PFRONSTETTEN-AICHELAU. Das Unternehmen Arnold Next G GmbH mit Sitz in Pfronstetten-Aichelau gibt es erst seit drei Jahren – hat aber bereits 60 Beschäftigte. Es ist Partner von Konzernen wie Infineon und Bosch. Der alleinige Geschäftsführer Kevin Arnold, 24 Jahre jung, stellt im Gespräch mit dem GEA fest: »Wir arbeiten an der Mobilität der Zukunft. Was wir hier auf der Schwäbischen Alb entwickeln, ist eine Revolution in der Fahrzeugindustrie.«
Seit genau einem Monat, seit dem 7. Mai 2024, hat Arnold Next G für sein für das autonome Fahren vorgesehenes Zentralsteuergerät NX Next Motion vom Tüv und vom Kraftfahrtbundesamt die Straßenzulassung. »Wir erfüllen mit NX Next Motion die höchsten internationalen Standards, ein Meilenstein auf dem Weg zu einer sicheren und nachhaltigen Mobilität«, sagt Arnold.
Er ist Sohn von Roland Arnold, 58, dem Gründer, alleinigen Inhaber und Geschäftsführer der Paravan GmbH (Pfronstetten-Aichelau), Weltmarktführerin für individuelle behindertengerechte Fahrzeuglösungen. Allerdings hebt er hervor: »Arnold Next G dockt inhaltlich nicht an Paravan an, wir sind rechtlich völlig getrennt und gehen unseren Weg in der Entwicklung der Mobilität von morgen.«
Der Name Arnold Next G, also Arnold nächste Generation, solle für die nächste Generation von Gesellschaftern und Technologie stehen. Der Kraftfahrzeugmechatroniker Kevin Arnold und sein Bruder, der Bürokaufmann Luca Arnold, 21, sind je hälftig die Inhaber von Arnold Next G. Während sich Paravan um das Geschäft mit Behindertenfahrzeugen für private Endkunden kümmert, sieht sich das Start-up Arnold Next G als Technologieunternehmen für automatisierte und autonome Mobilität an Land, im Wasser und in der Luft, das auf Unternehmenskunden zielt.
16.000 Anforderungen
Die über 20-jährige Erfahrung mit der in Autos für Behinderte eingesetzten Drive-by-Wire-Technologie (Fahren via Kabel) und das Wissen von einst für Paravan tätigen Technikern, Softwareexperten und Projektleitern in diesem Bereich kämen Arnold Next G durchaus zugute, erklärt Kevin Arnold. »Autonomes Fahren muss viele Anforderungen erfüllen, dazu zählt auch das kritische Thema Cybersicherheit, dem wir höchste Aufmerksamkeit widmen«, fügt er hinzu.
In dreijähriger Arbeit sei nun ein höchst sicherheitskritisches und ausfallsicheres System entwickelt worden, das ungefähr 16.000 Anforderungen erfülle. Das Zentralsteuergerät NX Next Motion könne Primärfunktionen (Gas, Bremse, Steuerung) und Sekundärfunktionen (Gangwahl, Licht, Hupe, Blinker) übernehmen.
»Jetzt geht's erst richtig los«, kündigt Arnold als Folge der Straßenzulassung weitere Tests mit Entwicklungsfahrzeugen und im Motorsport an. Erste seriennahe Systeme erwartet er im vierten Quartal dieses Jahres. »Bis wir 2026 die Serienreife erreicht haben, werden wir einen hohen zweistelligen Millionenbetrag investiert haben«, berichtet der Geschäftsführer. Doch das Start-up-Unternehmen erziele bereits jetzt erste Umsätze durch kundenspezifische Entwicklungsaufträge; im vergangenen Jahr sei ein Firmenumsatz von 3 Millionen Euro geschafft worden.
Viele Einsatzmöglichkeiten
Für die Jahre 2026 und 2027 erwartet Arnold erstmals einen positiven Cashflow beziehungsweise schwarze Zahlen. Aktuell hätten außer den 60 Beschäftigten des Unternehmens etwa 80 weitere Personen bei externen deutschen Firmen durch Projekte von Arnold Next G Arbeit.
Der Entfall von Lenksäule und Bremspedal und die vollständige Digitalisierung der Fahrzeugsteuerung bieten Arnold zufolge Sicherheitsvorteile, verringern das Fahrzeuggewicht und ermöglichen neue Innenraumgestaltungen. Gute Einsatzmöglichkeiten sieht er für das autonome Fahren und damit für das Zentralsteuergerät auch in Logistikbetrieben, Hafenterminals, bei der Enteisung von Start- und Landebahnen auf Flughäfen und in der Landwirtschaft. In etlichen Fällen seien potenzielle Kunden schon allein wegen des Mangels an Fahrern an autonomen Anwendungen interessiert.
Jüngst gaben Arnold Next G und die MAFI Transport-System GmbH (Tauberbischofsheim), führender Hersteller von Zugmaschinen für den innerbetrieblichen Transport in Seehäfen, Industrie und Logistikzentren, eine Kooperation bekannt. Sie hat das Ziel, neben serienreifen Drive-by-Wire-Neufahrzeugen auch die Nachrüstung von Bestandsfahrzeugen voranzubringen. (GEA)