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Leben ohne Bürgermeister in Zwiefalten

In Zwiefalten verschiebt sich die Regelung der Nachfolge von Bürgermeister Matthias Henne. Geltende Beschränkungen machen eine Neuwahl schwierig

Bei wichtigen Entscheidungen kommen die Gemeinderäte noch zusammen.  FOTO: WURSTER
Bei wichtigen Entscheidungen kommen die Gemeinderäte noch zusammen. FOTO: WURSTER
Bei wichtigen Entscheidungen kommen die Gemeinderäte noch zusammen. FOTO: WURSTER

ZWIEFALTEN. Bürgermeister Matthias Henne leitete seine letzte Gemeinderatssitzung in Zwiefalten – wegen der Coronaauflagen fand die öffentliche Sitzung in der Rentalhalle statt –, am Montag tritt er ein neues Amt an. Henne gewann die Bürgermeisterwahl in Bad Waldsee im Januar, Zwiefalten ist jetzt auf der Suche nach einem neuen Gemeindeoberhaupt.

Am 13. März wurde die Position ausgeschrieben, am 24. Mai sollte gewählt werden – aber das Virus bringt den Fahrplan durcheinander. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, den Wahltermin abzusagen und »zu einem späteren Zeitpunkt« ein ganz neues Wahlverfahren einzuleiten. An einer öffentlichen Sitzung führte kein Weg vorbei. Die momentan häufig angewandten Eilentscheidungen durch den Bürgermeister und Umlaufverfahren durch den Gemeinderat sind bei einer solch grundlegenden Weichenstellung für die Kommune nicht zulässig.

Ende April soll neu beraten werden, wie und wann in die Wahlvorbereitungen eingestiegen werden kann.

»Unser Ziel ist ein breites Bewerberfeld und eine hohe Wahlbeteiligung«

Bis Mittwoch hatten zwei Bewerber ihre Wahlunterlagen auf dem Rathaus abgegeben, teilte Hauptamtsleiterin Susanne Baumgartner dem Rat mit, die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 27. April. Könnte also der Termin im Mai doch gehalten werden? Zumindest Rat Kurt Betz möchte die Wahl ungern »bis zum St. Nimmerleinstag« verschieben. Und Bruno Auchter wies daraufhin, dass die Wahl nach der Gemeindeordnung drei Monate nach Ausscheidens des Amtsinhabers am 6. April, also bis zum 6. Juli, stattfinden müsste. Bürgermeister Henne hat von der Kommunalaufsicht des Landratsamts das Signal erhalten, dass ein späterer Wahltermin mitgetragen würde. Allerdings sei eine Wahl noch vor den Sommerferien wünschenswert, auch weil die Belastung für die stellvertretenden Bürgermeister Maria Knab-Hänle und Klaus Käppeler nicht zu lange ausgedehnt werden solle.

Eines ist klar, betonte Henne: Ein Wahlkampf, eine Kandidatenvorstellung, ist in der gegenwärtigen Situation nicht möglich. Von einer reinen Kampagne per Wurfzettel oder Internet hält Henne wenig: »Das liegt nicht jedem Kandidaten und auch nicht jedem Wähler.« Auch die Möglichkeit, dass bei Bürgerversammlungen direkt Fragen gestellt werden können, würde entfallen. Henne lenkte die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Aspekt: Mögliche Bewerber, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, hätten gegenwärtig schlicht keine Zeit, sich auf eine Kandidatur angemessen vorzubereiten und sich in den Wahlkampf zu stürzen. Er weiß, wovon er spricht: Seine Kampagne in Bad Waldsee führte er neben den laufenden Amtsgeschäften. Das war auch ohne Coronakrise eine erhebliche Belastung. Außerdem könnten Bewerber unter Quarantäne stehen oder zurzeit schlicht andere Sorgen haben, sagte der Bürgermeister. Das Bewerberfeld könnte also kleiner werden als erwünscht.

Die Stimmabgabe könnte allerdings durchgeführt werden, unter Einhaltung der entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen, sprich -abstände. Jedoch lauern auch hier Fallstricke. Eine Sperrung der Wahllokale kann zum heutigen Stand nicht ausgeschlossen werden, die Rathausbesatzung könnte selbst erkranken. Und die Angst vor einer Ansteckung hätte womöglich Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung. »Unser Ziel muss es sein, mit einem breiten Bewerberfeld und einer hohen Wahlbeteiligung ein Ergebnis zu erreichen, das vom Volk getragen wird«, meint Henne. »Das ist ja nicht die Wahl von irgendjemand«, ergänzte Rat Ralf Aßfalg.

Bliebe die Möglichkeit einer reinen Briefwahl, aber dieser Weg scheint versperrt: Das Kommunalwahlgesetz räumt den Wählern die Möglichkeit zur Briefwahl, aber eben auch ausdrücklich zur persönlichen Stimmabgabe ein. Wenn nun der Gang zur Urne ausgeschlossen würde, bestünde ein erhebliches Risiko einer späteren Wahlanfechtung, meinen Bürgermeister und Kommunalaufsicht.

»Wir sind in Zwiefalten gut aufgestellt, zusammen packen wir das«

Ob die Wahl noch vor der Sommerpause stattfinden wird, kann gegenwärtig niemand sagen. "Ich weiß nicht, ob wir bis dahin so weit gelockert sind", sagte Henne. Maria Knab-Hänle und Klaus Käppeler zeigten sich auf eine längere Vakanz vorbereitet: »Wir sind in Zwiefalten gut aufgestellt, zusammen packen wir das«, meinte die erste Bürgermeisterin. Und Klaus Käppeler ergänzte: "Susanne Baumgartner weiß alles." (GEA)

AMTSVERWESER

Wenn in einer Kommune ohne Beigeordnete, also mit weniger als 10 000 Einwohnern, der Posten des Bürgermeisters voraussichtlich längere Zeit nicht besetzt ist, kann der Gemeinderat einen Amtsverweser bestellen. Amtsverweser kann jeder werden, der auch zum Bürgermeister gewählt werden könnte. Er kann aus den Reihen des Gemeinderats hervorgehen, müsste dann aber das Wahlamt aufgeben. Der Amtsverweser wird zum Beamten auf Zeit bestellt, die Besoldung übernimmt die Gemeinde. (GEA)