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Zwiefalter Festspiele: Bildgewaltige Reise in die Historie

Mehr als 170 Schauspieler lassen 500 Jahre Orts- und Braugeschichte vor der barocken Kulisse des Münsters lebendig werden: Im Jahr 2012 feierten die Zwiefalter Festspiele Premiere, nach fünf Jahren Pause kehren sie nun auf die Open-Air-Bühne zurück. Vom 8. bis 11. August gibt es fünf Aufführungen. Dahinter stehen die Gemeinde, der Tourismus- und Gewerbeverein und die Zwiefalter Klosterbrauerei, unterstützt vom GEA als Medienpartner.

Die eindrucksvolle Kulisse direkt vor dem berühmten Westportal des Zwiefalter Münsters bietet den perfekten Rahmen für die Festspiele. Foto: PR
Die eindrucksvolle Kulisse direkt vor dem berühmten Westportal des Zwiefalter Münsters bietet den perfekten Rahmen für die Festspiele.
Foto: PR

ZWIEFALTEN. Es ist eine Zeitreise in Bildern, an der sich ein großer Teil der Bürger beteiligt: Exakt 177 Menschen aus Zwiefalten und den Ortsteilen schlüpfen in originalgetreue Kostüme, um die Entdeckung des »göttlichen Trunk« durch die Benediktinermönche im Jahr 1521 zu erzählen. Wer und was steckt hinter der Geschichte? Und was macht die 90-minütige audio-visuelle Inszenierung so einzigartig? Beteiligte erzählen.

Peter Baader ist Geschäftsführer der Zwiefalter Klosterbräu in sechster Generation – seine Familie hat die Brautradition nach den Benediktinern übernommen. Er ist aber auch Ideengeber der Festspiele und Urheber des Textbuchs, das 500 Jahre Braugeschichte im Zeitraffer erzählt. »So oder so ähnlich hat es sich einst zugetragen«: Mit diesem Satz beginnt die Geschichte, in der historische Fakten mit der fiktiven Figur des Bauernjungen und späteren Mönchs Benedikt verwoben werden. 1521 wurde im Benediktinerkloster zu Zwiefalten das erste Bier gebraut. Kloster- und Bauernleben, rauschende Feste, die Gräuel des Dreißigjährigen Kriegs und der Pest, das Ende des Klosterlebens mit der Säkularisation: Das Bürgertheaterstück lässt in bildgewaltigen Massenszenen Welt- und Ortsgeschichte lebendig werden. Wie in den vergangenen Jahren schon steht Baader selbst auf der Bühne: Er spielt seinen jungen Urgroßvater, Albert Baader, der als Brauer aus Kappel bei Bad Buchau die Brautradition der Benediktiner übernimmt. Mit seinem Auftritt enden die Festspiele im Jahr 1887. Wichtig ist Baader: Die Festspiele sind kein Loblied auf seinen Betrieb allein, sondern auf die Braukunst im Allgemeinen. Die chemische Erklärung der Hefe-Gärung beispielsweise, erklärt Baader, war damals noch unbekannt – entsprechend geheimnisumwoben und dem Zufall überlassen war der Alkoholgehalt des Biers. Dessen Wirkung wurde im Mittelalter zudem gerne durch andere, teils giftige Substanzen wie die Tollkirsche verstärkt. Die fatalen Folgen waren die Ursache dafür, dass schließlich das Reinheitsgebot erlassen wurde.

FOTOS: PR
FOTOS: PR Foto: Gea
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Foto: Gea

Friedemann Benner erzählt die Geschichte live. Der Musiker und Sprecher ist nach vielen Jahren in Berlin wieder zurück in die alte Heimat gekehrt, lebt nun in Riedlingen und war von den Zwiefalter Festspielen sofort begeistert. Der Mann, der schon Filmfiguren in »Shrek«, »Madagaskar« und »Sponge Bob« seine Stimme geliehen hat, führt auch Regie, hat den Text leicht bearbeitet und neue Ideen eingebracht. So wird er nicht, wie der bisherige Sprecher, aus dem Off erzählen, sondern auf der Bühne sichtbar sein.»Ich führe die Zuschauer in die Spielszenen hinein.« Denn die Bilder sind mit ihren vielen Darstellern, Details und gleichzeitig ablaufenden Aktionen so üppig, dass man manchmal gar nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll. Die Darsteller – auch die Hauptdarsteller – selbst haben keinen oder nur ein paar wenige Sätze Text. Letztere wurden von den Darstellern auch schon eingesprochen und aufgezeichnet, ob jemand bei den Vorstellungen live auf der Bühne spricht oder ob der Text aus der »Konserve« kommt, entscheidet jede(r) selbst.

Foto: Thomas Warnack
Foto: Thomas Warnack

Emil Fundel und Sigmund F. Schänzle gehören zu denjenigen, die tragende Rollen spielen. Der 15-jährige Emil war schon dabei, als er noch ein Kleinkind war – seine Eltern Jochen und Sofia nahmen ihn einfach auf die Bühne mit. Die Festspiele sind bis heute Familiensache, Jochen Fundel glänzt in der Rolle des Brauers Anton Götz, der den ganz eigenen kantigen Tigerfelder Slang spricht. Und auch Emil hat in diesem Jahr eine tragende Rolle: Die Hauptfigur Benedikt taucht in drei Lebensphasen im Stück auf, Emil spielt die mittlere davon, den jugendlichen Benedikt, der mit seinem Vater auf den Feldern der Abtei arbeitet, aber nach Bildung strebt und sich im Kloster schließlich seinen Traum verwirklicht. »Ich bin aufgeregt, freue mich aber auch sehr darauf«, sagt Emil Fundel, der schon ein bisschen Theatererfahrung in der Schule gesammelt hat.

