TROCHTELFINGEN. Das ist ein Glücksfall für Trochtelfingen: Eigentlich würde die Stadt nicht die Förderkriterien für das Projekt IHK-Innenstadtberater erfüllen. Das Landeswirtschaftsministerium unterstützt damit nämlich Städte und Gemeinden mit 10.000 bis 50.000 Einwohnern. Davon ist Trochtelfingen mit noch unter 7.000 Einwohnern weit entfernt, aber die Stadt hat viel Potenzial und eine besondere Versorgungsfunktion auf der Alb, weswegen das Verfahren, um Verbesserungen auszuloten, auch im Städtle ablaufen konnte und das Ministerium eine Ausnahmegenehmigung erteilte. Vincent Schoch, Leiter Handel und Einpersonen- und Kleinunternehmen bei der IHK Reutlingen hat dem Gemeinderat nun die Ergebnisse aus Innenstadtchecks, Umfragen und Untersuchungen vorgestellt, die in Themenfelder und Maßnahmen münden, die das Ziel haben, eine lebendige Innenstadt und einen attraktiven Einzelhandel zu entwickeln.
Die Stadt hatte sich auf Initiative des Werbekreises um die Teilnahme am Innenstadtberater-Projekt beworben, das von Juni bis November stattfand. Für das Projekt wurde eine Aktionsgruppe gebildet, die aus verschiedenen Interessengruppen und Akteuren zusammengesetzt war. Beteiligt waren unter anderem Vertreter des Gemeinderats, des Einzelhandels, der Vereine, der Bücherei, der Wohngruppe Mariaberg und junger Menschen. Durchschnittlich 15 Personen trafen sich regelmäßig, die zunächst einmal bei einem Stadtspaziergang die Trochtelfinger City unter die Lupe nahm, vornehmlich die Marktstraße. Danach fanden Workshops statt, es gab auch eine Passanten- und eine Online-Umfrage sowie eine Befragung der Einzelhandelsunternehmen und einen Digitalisierungs-Check. Danach wurden gemeinsam die Stärken und Schwächen ausgelotet.
Es sei innerhalb der Aktionsgruppe stets Konsens gewesen, dass die mögliche Umsetzung an die jeweilige Finanzierbarkeit gekoppelt sein müsse. Aber es gibt auch Ideen, die ohne großen finanziellen Aufwand und mit potenziellen Unterstützern realisiert werden könnten. Die Ergebnisse des Projekts sollen in den Quartiersprozess für Schloss und Altstadt integriert werden. Der Projektstart dafür sollte in der Sitzung des Gemeinderats am heutigen Dienstag fallen, ist aber wieder von der Tagesordnung abgesetzt worden.
Gewünscht: Platz zum Verweilen
Beim Stadtspaziergang der Aktionsgruppe ging es um Verkehr und Schloss, Verbesserungspotenzial bei Verweilmöglichkeiten, Begrünung, eine öffentliche Toilette, das Thema Sauberkeit, insbesondere um Mülleimer und Aschenbecher, mangelnde Spielplätze und Angebote für Jugendliche.
Die Gesamtattraktivität der Trochtelfinger Innenstadt bewerteten Passanten bei der Befragung mit der Note 2,17 – sie gaben ihre Antwort allerdings als Besucher des Stadtfestes – bei der Online-Befragung vergaben die Menschen eine 3,24. Vor allem Flair und Ambiente sind ein Pfund, mit dem die Innenstadt punktet, Pluspunkte sind der Wochenmarkt, dass es einen aktiven Werbekreis gibt und dass sich die Stadtverwaltung des Themas annehme. Situationen, die eher negative Resonanz erhalten, sind Gastronomie, Parkplatz- und Einzelhandelsangebot sowie die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV.
Was kann man also tun, um das Städtle attraktiver zu machen? Handel- und Gewerbetreibende müssen sichtbar sein – auch in den sozialen Netzwerken. Aber auch live und vor Ort. Eine weitere Möglichkeit, sich zu präsentieren, könnte das Amtsblatt bieten. Dafür bedürfe es aber eines Relaunches und könnte künftig ein »moderner, informativer und unterhaltsamer Magalog« sein.
Viele Ideen
»Es soll die Identität der Stadt stärken und Mehrwert durch innovative Inhalte und Design bieten. Darüber hinaus sollte eine Vollverteilung in einem bestimmten Rhythmus angestrebt werden«, erläutert Schoch. Denn immerhin würden sich laut den Ergebnissen der Passanten- und Online-Befragungen bis zu circa 60 Prozent der Befragten über Angebote in der Innenstadt über das Amtsblatt informieren. Auch Ausflugstipps könnten veröffentlicht werden, Bilder von Trochtelfingen früher und heute gegenübergestellt werden, Betriebe könnten sich vorstellen oder die Bücherei Lesetipps geben. Ein lokaler Künstler könnte ein Trochtelfingen-Wimmelbild mit der Altstadtkulisse als Motiv malen, in dem ein Trofi-Maskottchen gesucht werden muss. Als Preisausschreiben angelegt, könnten Gutscheine zu gewinnen sein.
Wie lockt man Besucher von außerhalb in die Stadt, die nicht zwingend im gedruckten Amtsblatt blättern? Natürlich muss Leerständen mit kreativen und zukunftsorientierten Konzepten begegnet werden, so könnte etwa ein 24/7-Automaten-Laden entstehen oder eine alternative Nutzung leerer Geschäfte überdacht werden. Und beim Nudelhersteller Alb-Gold, der großer Anziehungspunkt, aber außerhalb der Innenstadt gelegen ist, sind die Angebote im Städtle wenig sichtbar. Dort könnte ein Präsentationsbereich eingerichtet werden, der mittels interaktiver Elemente digital informiert und Menschen den Weg in die Stadt und zu den Erlebnissen dort weist.
Beach-Bar am Schlossplatz
Was kurzzeitig richtig zusätzliches Leben in die Stadt bringen könnte, ist eine Sommer-Aktion auf dem Schlossplatz, die Schoch erläutert: Arbeitstitel »Beach-Bar«. So könnte ein pulsierender Treffpunkt mit Urlaubsflair entstehen, gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden. Ein Beach-Volleyballplatz könnte sportliche Betätigung ermöglichen, auf der Sandfläche könnten aber auch – unter Integration der Vereine – unterschiedliche Microevents stattfinden, zum Beispiel eine Silent Disco, eine Märchenstunde, kleine kulturelle Veranstaltungen.
Um dem Wunsch nach Barrierefreiheit in der Marktstraße gerecht zu werden, wäre das teilweise Abschleifen des Kopfsteinpflasters eine mögliche Variante. »Wir machen uns auch Gedanken darüber, wo es Fördertöpfe gibt«, sagt Schoch. Und Bürgermeisterin Katja Fischer erklärt: »Wir nehmen das alles in den Quartiersprozess mit.« (GEA)