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Jungunternehmer verkauft in Münsinger Regio-Markt Gemüse aus eigenem Anbau

Sein eigenes Gemüse, aber auch viele Produkte von Erzeugern aus der Region bietet Moritz Bauer nun in seinem Regio-Markt an. Der Jungunternehmer ist mit seinem Laden in die ehemalige Stadtapotheke eingezogen.

Moritz Bauer verkauft im seinem Regio-Markt-Laden Gemüse aus eigenem Anbau.
Moritz Bauer verkauft im seinem Regio-Markt-Laden Gemüse aus eigenem Anbau. Foto: Marion Schrade
Moritz Bauer verkauft im seinem Regio-Markt-Laden Gemüse aus eigenem Anbau.
Foto: Marion Schrade

MÜNSINGEN. Ende des Jahres 2021 schloss die Münsinger Stadtapotheke für immer ihre Türen. Lange hatte Ursula Holder nach jemandem gesucht, der ihre Apotheke übernimmt. Vergeblich. Mehr als zwei Jahre lang stand des Geschäft im Herzen Münsingens leer. Seit 3. Oktober stehen dort, wo früher Schmerztabletten und Sportsalbe über die Ladentheke gingen, Gemüsekisten, Kühlschränke und Regale. Moritz Bauer ist mit seinem Regio-Markt in die Räume eingezogen und verkauft hier neben dem, was er auf seinen eigenen Feldern rund um Münsingen anbaut und erntet, auch Produkte von Kollegen aus der Region. Von Nudeln über Mehl, Eier, Joghurt und Käse bis hin zu Fruchtsecco und netten, handgemachten Geschenkideen reicht das Sortiment.

Moritz Bauer ist gerade mal 24 Jahre alt - und als Jungunternehmer ein echtes Phänomen mit ungewöhnlicher Biografie. »Ich war nie einfach, aber ich wollte und will immer was bewegen«, sagt der Rietheimer. Mit seinem Opa hat er früher schon gerne im Garten und in der Landwirtschaft geschafft, »er hat es mir in die Wiege gelegt«. Sein erstes eigenes Feld hat er bewirtschaftet, als er noch Schüler war. Mit dem, was auf rund 50 Quadratmetern wuchs und reifte, versorgte Bauer die Familie, Freunde und Nachbarn. Logisch eigentlich, dass er nach der Schule Garten- und Gemüsebauer werden wollte.

Denn seinen eigenen Betrieb - inzwischen sind es genau genommen sogar mehrere Betriebe und Geschäftsbereiche - hat er auch ohne Gesellenbrief hochgezogen, auf- und ausgebaut. Mit 19 Jahren hat er sich im Garten- und Landschaftsbau selbstständig gemacht und nebenbei weiter Gemüse angebaut. Seit inzwischen rund sechs Jahren gibt's das Feld im Münsinger Industriegebiet, wo man sein Gemüse selbst aussuchen und ernten darf - alternativ gibt's seit diesem Jahr auch ein Häusle, wo jeden Tag eine Auswahl frisch geerntetes Gemüse bereit liegt. Dort kann man sich bedienen und das Geld ins Kässle werfen. »Für mich war das damals eine Erleichterung, ich musste das Gemüse nicht auch noch ausliefern«, schildert Moritz Bauer seine Motivation in der Anfangszeit. »Außerdem wollte ich Familien etwas bieten und den Leuten zeigen, wo und wie Gemüse wächst.«

Im Herbst ist rote-Bete-Zeit.
Im Herbst ist rote-Bete-Zeit. Foto: Marion Schrade
Im Herbst ist rote-Bete-Zeit.
Foto: Marion Schrade

Das Selbsterntefeld wird es auch weiterhin geben. Es macht aber nur einen Bruchteil dessen aus, was Bauer inzwischen bewirtschaftet. Auf rund 80.000 Quadratmetern baut er Gemüse an, dafür hat er Felder rund um Münsingen und Dottingen gepachtet. Bauer verkauft einen Teil seiner Ernte auf dem Großmarkt und beliefert Rewe- und Edeka-Geschäfte in der Region, Gastronomie und Firmenkantinen. Jetzt bietet er es zusätzlich in seinem neuen Regio-Markt an, der wochentags außer mittwochs immer von 8.30 bis 12 Uhr und von 14.30 bis 18 Uhr sowie samstagmorgens geöffnet ist.