 

Und auch Sigmund F. Schänzle ist es gewohnt, vor vielen Menschen aufzutreten – allerdings in ganz anderer Funktion. Er ist Pfarrer in Zwiefalten und spielt im Stück einen seiner Amtsvorgänger, den Abt Beda. »Die Rolle hat etwas Reifes, Erhabenes«, sagt Peter Baader, der überzeugt davon ist, dass Schänzle sie mehr als erfüllt. Der Pfarrer war selbst 18 Jahre lang in der Benediktinerabtei Ochsenhausen tätig, »diese Spiritualität ist mir sehr ans Herz gewachsen«, bekennt er. Das Stück, findet er, gibt Einblicke in das Leben und Arbeiten eines Klosters und seiner Umgebung in früheren Zeiten, die nicht weit hergeholt sind.

Anita Bendel ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Zuschauer visuell von Anfang an tief in die Zeit des Geschehens eintauchen. Die Kulisse selbst steht schon, dafür muss sie nicht viel tun: die Fassade des Münsters. Fürs Bühnenbild davor, die Requisiten und Kostüme aber ist Anita Bendel zuständig, unterstützt wird sie von mehreren Helfern. »Unsere Rentner«, erzählt sie liebevoll, haben einen Brunnen und einen Sudkessel gebastelt. Sie fassen geduldig Ähren in Holzrahmen, um daraus die Illusion eines Getreidefelds entstehen zu lassen und bauen Orgelpfeifen aus Kartonagen: »Aus wenig Material wird da viel gemacht«, lobt sie. Auch 177 Darsteller einzukleiden ist keine kleine Aufgabe: Es gibt Soldaten, Mönche und adlige Herrschaften, Bauern, Waschfrauen, bunte Gaukler und dunkle Gestalten, die die Pest verkörpern. Anfangs kamen die Gewänder aus einem Kostümhaus in Ulm, als dessen Besitzerin altershalber aufhörte, haben die Zwiefalter die Bestände aufgekauft. Was dann noch fehlt, wird vom Naturtheater im benachbarten Hayingen geliehen.

Alexandra Hepp ist Bürgermeisterin von Zwiefalten, führt gemeinsam mit Peter Baader den Tourismus- und Gewerbeverein und ist Schirmherrin der Festspiele. Ihr Vorgänger Matthias Henne stand damals selbst auf der Bühne. Hepp hat früher zwar selbst im schwäbisch-humoristischen Laientheater mitgespielt, will aber zumindest dieses Mal lieber noch auf den Zuschauerrängen Platz nehmen. Sie ist stolz auf ihre Zwiefalter, die den Ort mit ihrer Gemeinschaftsleistung für vier Tage in den Ausnahmezustand versetzen und sich dabei auch auf einer völlig anderen Ebene als im Alltag begegnen. »Sie bringen damit ihre tiefe Verbundenheit mit der Heimat zum Ausdruck«, fasst Hepp ihre Wertschätzung in Worte. Manche Vereine oder Gruppen treten geschlossen an – so wie zum Beispiel die Hütte Sonderbuch, deren Mitglieder als Mönche dabei sind. Auch touristisch sind die Festspiele von großer Bedeutung: »Sie sind ein großes kulturelles Ereignis und ein bedeutendes Aushängeschild unserer Gemeinde«, betont die Bürgermeisterin. 300.000 Tagesgäste zählt Zwiefalten jedes Jahr – das Münster, aber auch die Brauerei und die Events des Tourismus- und Gewerbevereins ziehen. Eines davon flankiert die Vorstellung am Samstag, 10. August: Beim Vespermarkt auf dem Rathausplatz bieten regionale Erzeuger von 16 bis 22 Uhr ihre Produkte zum gleich Essen und Mitnehmen an. (GEA)

 

Vom 8. bis 11. August wird an vier Abenden jeweils um 21 Uhr gespielt, Einlass ist ab 19 Uhr. Eintrittskarten sind im Vorverkauf beim GEA im Service Center am Burgplatz in Reutlingen, im Rathaus in Zwiefalten, im Bierhimmel der Zwiefalter Klosterbräu

Vom 8. bis 11. August wird an vier Abenden jeweils um 21 Uhr gespielt, Einlass ist ab 19 Uhr. Eintrittskarten sind im Vorverkauf beim GEA im Service Center am Burgplatz in Reutlingen, im Rathaus in Zwiefalten, im Bierhimmel der Zwiefalter Klosterbräu oder online erhältlich. Außerdem wird für alle Vorstellungen ein Abendkassen-Kontingent vorgehalten. Aufgrund der großen Nachfrage gibt es am Sonntag, 11. August, kurzfristig noch eine zusätzliche Nachmittagsvorstellung um 15 Uhr. Wichtig: Tickets für diese Vorstellung sind nur online über die Festspiel-Seite sowie an der Tageskasse verfügbar. Vor und nach den Aufführungen sowie während der Pause gibt es Getränke- und Essensstände.

Die Tribüne ist nicht überdacht, gespielt wird bei jedem Wetter – Zuschauer sollten daher an entsprechende Kleidung denken. (GEA)

www.zwiefalter.de/festspiele