GOMADINGEN-MARBACH. Mit einem Höllentempo rast Hauptsattelmeister Fred Probst mit seinem Beifahrer Florian Niederstraßer auf den Reitplatz. Gezogen von zwei Pferdestärken jagt ihr Gespann durch die Arena, legt äußerst gewagt wirkende, enge Wendungen vor dem Publikum hin, um dann wieder in vollem Tempo auf das nächste Hindernis zuzurasen. Der Regen scheint Wagenlenkern und Tieren nichts auszumachen, die Zuschauer haben indes fast alle ihre Regenschirme aufgespannt oder ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen.
Allerdings hindert sie das miese Wetter nicht daran, bei den Vorführungen im Haupt- und Landgestüt Marbach beim Kindertag am Samstag bewundernde Rufe auszustoßen. »Hallo Kinder, ihr sei doch nicht aus Zucker, oder?«, muntert Landoberstallmeisterin und Gestütsleiterin Dr. Astrid von Velsen-Zerweck das Publikum auf. Gemeinsam mit Iris Goldack vom Reutlinger General-Anzeiger, dem Medienpartner der Veranstaltung, führte sie mit viel Fach- und noch mehr Hintergrundwissen durch die Veranstaltung. So auch beim Auftritt - oder besser Aufritt - von Mendel, einem Schwarzwälder Kaltbluthengst unter Julia Reibold. 25 dieser Pferde gibt es laut Velsen-Zerweck im Marbacher Gestüt. Mit ihnen wird dafür gesorgt, dass die Rasse nicht ausstirbt.
Zu sehen und zu bestaunen gibt am Samstag aber noch viel mehr als die Aufführungen anmutiger Pferde und ihrer Reiter. Und die Kinder konnten selbst aktiv werden, sich beispielsweise beim Lassowerfen versuchen, Hufeisen bemalen, sich an einem Malwettbewerb beteiligen und noch einiges mehr.
»Wir wollen mit dem Kindertag auch ein wenig Werbung für die Hengstparade machen«, sagt Astrid von Velsen-Zerweck. Vor allem aber »wollen wir heute aber ein Angebot speziell für Kinder machen, damit sie Pferde erleben können«. Die Begeisterung für den Reitsport könnte ja vielleicht damit geweckt werden. Der Kinderclub im Marbacher Gestüt oder auch die Anmeldung bei der Landesreitschule ab 14 Jahren seien Möglichkeiten, um die Faszination für die Vierbeiner weiter zu nähren.
Julia Romer macht ihre Leidenschaft für Pferde tatsächlich zum Beruf – sie ist Pferdewirtin-Azubi in Marbach, stammt aber aus Konstanz. Mit ihrer Lehre ist für sie ein Traum wahr geworden, sagt sie. »Ich möchte den elterlichen Betrieb weiterführen und mache deshalb die Ausbildung hier«, so Romer. Sie ist im zweiten Lehrjahr, die anderen rund 40 Azubis kommen aus ganz Deutschland, um auf der Alb den Beruf zu lernen.
»Insgesamt haben wir rund 160 Beschäftigte«, erläutert die Gestütschefin am Rande des Kindertags. Darunter sind 84 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einige Gestütsführerinnen und -führer. Eine davon ist Claudia Stirnkorb. Sie führt am Samstag auch durch die Ställe und über das Gelände: »Seht ihr dieses Hufeisen?«, fragt sie einige Kinder. »Die sind ganz schön schwer – aber es gibt auch Pferde, die barfuß laufen.« Für steiniges Gelände seien dann Hufschuhe vorgesehen, »die kann man auch farbig kriegen, in Pink zum Beispiel – die sind dann für Leute, die Einhörner reiten«, erzählt sie augenzwinkernd.

Voltigieren war ein weiterer Höhepunkt an diesem besonderen Tag in Marbach. Die jungen Damen zeigen dabei ihr unglaubliches Können, aber nicht wie beabsichtigt draußen auf dem Reitplatz, sondern in der großen Reithalle. Und weil der Platz dort begrenzt war, nutzten sie Movie, das Elektro-Pferd. Langweilig wird es dem jungen Publikum an diesem Tag trotz schlechten Wetters nicht.
Schließlich gibt es neben all den Aufführungen ganz viele Pferde, Ponys und Fohlen zu bestaunen. Und nicht nur das: Vor der kleinen Reithalle hat sich schnell eine lange Schlange für das Ponyreiten gebildet. Bei Hufschmied Kai Maisenbacher können die Kinder hingegen mal richtig mit einem Hammer auf den Amboss hauen und sie erfahren, dass dieser Beruf enorme Nachwuchsprobleme hat.

Die Kinder konnten sich zudem an einer Gestütsrallye beteiligen oder an einer Kinderpressekonferenz. Manch kluge Frage war da zu hören, die von den Fachleuten gar nicht so leicht zu beantworten war.
Woran werden sich die Kinder nach diesem außergewöhnlichen Tag wohl erinnern? An die Reit- und Springvorführungen? An die Sheikas, die auf arabischen Stuten durch die Arena ritten? Oder an das Voltigieren? Viele werden wohl gern an die Fohlen zurückdenken. »Oh, sind die süß« - das war vielfach zu hören. Aber ganz egal, woran sich die Kinder erinnern – ein strahlendes Leuchten in ihren Augen dürfte immer mit dazugehören. (GEA)
Preise für Kitas
Bei der Verlosung im Rahmen des Projekts »10.000 Holzpferde für Kindergärten« des Vereins »Pferde für unsere Kinder«geht der dritte Preis (1 x 2 Hengstparadenkarten) an den Kindergarten »Im Höfle« in Erkenbrechtsweiler; den zweiten Preis (eine Kutschfahrt mit einem Planwagen für zwölf Personen von Rossnatur) sichert sich der Kindergarten »Hägle« in Pfullingen den ersten Preis (ein Holzpferd mit einem dazugehörigen Lernkoffer im Wert von 500 Euro) erhält die Münsterschule in Zwiefalten.
Als Medienpartner des Kindertags hatte der Reutlinger General-Anzeiger im Vorfeld einen Malwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich 14 Kitas mit insgesamt 175 Werken beteiligt haben. Das schönste Bild, ein Gemeinschaftswerk von sechs Kindern, kam vom Kinderhaus in der Friedrich-Ebert-Straße in Reutlingen. Er erhält ebenfalls ein Holzpferd samt Lernkoffer. (nol)