MÜNSINGEN. Ein juristisches Schmankerl wurde im Amtsgericht Münsingen präsentiert: Richter Joachim Stahl brachte den noch recht neuen Paragraf 315d des Strafgesetzbuchs zur Anwendung. Der beschreibt »Verbotene Kraftfahrzeugrennen« und trat erst vor knapp einem Jahr in Kraft.
Jugendliche Adrenalin-Junkies, die mit aufgemotzten Luxuslimousinen in Berlin oder Köln den Kick suchen – diese Klientel stand in der den Gesetzgebungsprozess begleitenden Medienberichterstattung im Mittelpunkt. Der § 315d hat aber einen interessanten Absatz: »Wer sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen«, bestreitet ganz allein ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen. Ein illegales Rennen kann also auch einsam auf ländlichen Nebensträßchen und im braven Firmenkombi stattfinden.
Im verhandelten Fall lieferte sich ein 52-jähriger Autofahrer eine Verfolgungsjagd mit der Polizei, überfuhr dabei eine rote Ampel und wurde mit 145 Stundenkilometern innerorts »geknipst«. Nach der alten Rechtsprechung wäre gegen ihn wegen Überfahren der roten Ampel und erheblicher Geschwindigkeitsübertretung ein Fahrverbot von zwei bis vier Monate verhängt worden, dazu eine vergleichsweise geringe Geldstrafe, schätzte der Richter. Der § 315 bietet Richtern und Staatsanwälten da aber ganz andere Möglichkeiten, bis hin zu mehrjährigen Freiheitsstrafen.
Ob eine Flucht vor der Polizei ein »verbotenes Kraftfahrzeugrennen« sein kann, darum ging es im Prozess vor dem Münsinger Amtsgericht. Die Entscheidung des Richters lesen Sie am Freitag, 5.10.2018, bei GEA+, im E-Paper und in der gedruckten Ausgabe des Reutlinger General-Anzeigers.. (wu)