Logo
Aktuell Gebäudetechnik

Bosch meldet Rekordübernahme

Stuttgarter erweitern Wärmepumpen-Sparte um Klimaanlagen-Geschäft für 7,4 Milliarden Euro

Durch die Übernahme werden sich Umsatz und Mitarbeiterzahl der Bosch-Tochter Home Comfort Group nahezu verdoppeln auf etwa 9 Mil
Durch die Übernahme werden sich Umsatz und Mitarbeiterzahl der Bosch-Tochter Home Comfort Group nahezu verdoppeln auf etwa 9 Milliarden Euro und knapp 27.000 Beschäftigte. Der Sitz der Gebäudetechnik-Tochter ist in Wetzlar. FOTO: WEISSBROD/DPA
Durch die Übernahme werden sich Umsatz und Mitarbeiterzahl der Bosch-Tochter Home Comfort Group nahezu verdoppeln auf etwa 9 Milliarden Euro und knapp 27.000 Beschäftigte. Der Sitz der Gebäudetechnik-Tochter ist in Wetzlar. FOTO: WEISSBROD/DPA

GERLINGEN. Bosch steigt mit der größten Übernahme der 138-jährigen Firmengeschichte in das globale Geschäft der Gebäudeklimatisierung ein. Der Stuttgarter Technologiekonzern übernimmt für 8 Milliarden Dollar (7,4 Milliarden Euro) das weltweite Heizungs-, Lüftungs- und Klimalösungsgeschäft für Wohn- und kleine Gewerbegebäude vom US-Konzern Johnson Controls sowie das Gemeinschaftsunternehmen Johnson Controls-Hitachi Air Conditioning (JCH).

Die Geschäfte, die Bosch nun kaufen will, erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von rund 4 Milliarden Euro. Rund 12.000 Menschen waren dort beschäftigt. Die Transaktion umfasst 16 Produktionsstätten und 12 Entwicklungsstandorte in mehr als 30 Ländern. Rund 90 Prozent des Umsatzes wurden in den USA und Asien erzielt.

Mit dem Zukauf stärke man die Präsenz in diesen Regionen, sagte Bosch-Chef Stefan Hartung. »So eröffnen wir uns weitere Wachstumschancen und stellen das gesamte Unternehmen noch robuster auf.« Der Manager hatte bereits in den vergangenen Wochen mehrfach angedeutet, Bosch mit strategischen Zukäufen stärken zu wollen.

Wachstum in USA und Asien

Integriert werden soll das neue Geschäft in die Tochter, die bis 2023 Bosch Thermotechnik hieß. Die Home Comfort Group mit Verwaltungssitz in Wetzlar (Hessen) erwirtschaftete vergangenes Jahr mit 14.600 Beschäftigten einen Umsatz von rund 5 Milliarden Euro. Umsatz und Mitarbeiterzahl des Tochterunternehmens würden sich nach Abschluss des Kaufs fast verdoppeln.

Der Unternehmensbereich ist vor allem in Europa auf dem Markt für Heizungen, Wärmepumpen und Steuerung aktiv. Zu den bekanntesten Marken gehören Buderus, Junkers oder Vulcano. Das übernommene Geschäft mit Klimatechnik zur Kühlung und Heizung ist hingegen zu 90 Prozent in den USA und Asien aktiv. "Dieser Markt wachst bis 2030 um 40 Prozent", betont Bosch-Vizechef Christian Fischer. In den USA soll das Geschäft mit Klimatechnik sogar um 50 Prozent bis Ende der Dekade zulegen. Langfristig will der Konzern vor allem die erfolgreiche Wärmepumpentechnologie mit den Klimaanlagen kombinieren und somit zusätzliche Wettbewerbsvorteile erschließen. Die Kombination soll dann auch den Märkten in Europa zugute kommen. Die neuen Bereiche passen gut zu uns, weil es unser Kerngeschäft ist", betont Fischer.

Im Geschäft mit Klimatechnik war Bosch bisher so gut wie nicht vertreten, was schon lange als Schwäche des Unternehmensbereichs galt. Deshalb konnten die Stuttgarter bisher auch in Nordamerika und Asien wenig punkten, wo Gebäude schon wegen der anderen klimatischen Voraussetzungen traditionell mit Klima-Anlagen temperiert werden. In Asien werden vor allem sogenannte Ductless-Lösungen vertrieben, die jeden Raum individuell heizen oder kühlen können. Hinzu kommen Klimatisierungssysteme mit variablem Kältemittelfluss. »Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt«, umschreibt Fischer die Arbeit, diese Lücke im Konzern zu schließen.

»Wir sind jetzt global wettbewerbsfähig«, erklärt Jan Brockermann, der für den Bereich verantwortlich ist. Mit der Übernahme kann Bosch in den USA bereits etablierte Produkte unter den lokal bekannten Marken Coleman und York sowie in Asien unter Hitachi verkaufen.

Die Übernahme ist die mit Abstand größte Einzelinvestition von Bosch. Davon gehen 6,7 Milliarden Dollar an Johnson Controls, der Rest an Hitachi. Die Japaner halten 40 Prozent an dem 2015 gegründeten Klimaanlagen-Joint-Venture. Hitachi behält sein Geschäft mit Klimatechnik für Datencenter. »Wir finanzieren es aus eigener Kraft«, versichert Bosch-Chef Hartung. Die historisch große Übernahme begrenze somit nicht den Spielraum des Unternehmens. Der Kauf gehe also nicht zu Lasten der anderen Geschäftsfelder, sondern auch die würden dadurch gestärkt, dass der Konzern insgesamt stabiler dastehe, so Hartung.

Bosch ist weltweit der größte Zulieferer der Autoindustrie, ein Bereich der seit Jahren unter niedrigen Renditen und schleppendem Geschäft leidet. Anfang des Jahres war deshalb der Abbau von mehr als 5.000 Stellen angekündigt worden. Das hatte im Frühjahr heftige Proteste der Mitarbeiter ausgelöst. Daraufhin wurden die Pläne abgemildert. Die meisten Stellen sollen jetzt durch Fluktuation und Versetzungen wegfallen. Konzernchef Hartung will die Abhängigkeit vom Autogeschäft verringern, das zuletzt noch 60 Prozent des Gesamtumsatzes getragen hat. Mit 429.000 Beschäftigten hat Bosch im vergangenen Jahr 91,6 Milliarden Euro erzielt.

Die Zustimmung der Kartellbehörden vorausgesetzt, soll die Übernahme innerhalb der nächsten zwölf Monate vollzogen werden. Fischer rechnet allerdings damit, dass es »zwei bis drei Jahre« dauern wird, bis der Zukauf vollständig im Konzern integriert ist. (GEA)