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Aktuell Therapie

Patienten des ZfP Zwiefalten bauen ein Pavillon für die Gartenschau

Patienten des ZfP Zwiefalten erstellen und liefern einen Ausstellungsraum für Kunstschaffende. Nach dem erfolgreichen Kunst-Handwerks-Garten bei der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn will der BdK ein Folgeprojekt auf der Landesgartenschau Überlingen anbieten.

Der Pavillon ist vorbereitet für die Landesgartenschau. Stefan Broszeit (von links), Marianne Wurst, Ali B. und Daniel R. freuen
Der Pavillon ist vorbereitet für die Landesgartenschau. Stefan Broszeit (von links), Marianne Wurst, Ali B. und Daniel R. freuen sich auf die Eröffnung. FOTO: ZFP
Der Pavillon ist vorbereitet für die Landesgartenschau. Stefan Broszeit (von links), Marianne Wurst, Ali B. und Daniel R. freuen sich auf die Eröffnung. FOTO: ZFP

ZWIEFALTEN/ÜBERLINGEN. Die gröberen Steine bleiben zwischen den Spitzen der Rechen hängen, mit denen Deniz H. und Daniel R. über den Kies gleiten. Den rechten Kabinenboden des Holzpavillons haben sie bereits von allen großen Gesteinsstücken befreit. Nun bearbeitet jeder von ihnen eine weitere, vier mal zwei Meter große Kabine. Zeitgleich heben Ali B. und Stefan Broszeit eine Bodenplatte vom Hänger und legen sie flach auf den Boden der rechten Kabine. »Die Platte passt genau!«, ruft Ali B. erleichtert.

Deniz H., Daniel R., Ali B. und Angelina K. sind Patienten der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Alb-Neckar des ZfP Südwürttemberg. Gemeinsam mit Arbeitstherapeut Stefan Broszeit und weiteren Begleitpersonen sind sie mit voll beladenen Autos und Hängern Richtung Bodensee gefahren. Ihr Ziel: die Landesgartenschau in Überlingen. Ihre Lieferung umfasste neben den Bodenplatten drei Tische, zehn Hocker und acht Roll-Regale. An deren Herstellung haben sie die letzten drei Monate gearbeitet.

Arbeit mit Suchtkranken

Therapeut Broszeit erklärt: »Dass die Patienten mit nach Überlingen kommen konnten, ist etwas Besonderes.« Dies hänge mit dem doppelten Auftrag der Klinik zusammen: Besserung und Sicherung. Die Forensische Klinik ist im Rahmen des Maßregelvollzugs für die Therapie von Suchtkranken zuständig, die ein Delikt im Rausch begangen haben oder deren Tat auf ihre Sucht zurückzuführen ist. Diese Therapie dauert in der Regel zwei Jahre.

Alle Bodenplatten liegen in den Kabinen, die Leisten sind mit Schrauben fixiert. Ali B. und Daniel R. stellen einen Tisch vor dem Pavillon ab, der durch ein zwölf Meter breites weißes Segel gegen Regen und Sonne geschützt ist. Marianne Wurst gleitet mit ihrer Hand über das helle Holz der Tischplatte. »Das fühlt sich toll an. Das hätten wir selbst in ehrenamtlicher Arbeit nie in dieser Ausführung fertigen können«, freut sich die zweite Vorsitzende des Bundes der Kunsthandwerker Baden-Württemberg (BdK).

Zusammenhalt in der Gruppe

Nach dem erfolgreichen Kunst-Handwerks-Garten bei der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn will der BdK ein Folgeprojekt auf der Landesgartenschau Überlingen anbieten. Mit Workshops und Ausstellungen sollen Kunstschaffende verschiedener Gewerke den Besuchenden der Gartenschau das Kunsthandwerk in seiner Vielfalt vermitteln und erlebbar machen, wie es entsteht – von den ersten Skizzen bis zum fertigen Produkt.

Um verschiedene Handwerke wie Goldschmieden, Glaskunst oder textiles Gestalten wochenweise in einem einzigen Pavillon anbieten zu können, ist ein besonders vielfältiges Mobiliar erforderlich. Marianne Wurst wusste, an wen sie sich dafür wenden konnte: ZfP-Therapeut Broszeit ist nicht nur Schreiner und Künstler, sondern auch Mitglied im BdK.

Mitte Februar. Das Quietschen der Kreissäge tönt durch die Werkstatt. Daniel R. spannt ein längliches, vierkantiges Holzstück auf der Werkbank ein. Behutsam führt er die Säge an der markierten Linie entlang. Auf einem anderen Tisch stapelt Ali B. die bereits gekürzten Holzstücke, die später zwischen die Beine der Sitzhocker geschraubt werden sollen.

Die Arbeitstherapie ist wichtiger Baustein der Behandlung von forensischen Patienten. Broszeit erklärt: »Die Patienten haben einen geregelten Tagesablauf. Und sie lernen, sich an Regeln zu halten.« Auch Pünktlichkeit, Sorgfalt und Kommunikation werden geschult. »Keiner von uns hatte Erfahrung mit Holzarbeiten«, berichtet Ali B. Doch unter Anleitung von Broszeit haben alle schnell gelernt. »Wir konnten dann auch mit größeren Maschinen arbeiten: mit der Fräse oder auch mit Hobel- und Schleifmaschinen.« Alle Patienten seien sehr interessiert gewesen, erzählt der Arbeitstherapeut: »Toll war die Zusammenarbeit in der Gruppe. Normalerweise machen die Patienten in der Werkstatt eher Einzelarbeiten.«

Variable Regale

Orientiert an der Größe der Pavillon-Kabinen, entwickelte die Gruppe das Mobiliar. Insbesondere die Roll-Regale wurden vielseitig konzipiert. So hat beispielsweise der untere Teil abschließbare Türen. Wenn man die oberen Regalbretter hochklappt, ist das untere Konstrukt als Podest verwendbar. Die Roll-Regale können zudem mit Platten oder mit Kleiderstangen verbunden werden. Angelina K. war früher im Service tätig: »Für mich hat Arbeit immer dazugehört«, erzählt die junge Frau. »Hier habe ich das erste Mal mit Holz gearbeitet. Das war echt interessant, ganz anders als im Service.«

Hocker, Roll-Regale und Tische stehen aufgereiht in einer Kabine des Pavillons. Nur noch wenige Optimierungsarbeiten stehen an, dann ist der Pavillon in den Villengärten fertig für die Kunstpräsentationen. Ein Wermutstropfen: Die Landesgartenschau ist zwar in den Außenbereichen geöffnet, aber noch ohne Veranstaltungen – auch nicht im Pavillon des ZfP. (GEA)