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sprach von »einem Leuchtturm-Projekt« und einem »Vorzeige-Familienunternehmen«.
Christian Otto Erbe, 62, der dem Unternehmen in fünfter Generation als Geschäftsführer vorsteht, sagte dem GEA, dass das Unternehmen die 90-Millionen-Euro-Investition »überwiegend aus eigenen Mitteln finanziert« habe. Es seien nur in geringem Maße Förderkredite in Anspruch genommen worden. Bei der Planung im Jahr 2020 war noch von Kosten in Höhe von 70 Millionen Euro die Rede, im Jahr 2022 beim Richtfest von 85 Millionen Euro. Die Bezeichnung »Erbe 4.i« stehe für vier für das Projekt wichtige Wörter, die mit dem Buchstaben »i« beginnen: Instrumente, Intelligenz, individuell und Internationalität, teilte Erbe in seiner Eröffnungsansprache mit.
428 Millionen Euro Umsatz
Im vergangenen Jahr habe der Firmenverbund Erbe einen Umsatz von 428 Millionen Euro erreicht – gegenüber 2022 ein Plus von 14 Prozent, so der Geschäftsführer auf Nachfrage dieser Zeitung. 86 Prozent des Umsatzes seien mit ausländischen Kunden gemacht worden. Als Umsatzrendite vor Steuern errechne sich für 2023 ein zweistelliger Prozentwert, sagte Erbe zur Ertragslage. Acht Familiengesellschafter hielten derzeit die Anteile an der Holding C. Erbe GmbH (Sitz: Tübingen), der unter anderem die Anteile an der maßgeblich am Markt auftretenden Erbe Elektromedizin GmbH (Tübingen) gehören.
Erbe Elektromedizin entwickelt, fertigt und vertreibt weltweit chirurgische Instrumente und Geräte und bietet Dienstleistungen für den professionellen Einsatz dieser Produkte an – und steht damit für Spitzentechnologie in Operationssälen. Das Produktportfolio liegt in den Gebieten Imaging, Endoskopie, Elektrochirurgie, Plasmachirurgie, Thermofusion, Hydrchirurgie und Kryochirurgie. Die Erbe-Gruppe produziert weltweit an sechs Standorten, hat 18 internationale Vertriebs- und Serviceeinheiten, und ist in 120 Ländern aktiv. Sie hat derzeit 1.900 Beschäftigte, davon 1.000 in Deutschland, davon wiederum knapp 600 in Tübingen und 270 in Rangendingen.
Ein Blick ins GEA-Archiv verdeutlicht die Erfolgsgeschichte: Im Jahr 2001 hatte das Unternehmen (bei 75 Millionen Euro Umsatz) weltweit 475 Beschäftigte, im Jahr 2012 (bei 176 Millionen Euro Umsatz) waren es 826, im Jahr 2019 (bei 278 Millionen Euro Umsatz) 1.026 – und nun eben (bei zuletzt 428 Millionen Euro Umsatz) 1.900 Beschäftigte.
Gegenüber von Werk 3 von Trigema
Christian Erbe erklärte, für ihn symbolisiere das neue Gebäude mit 25.000 Quadratmetern Nutzfläche am Ortseingang von Rangendingen – gegenüber von Werk 3 der Burladinger Textilfirma Trigema – auch ein Versprechen zu nachhaltigem und verantwortlichem Unternehmertum. Die neue »Instrumentenschmiede« von Erbe solle zeigen, dass Umweltschutz und erfolgreiches Unternehmertum Hand in Hand gehen könnten. Erbe habe sich an den anspruchsvollen Standards für Energieeffizienz orientiert und die KfW-Energiehaus-Stufe 40 Plus erreicht. Das Gebäude benötige also höchstens 40 Prozent der Betriebsenergie eines Referenzgebäudes herkömmlicher Bauart.
Das neue Gebäude vereint Produktion, Produktentwicklung, Logistik und Verwaltung. Es ist 195 Meter lang und 70 Meter breit und bis zu 18 Meter hoch (Regallager). Der Standort Rangendingen von Erbe entwickelt und produziert medizintechnische Instrumente für Kunden in aller Welt. Instrumente machten inzwischen mehr als die Hälfte des Umsatzes von Erbe aus, erläuterte der Firmenchef. Das neue Werk stehe für die »Skalierung der Produktion« mit Dreischichtbetrieb und Wochenendarbeit.
Erbe hatte im Jahr 2011 den Standort der US-Firma Abbott in Rangendingen mit seinerzeit 9.000 Quadratmeter großem Grundstück nach deren Werksschließung übernommen und zudem dort weitere 20.000 Quadratmeter von der Gemeinde als Vorratsfläche erworben. Mit 40 Beschäftigten begann Erbe 2012 in Rangendingen. Schnell waren es über 100. Aktuell sind es 270, für bis zu 500 Arbeitsplätze ist der Neubau ausgelegt. (GEA)