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Aktuell Zwischenbilanz

Sigmaringen hat die erste Coronawelle überstanden

Die SRH-Klinik in Sigmaringen betreute in der Spitze 41 Coronapatienten. Für Entwarnung zu früh

Coronavirus
Elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das Sars-CoV-2-Virus, das COVID-19 verursacht. Foto: Uncredited/NIAID-RML/via Ap/dpa/Archivbild
Elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt das Sars-CoV-2-Virus, das COVID-19 verursacht. Foto: Uncredited/NIAID-RML/via Ap/dpa/Archivbild

GAMMERTINGEN/SIGMARINGEN. Als die Ruhe vor dem Sturm beschrieb Professor Dr. Georg von Boyen, Ärztlicher Direktor der SRH-Kliniken im Landkreis Sigmaringen, die Situation im Landkreis Sigmaringen bei einer Telefonpressekonferenz am 23. März mit Blick auf die Corona-Epidemie. Die SRH-Kliniken bereiteten sich auf die Ankunft von Erkrankten vor, Beatmungsgeräte wurden unter anderem aus Thüringer SRH-Kliniken herangeschafft, dort war die Lage damals noch ruhiger als in Baden-Württemberg.

Zehn-Punkte-Plan

Die Klinik richtete 42 Plätze auf ihrer Corona-Station ein, dazu 11 Betten in der Erstaufnahme. Die ursprüngliche Kapazitätsplanung lag goldrichtig: Am Spitzentag wurden 41 Corona-Infizierte betreut, berichtete Professor von Boyen gestern. Allerdings war bis dahin die Aufnahmekapazität schon auf 82 Plätze hochgefahren. Zurzeit liegen noch 12 positiv getestete Corona-Kranke und vier Verdachtsfälle in Sigmaringen. Insgesamt wurden seit 16. März knapp 120 stationäre Patienten mit Covid-19 in Sigmaringen behandelt. Einen Engpass bildete vor fünf Wochen noch das Testen, vor allem die auswertenden Labore waren überlastet. Mittlerweile hat die Klinik ein Schnelltestgerät angeschafft, bereits nach 70 Minuten liefert es Ergebnisse. Getestet werden alle Verdachtsfälle – die Neuankömmlinge werden unter anderem auf Symptome wie Geschmacks- und Geruchsverlust, Durchfall, Blutdruck und Atembeschwerden untersucht. Für alle Patienten reicht die Schnelltestkapazität bisher nicht aus, »das haben wir aber als Ziel im Hinterkopf«, sagte von Boyen.

Aktuell wird der Zehn-Punkte-Plan des Robert Koch-Instituts für das Management von Covid-19-Ausbrüchen umgesetzt, erläuterte Christine Neu, Interimsgeschäftsführerin der SRH-Kliniken im Landkreis Sigmaringen. Wesentliche Bausteine seien bereits etabliert. Unter anderem wird die Maskenpflicht, wie sie schon seit dem 17. März für die Beschäftigten gilt, jetzt auf die Patienten erweitert. Weiter verfolgt ein Ausbruchsteam aus Ärzten, Hygieneverantwortlichen und Verwaltung Index-Patienten beziehungsweise deren Kontakte auch vor und nach einer Entlassung.

Mittlerweile sind alle Mitarbeiter mit Masken der Schutzklasse FFP-2 ausgestattet, auch bei Schutzkleidung gibt es keine Engpässe, berichtete Neu: »Wir haben in den ersten drei Wochen alles an Bestellungen losgetreten.«

Zunehmend Sorge bereiten Klinikchef von Boyen Notfallpatienten, die sich wegen Corona nicht in die Krankenhäuser trauen. Er berichtete von zwei Herzinfarkt- und einem Schlaganfallpatienten, die in der vergangenen Woche verspätet eingeliefert wurde. Dazu gebe es keinen Anlass. »Jeder Patient wird bei der Einlieferung gründlich untersucht. Und der Normalbetrieb ist von den Coronastationen vollständig getrennt«, versicherte er.

Lockerungen abwarten

Zurzeit stehen 11 Beatmungsgeräte ständig zur Verfügung und die Klinik kann kurzfristig auf 20 Geräte erweitern. Die im März aus Thüringen beschafften Geräte bleiben vorerst in Sigmaringen, für einen Abbau der Kapazitäten sei es noch zu früh, meint von Boyen: »Wir müssen mindestens abwarten, wie sich die Lockerungen in den nächsten Wochen auswirken werden.«

Das betrifft auch die Auslastung des Krankenhauses. Geschäftsführerin Neu strebt eine Auslastung von 75 bis 80 Prozent an, gegenwärtig liegt diese bei 50 Prozent. Eine Arbeitsgruppe »Sicherungskonzept« prüft, wie der Routinebetrieb sicher wieder erreicht werden kann. Ein Baustein, wie ihn auch der Zehn-Punkte-Plan empfiehlt, ist die Einrichtung einer Transitzone in Abteilungen mit häufigem Patientenwechsel. Schon jetzt arbeitet die Klinik in drei Zonen: Corona-Infizierte, Verdachtsfälle und Nichtinfizierte. In der Transitzone werden die Fragezeichenfälle untergebracht, die wegen der Inkubationszeit von 14 Tagen nicht sicher klassifiziert werden können. Wie sich die Coronakrise auf die wirtschaftliche Situation der Kliniken auswirken werde, könne erst der Jahresabschluss zeigen, meinte Neu. 560 Euro am Tag an Ausgleichszahlungen bekommt Sigmaringen pro nicht belegtem Bett. (wu)