STUTTGART/MÜNSINGEN. Das Land fördert die geplante Einrichtung einer Hebammenpraxis in Münsingen mit 150 000 Euro. Das teilte das Ministerium für Soziales und Integration gestern mit. Auf den Förderaufruf hatten sich viele Gemeinden, Städte sowie Stadt- und Landkreise mit ihren Konzepten beworben. Umso größer ist die Freude bei den Akteuren, die das Projekt eines »praxisorientierten medizinischen Versorgungszentrums« für Schwangere nach Schließung der Geburtshilfeabteilung in der Münsinger Albklinik gemeinsam vorangetrieben hatten.
Zu den treibenden Kräften gehört neben der Stadt Münsingen und ihrem Bürgermeister Mike Münzing sowie dem Landkreis Reutlingen, vertreten durch Landrat Thomas Reumann, auch eine Gruppe von Hebammen. In Gesprächen habe man nach Nachfolgelösungen für die geschlossene Geburtsklinik gesucht – eine davon hat sich nun offenbar als so tragfähig erwiesen, dass sie auch den »Runden Tisch Geburtshilfe« unter Regie des Sozialministeriums (siehe Box) überzeugen konnte: eine Praxisgemeinschaft, die die beteiligten Hebammen, Stadt und Kreis gemeinsam tragen.
Für den Runden Tisch im Sozialministerium erfüllt die Konstruktion die Kriterien eines lokalen Gesundheitszentrums (LGZ), das den Schwerpunkt auf geburtshilfliche Versorgung setzt. Das Gesundheitszentrum soll die Vor- und Nachsorge im Hebammenbereich für den Mittelbereich Münsingen sicherstellen und weiterentwickeln. Ein weiteres Ziel sei auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Hebammen, da eine gemeinsame Praxis mehr Flexibilität in der Arbeitsplanung der Hebammen und damit eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf biete, führt das Sozialministerium in seiner Pressemitteilung aus.
Räume in der Albklinik
Eingerichtet wird die neue Praxis am altbekannten Ort: Schon in den nächsten Tagen, so Bürgermeister Münzing, werden die Beteiligten ihre Räume in der Albklinik beziehen. Betreut werden sollen Frauen vor und nach der Geburt – zumindest vorerst. Dass irgendwann in Zukunft wieder Kinder in der Albklinik auf die Welt gebracht werden, ist nicht ganz ausgeschlossen: Das Zentrum könne über eine gynäkologische Praxis bis hin zu einer Geburtenstation bedarfsgerecht erweitert werden, zeigt sich das Ministerium optimistisch. Die Räume dafür sind da, der gute Wille der Beteiligten auch – allein das Personal fehlt: »Wir finden einfach keine Ärzte«, erinnert Münzing an die monatelangen Bemühungen, Fachleute auf die Alb zu bekommen. (pm/ma)
RUNDER TISCH GEBURTSHILFE
Lokale Gesundheitszentren sollen Engpässe überbrücken
In ganz Baden-Württemberg gibt es regionale Versorgungsengpässe in der Geburtshilfe. Deshalb hat das Ministerium für Soziales und Integration 2017 einen Runden Tisch Geburtshilfe ins Leben gerufen. Unter Leitung von Staatssekretärin Bärbl Mielich bringen Vertreter aller an der Geburtshilfe beteiligten Fachrichtungen und Institutionen sowie Betroffene ihre Expertise ein. Vertreten sind Elterninitiativen, der Hebammenverband Baden-Württemberg, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenhausgesellschaft, Krankenversicherungen, kommunale Landesverbände, die Landespsychotherapeutenkammer, die Landesärztekammer sowie Frauen-, Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte. Um die Geburtshilfe im Land zu verbessern, hat der Runde Tisch jetzt die Erprobung lokaler Gesundheitszentren beschlossen. Neben Münsingen werden Projekte im Kreis Sigmaringen, im Ortenaukreis und in der Stadt Radolfzell gefördert. (pm)