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So wichtig ist die Psychiatrie Zwiefalten für den Landkreis Reutlingen

Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler besucht den Standort Zwiefalten des Zentrums für Psychiatrie.

Die ZfP-Regionaldirektoren Gerhard Längle (links) und Dieter Haug (rechts) zeigten Landrat Ulrich Fiedler unter anderem das neue
Die ZfP-Regionaldirektoren Gerhard Längle (links) und Dieter Haug (rechts) zeigten Landrat Ulrich Fiedler unter anderem das neue Unterstützungszentrum. FOTO: ZFP ZWIEFALTEN
Die ZfP-Regionaldirektoren Gerhard Längle (links) und Dieter Haug (rechts) zeigten Landrat Ulrich Fiedler unter anderem das neue Unterstützungszentrum. FOTO: ZFP ZWIEFALTEN

ZWIEFALTEN. Rund 470 psychisch erkrankte Menschen werden im Klinik- und Heimbereich des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg am Standort Zwiefalten betreut. Das ZfP spielt für die Gesundheitsversorgung im Landkreis Reutlingen eine zentrale Rolle, zugleich ist es ein wichtiger Arbeitgeber. Landrat Dr. Ulrich Fiedler nahm sich bei einem Besuch die Zeit, die Einrichtung und die Menschen dahinter kennenzulernen.

Die Regionaldirektoren Professor Dr. Gerhard Längle und Dieter Haug sowie Ralf Aßfalg, der als pflegerischer Direktor und langjähriger Gemeinderat in Zwiefalten in doppelter Funktion dabei war, sprachen mit Fiedler über grundsätzliche Themen und aktuelle Herausforderungen in der Psychiatrie.

Das ZfP erfüllt als Anstalt öffentlichen Rechts einen psychiatrischen und psychosomatischen Versorgungsauftrag zwischen Bodensee und Stuttgart, schilderte Haug. Es hat Standorte in Zwiefalten, Bad Schussenried und Weissenau. Inklusive seiner Tochterunternehmen, zu denen auch die Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt) gehört, beschäftigt das ZfP Südwürttemberg 5 000 Mitarbeitende und macht einen Umsatz von 320 Millionen Euro.

Geld, das in den Erhalt und Ausbau von Versorgungsstrukturen sowie faire, tarifgebundene Löhne und gute Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende fließe, betonten die Regionaldirektoren. Eine reine Gewinnorientierung ist durch die Form einer Anstalt öffentlichen Rechts ausgeschlossen. Zwiefalten hat 1 600 Einwohner, das ZfP beschäftigt mehr als 700 Menschen allein an diesem Standort. Für rund 170 von ihnen ist Zwiefalten auch Wohnort. Die kleine Gemeinde lebt mit und ein Stück weit auch von »ihrer« Klinik: Die Infrastruktur ist dichter als in anderen Orten vergleichbarer Größe, »viele Geschäfte, Dienstleister und auch den Polizeiposten gäbe es ohne ZfP nicht mehr«, so Aßfalg.

Schwerpunkt Maßregelvollzug

Ein Schwerpunkt am Standort Zwiefalten ist der Maßregelvollzug nach Paragraf 64 Strafgesetzbuch: Hier werden Straftäter therapiert, deren Vergehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Alkohol- oder Drogenkonsum stehen. Die forensische Psychiatrie, wie der Maßregelvollzug auch genannt wird, leidet unter den stetig wachsenden Zuweisungszahlen seitens der Gerichte. Die Kliniken sind voll, auch in Zwiefalten. »Vor zehn Jahren hatten wir 85 Plätze im Maßregelvollzug, inzwischen sind es 130«, so Längle. Der Druck vonseiten der Politik sei immens. Längle erteilte einer Erweiterung am Standort Zwiefalten eine klare Absage: »Wir wollen nicht mehr.« Man wolle den kleinen Ort nicht mit einer weiteren Verdichtung belasten.

Er kritisierte zugleich die richterliche Zuweisungspraxis: »Hier landen inzwischen zu viele, die keine Suchtpatienten, sondern ganz normale Straftäter sind.« Ihre Unterbringung in der Psychiatrie, die allgemein als angenehmer gilt als die im Gefängnis, haben seiner Ansicht nach etliche vor allem dem Geschick ihrer Anwälte zu verdanken. Dementsprechend hoch, so Längle, ist die Abbrecherquote: 50 Prozent werden, weil sie gegen Therapieauflagen verstoßen, nicht kooperieren oder schlicht keine behandlungsbedürftige Suchtproblematik haben, ins Gefängnis verlegt.

An das Gespräch schloss sich ein Rundgang durch verschiedene Klinikbereiche an. Großes Interesse zeigte Fiedler auch an der ZfP-eigenen Gesundheits- und Krankenpflegeschule. Auch ambulante Dienste, dezentrale Wohngruppen und offene Angebote in Tagesförderstätten spielen in der Psychiatrie eine große Rolle.

Anlaufstelle mitten im Ort

In deren Ausbau und Weiterentwicklung investiert das ZfP gezielt. Das jüngste Projekt ist das neu eröffnete Unterstützungszentrum mitten im Ort, das Fiedler ebenfalls besuchte. Das offene Haus bietet vor allem Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen eine verlässliche Anlaufstelle, wo sie professionell und individuell betreut und gefördert werden: Von Tischkicker spielen und plaudern bis hin zu kleineren Montagearbeiten, die Klienten auf eine Tätigkeit in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung vorbereiten, die das ZfP in enger Kooperation mit der Bruderhaus-Diakonie betreibt, ist vieles möglich.

Der Landrat zeigte sich beeindruckt und sicherte den ZfP-Regionaldirektoren grundsätzliche Gesprächsbereitschaft in jeder Hinsicht zu: »Ich bin jederzeit offen dafür, im Rahmen des geltenden Rechts gesellschaftliche Interessen auszuloten und mich persönlich einzubringen.« (eg)