Neben Gemüse-Anbau und Ladengeschäft wird der Garten- und Landschaftsbau weiterhin ein wichtiges Standbein für Moritz Bauer sein. Er schafft auf privaten und öffentlichen Baustellen, außerdem engagiert er sich seit einigen Monaten auch im Münsinger Gemeinderat. Lange Arbeitstage sind für ihn eher Lust als Last, »Stillstand geht für mich gar nicht, ich brauche immer neue Aufgaben«, sagt er über sich selbst. Allein ist das Arbeitspensum natürlich trotzdem schon seit Längerem nicht mehr zu stemmen. Hilfe bekommt Moritz Bauer von seinen Eltern und Geschwistern, im Garten- und Landschaftsbau beschäftigt er feste Mitarbeiter, im Laden mehrere Aushilfen.

In den Körben, Kisten und Regal liegt das, was gerade Saison hat. Im Mai geht's los mit den ersten Salatköpfen, mit etwas Glück kann Bauer bis Mitte, Ende November ernten. Hinzu kommen Gurken, Tomaten, Lauchzwiebeln und Kohlrabi, später Zucchini und Fenchel. Auch im Herbst und Winter gibt's immer Zutaten für die frische Küche: Bauer hat Kartoffeln, Möhren und rote Beete, Lauch, verschiedene Kohlsorten, Sellerie und Kürbisse, und auch Wintersalate wie Feldsalat und Endivien sind bald soweit. Was er nicht selbst hat, kauft er von einem Betrieb auf den Fildern zu. »Ich muss eine gewisse Auswahl bieten, damit die Kunden kommen«, weiß der junge Unternehmer. Deshalb füllen sich die Regale nach und nach mit weiteren Produkten, Bauer ist dabei, sein Lieferantennetzwerk auf- und auszubauen.

Öl, Essig, Honig und mehr: Das Sortiment umfasst viele Produkte des täglichen Bedarfs.
Öl, Essig, Honig und mehr: Das Sortiment umfasst viele Produkte des täglichen Bedarfs. Foto: Marion Schrade
Öl, Essig, Honig und mehr: Das Sortiment umfasst viele Produkte des täglichen Bedarfs.
Foto: Marion Schrade

Von Anfang an dabei sind schon etliche Betriebe aus der unmittelbaren Umgebung - beispielsweise die Essigmanufaktur »Ausemländle«, der Ohnastetter Betrieb »Erdreich«, der Nudeln, Mehl und Eier liefert, und die Landwirtin Judith Gerster aus Auingen, die Joghurt und Käse aus Kuh- und Ziegenmilch macht. Es gibt Pilze aus Ehestetten, die Hundersinger Metzgerei Seiffert liefert Wurst, der Söll-Hof aus Blaubeuren Öle und schwäbisches Superfood wie Senfsaat, Quinoa, Hanfnüsse und mehr. Auch Gewürze, Spirituosen, Fisch und Wild kommen noch ins Sortiment. Einen Regio-Markt, bei dem man sich mit Lebensmittel von Erzeugern aus der direkten Nachbarschaft eindecken kann, gab es so bisher nicht in Münsingen.

Auch, aber nicht nur, weil auf diese Weise Direktvermarkter gestärkt werden, freut sich Bürgermeister Mike Münzing über Bauers Einzug. Letzterer sei auch Ausdruck dafür, dass die Bemühungen der Stadt im Leerstandsmanagement Früchte tragen. Die Wirtschaftsförderung im Rathaus und der Bürgermeister selbst vermitteln zwischen Eigentümern und Interessenten - durchaus mit Erfolg. Die ehemalige Stadtapotheke ist nicht die einzige Immobilie, die sich wieder mit Leben füllt. Auch in der »Alten Post« tut sich gastronomisch in absehbarer Zeit wieder was, ebenso in der benachbarten ehemaligen Spielothek, die 25 Jahr leer stand.

Ein einstiger IT-Fachservice in der Hauptstraße hat sich in eine Konditorei verwandelt, in der Wolfgartenstraße hat ein Fastfood-Restaurant eröffnet, und auch in das leerstehende Mc Donalds-Gebäude im Industriegebiet zieht ein Essensliefer- und Abholdienst ein. »Das alles ist in den letzten drei Monaten passiert«, berichtet Münzing. Es habe auch »weitere positive Gespräche« gegeben, die aber an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert seien. Sowohl für die ehemalige Schlecker-Drogerie als auch fürs Schuhhaus Pöhler habe es Interessenten gegeben, weitere Gespräche stünden es, eventuell sei eine Einigung in Sicht, zeigt sich Münzing optimistisch. (GEA)