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Trotz Arthrose in Bewegung in bleiben

Viele Besucher informierten sich in der Albklinik in Münsingen über das Thema künstlicher Gelenkersatz

Beim Medizinforum in Münsingen konnten sich Besucher in der begleitenden Ausstellung verschiedene Prothesen erklären lassen.   F
Beim Medizinforum in Münsingen konnten sich Besucher in der begleitenden Ausstellung verschiedene Prothesen erklären lassen. FOTO: LEIPOLD
Beim Medizinforum in Münsingen konnten sich Besucher in der begleitenden Ausstellung verschiedene Prothesen erklären lassen. FOTO: LEIPOLD

MÜNSINGEN. Arthrose ist der häufigste Grund für einen künstlichen Gelenkersatz. Der Knorpel im Gelenk verschleißt mit den Jahren, die Knochen beginnen aneinander zu reiben und sich zu verändern. Der entstehende Schmerz kann die einfachsten Dinge im Alltag zur Qual werden lassen. »Wenn Knochen auf Knochen reibt, hört man das, es bedeutet nicht, dass der Mann oder die Frau noch knackig ist«, sagte Eberhard Rall, leitender Oberarzt der Albklinik Münsingen, beim Medizinforum. Dieses thematisierte am Dienstagabend im »Grünhaus« der Albklinik Münsingen die Endoprothetik, den künstlichen Gelenkersatz, und wurde vom Reutlinger General-Anzeiger und den Kreiskliniken Reutlingen organisiert.

Der Andrang war groß. Mehr als 100 Besucher interessierten sich für das Thema und nutzten die begleitende Ausstellung, um sich die künstlichen Gelenke genau anzusehen und Hilfsmittel für den Alltag auszuprobieren. Die Fragerunden zwischen den Kurzvorträgen boten die Möglichkeit, Antworten auf spezifische Probleme zu erhalten. So erfuhren die Gäste, dass beide Kniegelenke prinzipiell in einer OP ersetzt werden können – ob der Patient die Schmerzen möchte, ist eine andere Frage – und dass die Einnahme von Cortison Arthrose begünstigen kann.

»Durch ein neues Gelenk können wir nicht die Uhr zurückdrehen«

Die Diagnose Arthrose bedeutet nicht, dass das Knie-, Hüft- oder Schultergelenk sofort ersetzt werden muss. »Wir schauen stattdessen, ob es besser wird durch eine vorübergehende Schonung, Krankengymnastik oder Muskelaufbau«, erklärte Alexander Böhringer, Oberarzt der Unfallchirurgie der Reutlinger Kliniken. Die Operation steht ganz am Ende des Leidenswegs, wenn die konservative Therapie keine Schmerzlinderung mehr bringt.

Die Diagnostik ist ein langer Weg, an dessen Ende beim Schultergelenk verschiedene Prothesen mit modularen Systemen stehen. Je nach Ergebnis ist ein knochenschonender Oberflächenersatz möglich. Inverse Prothesen kommen beispielsweise bei Trümmerbrüchen zum Einsatz.

Auch bei der Hüfte wird ganz genau hingeschaut, erklärte Rall. Der Körperbau lasse beispielsweise nicht automatisch auf die Knochengröße schließen. Häufig wird eine Hüft-Total-Endoprothese implantiert. Je nach Knochenzustand mit oder ohne Zement. »Durch ein neues Gelenk können wir nicht die Uhr zurückdrehen«, betonte Rall. Körperliche Schwerstarbeit sei tabu, bei Männern besonders das Bücken, um den Geschirrspüler auszuräumen oder um in den Ofen zu gucken, scherzte er zur Erheiterung der Herren.

Ähnlich diffizil wie das Schulter- ist das Kniegelenk. Dieses wird mit verschiedenen Röntgenaufnahmen genau analysiert. »Wir wollen funktionell günstige Achsen herstellen, die dem jugendlichen Bein entsprechen«, erklärte Klaus Kolb, Chefarzt der Unfallchirurgie der Kreiskliniken Reutlingen und Leiter des Endoprothetikzentrums Reutlingen. Mögliche Prothesen sind der Schlitten, der einen Teil des Kniegelenks ersetzt, oder ein kompletter Kniegelenkersatz. Der Eingriff beim Schlitten ist kleiner, er hat eine bessere Funktion, nach der OP ist die Reha kürzer und die Standzeit ist ähnlich der beim kompletten Ersatz. Bei der Knie-OP wird bei Fehlstellungen darauf geachtet, dass sie in leichter Form belassen wird.

Unabhängig davon, welches Gelenk ersetzt wird: Keine Operation ist ohne Risiko. Mit den Jahren können sich die Prothesen lockern, die Gelenke verkalken oder körpereigene Keime eine Infektion auslösen. Die Infektionsrate liegt bei einem Prozent. Deshalb sei es beispielsweise wichtig, eine Zahnsanierung vor der Operation beendet zu haben. Aus diesem Grund zählen Diabetiker zu den Risikopatienten. »Sie haben Probleme mit der Wundheilung und deshalb ein hohes Infektionsrisiko«, beantwortete Kolb die Frage eines Besuchers.

»Der Knochen vergisst keine Zigarette«

Der Schlüssel bei Arthrose ist die Bewegung – präventiv, direkt vor und nach der Operation. "Sie müssen aktiv etwas für sich tun", betonte Eva Karches, leitende Physiotherapeutin der Kreiskliniken Reutlingen. Bewegung entlaste das Gelenk und stabilisiere. Physiotherapeuten helfen dabei einen individuellen Bewegungsplan zu erstellen, geben auch Tipps bei Ernährung, denn Übergewicht ist eine häufige Ursache für Arthrose. Aber auch das Rauchen. »Der Knochen vergisst keine Zigarette«, betonte Rall.

In der Klinik helfen die Physiotherapeuten nach der OP wieder in Bewegung zu kommen: Richtig aus dem Bett aufzustehen, alleine ins Bad zu gehen. Das Entlassziel ist die vollständige Beweglichkeit für den Alltag – mit viel Bewegung. Ob nun golfen, tanzen, Radfahren oder schwimmen, Hauptsache ist, es macht Lust und Laune. (GEA)