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Aktuell Kulinarik

Von der Nordseeküste bis in die Karibik: Bleichstetten isst international

In der Sportgastätte in Bleichstetten fand zum ersten Mal ein internationales Spezialitäten-Büffet statt, bestückt von St. Johanner mit Wurzeln in der Fremde. Die Organisatoren Maureen Roller und Peter Hüser sind überwältig von der Resonanz.

Ein Prost auf die ungarisch-ukrainische Tischnachbarschaft mit deutscher Beteiligung : Rainer Ulbrich (links), Emese Sigmond und
Ein Prost auf die ungarisch-ukrainische Tischnachbarschaft mit deutscher Beteiligung : Rainer Ulbrich (links), Emese Sigmond und Ivan Hrykorovych stoßen auf den Erfolg der Premieren-Veranstaltung an. Foto: Kirsten Oechsner
Ein Prost auf die ungarisch-ukrainische Tischnachbarschaft mit deutscher Beteiligung : Rainer Ulbrich (links), Emese Sigmond und Ivan Hrykorovych stoßen auf den Erfolg der Premieren-Veranstaltung an.
Foto: Kirsten Oechsner

ST.JOHANN-BLEICHSTETTEN. Mehr Herzensküche geht kaum: Menschen aus der Fremde, die zum Teil seit Jahrzehnten gerne und bewusst in den St. Johanner Teilorten leben, bestückten am Donnerstag im Bleichstetter Sportheim ein liebevoll gestaltetes Büffet mit landestypischen Gerichten aus ihrer Heimat. Und dazu zählt neben dem ungarischen Lecsó, einem Schuba-Salat aus der Ukraine oder spanischen Tortillas auch Labskaus aus dem Norden Deutschlands. Und dann ist da auch noch der etwas andere Kartoffelsalat zu erwähnen, nicht der schwäbische mit Essig, Öl und Brühe. Sondern derjenige mit klein geschnippelten Gurken, Fleischwurst und jeder Menge Mayonnaise, mitgebracht haben ihn Liane und Mario Janisch aus Preußen. Die beiden vor über 30 Jahren Zugezogenen geben zu, dass sie sich an den hiesigen erst gewöhnen mussten – andersherum sei’s ja nicht anders: »Jetzt machen wir beide«, meinen sie schmunzelnd.

Am Tag der Deutschen Einheit wurde in der ehemaligen »Waldgaststätte« eines deutlich: Nicht nur Liebe geht den Magen, sondern auch Verständnis und Toleranz. Wer miteinander isst, kommt über den Rezeptaustausch hinaus ins Gespräch, zeigt sich offen und neugierig. Das ist auch gut so, wie Helmut Werz aus St. Johann hofft: »Wer miteinander gegessen hat, wird auch nicht aufeinander schießen.« Klar kommen in jetzigen Zeiten solche Gedanken auf und wissen die Besucher um die Bedeutung eines solchen niederschwelligen internationalen Miteinanders. Aber er genieße durchaus auch das Urlaubsfeeling in dieser altschwäbischen Ex-Gaststäte, gibt der St. Johanner zu: »Ich genieße die Kulinarik, bin auch im Urlaub offen für alles.«

Überwältigte Organisatoren

Für gutes Essen aus aller Welt musste am Donnerstag niemand in ein Flugzeug steigen, maximal ins Auto: Rund 8.000 Kilometer Luftlinie und ein ganzer Ozean liegen zwischen Paraguay und Südafrika, auf dem Büffet waren sich die Sopa Paraguaya und das Rinderhack-Gericht Bobotie aus Südafrika ganz nah. Mitgebracht hatte die Spezialität Karin Peschut aus Bleichstetten, die es vor 42 Jahren auf die Schwäbische Alb verschlagen hat. Längst heimisch geworden, blickt sie auf ihre kulinarischen Anfangszeiten zurück. Mit der Maultasche habe sie etwas gefremdelt, gesteht sie lachend: »Ich fand sie furchtbar fad.« Und dann noch die Art, wie die »Herrgottsbscheißerle« gegessen werden: Mit Kartoffelsalat in der Brühe. Vergessen und vorbei die Vorbehalte, mit der Küche der Region habe sie sich längst angefreundet. Die war selbstverständlich auch vertreten mit Linsen und Spätzle oder auch einem klassischen Zwiebelkuchen.

»Wir müssen zusammenrücken«, erklärt Roswitha Metzger, die aus Ravensburg angereist war. In Bleichstetten war‘s der Fall, bereits eine halbe Stunde nach offiziellem Start in den internationalen Spezialitätentag war an den Tischen kein Platz mehr frei. Es entwickelten sich zwischen vermeintlich Fremden spontane Gesprächsrunden, diese Eigendynamik freute die beiden Initiatoren Peter Hüser aus dem norddeutschen Glückstadt und Maureen Roller von der Karibikinsel Jamaica. Sie hätten gehofft, dass ihre Idee ankommt, doch der Erfolg der Veranstaltung überwältige sie regelrecht. Auch Bärbel Neugebauer-Lenz zeigte sie begeistert, die Seniorin stammt eigentlich aus Dortmund: »Das nächste Mal mache ich mit«, erklärt sie und überlegt bereits, welche Spezialität aus dem Ruhrpott sie beisteuern könnte.

Wiederholung nicht ausgeschlossen

Dass es eine Wiederholung gibt, schließen die beiden Ideengeber – unterstützt hatte sie der Eninger Flüchtlingsbeauftragte Alan Arslan - nicht aus. Der Erfolg gebe ihnen recht und das Ziel, die Welt im Kleinen zusammenzubringen, habe man erreicht. Aber, so Hüser: »Wir ziehen erst einmal Bilanz und schauen, was umsetzbar ist.« Doch erste Ideen kursieren bereits in den Köpfen der Organisatoren, die für die Premieren-Veranstaltung ihre privaten Netzwerke genutzt und aktiviert hatten. Eine erste Idee macht sich breit: »Wie wäre es mit einer Teigtaschen-Challenge«, meint Hüser augenzwinkernd. Denn eines wurde am Donnerstag deutlich: So unterschiedlich die Länderspezialitäten auch sind, auf der ganzen Welt werden Köstlichkeiten in Teige verpackt, es wird gerollt, frittiert und geschmort. Möglichkeiten für kulinarische Thementage gibt’s also genug.

Süßes fehlte selbstverständlich nicht und die Köche hatten auch daran gedacht, dass das Gegessene verdaut werden muss. Die Ungarn – vertreten durch Emese Sigmond und Rainer Ulbrich – und Ivan Hrykorovych aus der Ukraine ließen es sich nicht nehmen, auf ihre Tischnachbarschaft am Büffet mit Szölö, einem Traubenschnaps, und Wodka anzustoßen. Die gemeinsame Sprache hierbei war Deutsch: »Prost«! (GEA)