ZWIEFALTEN/ROTTENBURG. »Ich bin dann mal weg« – seit der Veröffentlichung des Tagebuchs zum Jakobusweg von Comedian Hape Kerkeling hat ein »Pilger-Boom« eingesetzt. Man muss aber nicht gleich zum »camino« nach Santiago de Compostela aufbrechen: Seit zehn Jahren bietet der Martinusweg, die »Via Sancti Martini«, eine regionale und überschaubare Möglichkeit des Pilgerns, die von immer mehr Menschen genutzt wird.
Zwei alternative Routen führen durch den Landkreis Reutlingen und durch angrenzende Gebiete, darunter der Hauptweg, der von Ehingen herkommend mit 30 Kilometern Wegstrecke vom »Peters Käppele« bei Baach über Zwiefalten, das Geisinger Tal, Kettenacker und Wilsingen nach Trochtelfingen führt. Der regionale »Martinusweg Zwiefalter-Reutlinger Alb« mit über 100 Kilometern Gesamtlänge führt in fünf Etappen von Zwiefalten über Hayingen, durchs Lautertal, über Hundersingen, Engstingen, Schloss Lichtenstein nach Pfullingen – von dort über das Hofgut Gaisbühl und Betzingen über Wannweil und Kirchentellinsfurt und durch das Neckartal und zur Wurmlinger Kapelle weiter nach Rottenburg.
Anlässlich des Geburtstages wird es zusätzlich Programmangebote geben. Das teilt Achim Wicker mit, Geschäftsführer der Martinusgemeinschaft, die den Pilgerweg im ökumenischen Geist betreut. Mit »Immer wieder samstags« gebe es so von Bad Mergentheim bis an den Bodensee wöchentlich wechselnde Einladungen, bei einer Halb- oder Tagesetappe direkt vor der eigenen Haustür ins Pilgern hineinzuschnuppern und mit »Pilgern für alle« das Angebot eines barrierefreien, Mut machenden Gehens. Mit im Programm seien thematische Treffen, bei denen der heilige Martin, seine Zeit und Botschaft in den Blick genommen werden sowie spezielle Runden für Familien. Geplant ist zudem ein Jubiläumspilgern und ein ökumenisches Pilgern.
Ein Wochenende mit den Eseln »Paulchen«, »Fred« und »Leo«, die sich um das Gepäck der Teilnehmer kümmern, wird auf einem Teilstück des »Martinuswegs Zwiefalter-Reutlinger Alb« angeboten: Am 26. und 27. Juni wird von Zwiefalten aus durch das Lautertal über Indelhausen bis nach Marbach gepilgert. Und da die Sicherheit immer an oberster Stelle steht, liegen für alle Angebote eigene Hygienekonzepte vor. Bis Ostern waren die Termine für das Samstagspilgern wegen Corona jedoch abgesagt worden.
Pilgern für alle
Auch 2021 werde es darum gehen, das spirituelle Profil des rund 1 200 Kilometer quer durch Württemberg führenden Pilgerwegs zu schärfen, so Wicker weiter. Darauf ziele etwa das neue Angebot »Pilgern für alle« ab. Auch der Aufruf, für die Sorgen eines anderen Menschen zu gehen, der unter dem Motto »Mit wem gehst Du?« bereits 2020 großen Anklang fand, werde ab Palmsonntag fortgeführt.
Dabei gebe es nach zehn Jahren auch in der gesamten Diözese immer mehr Menschen, die sich als Paten um die Begehbarkeit des Weges kümmerten oder als geistliche Begleitung ausgebildet werden, um Pilgergruppen ein spirituelles Angebot zu machen. »Die vielen Aktivitäten und kreativen Angebote rund um den Martinusweg sind mittlerweile ein wahres Füllhorn geworden und zeigen, dass der Weg in unserer ganzen Diözese ankommt und sich die Menschen begeistern und inspirieren lassen«, stellt Wicker fest. Dies spiegle sich auch in der steten Zunahme von Anfragen nach Tourenbegleitungen wider.
Im Landkreis Reutlingen werden die Martinus-Pilgerwege seitens des katholischen Dekanats Reutlingen-Zwiefalten betreut, erklärt Dekanatsreferent Clemens Dietz. Diese Arbeit wird von einer Gruppe engagierter Wegpatinnen und Wegpaten unterstützt, die sich regelmäßig um Zustand und korrekte Ausschilderung der Pilgerwege kümmern. Nach Absprache stehen sie auch interessierten Wanderern und Pilgergruppen mit Rat und Tat zur Seite. Ohne dieses Engagement der vielen Menschen in den Kirchengemeinden und in der St. Martinusgemeinschaft sowie den übrigen Dekanaten der Diözese Rottenburg-Stuttgart wäre die zehnjährige Erfolgsgeschichte des »Via Sancti Martini« gar nicht denkbar gewesen. (em)
www.martinuswege.dedekanat-reutlingen.drs.de