MÜNSINGEN. Zur Würdigung von Persönlichkeiten, die mit viel Engagement und Enthusiasmus dem Genießerland ein Gesicht verleihen, zeichnet das Land Baden-Württemberg jedes Jahr auf dem Genussgipfel Genussbotschafter aus. Den Preis verleiht der für Minister Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden Württemberg, Peter Hauk. Als Genussbotschafter werden Persönlichkeiten, Unternehmen und im Einzelfall auch Zusammenschlüsse von Akteuren gewählt. In der Regel kommen sie aus den Bereichen Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln, Medien, Gastronomie und Tourismus sowie aus Aus- und Fortbildungseinrichtungen im Land. Seit 2008 sind insgesamt 51 Genussbotschafter ausgezeichnet worden, unter anderem Harald Wohlfahrt, Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach, Baiersbronn, Jörg Sackmann, Schlossberg, Baiersbronn, Vincent Klink, Restaurant Wielandshöhe, Stuttgart, Simon und Gebrüder Tress, Rose Bio-Hotel & Bio-Manufaktur in Ehestetten, Woldemar Mammel, Biolandhof Mammel, Lauterach, oder Ulrich und Marietta Klumpp, Weingut Klumpp, Bruchsal, sowie Bäcker Heiner Beck, Römerstein, dazu. Seit Donnerstag sind es 53.
»Genuss generationenübergreifend - ein Blick hinter die Kulissen der Genussbotschafter und Genussmanufakturen in Baden-Württemberg« war das Thema des mittlerweile zwölften Genussgipfels. Und passender hätten in diesem Zusammenhang die beiden in diesem Jahr gekürten Genussbotschafter nicht sein können: Die goldenen Sterne erhielten Julia Tischer, Mitgeschäftsführerin des Elztalhotels in Winden, und Heinz J. Schwab, Gründer des Weinguts Heinz J. Schwab in Bretzfeld-Dimbach.
Julia Tischer ist Gastronomin mit Herz und Hingabe, wie Hauk betont. 2017 wurde sie Deutschlands beste Jungköchin. Außerdem ist sie Restaurantfachfrau. Als dritte Generation ist sie 2020 in den Familienbetrieb eingestiegen. Julia Tischer dankte ihren Eltern und ihrem Partner. »Denn man braucht einen guten Rückhalt«, sagt sie. Gäste mit gutem Essen glücklich zu machen, ist ihr Anspruch, ebenso, das Hotel in die Zukunft zu führen. »Sie verbindet Tradition mit regionalen Zutaten und anregenden Geschmackserlebnissen«, heißt es in der Jurybegründung. Sie habe sich um die kulinarische Qualität und das vielfältige Genusserbe in Baden-Württemberg besonders verdient gemacht.
Den zweiten Stern nahm Lucas Schwab für seinen Vater Heinz J. Schwab entgegen. »Winzer und Gastronom mit Leidenschaft« lautet die Auszeichnung. Schwab habe sich um den Erhalt handwerklicher Tradition verdient gemacht. Das Weingut haben Heinz J. Schwab und seine Frau 1991 gegründet, dazu gehören ein Vinotel und ein traditioneller Besen. Vater und Sohn sind Techniker für Weinbau und Önologie, Lucas Schwab und seine Frau sind in den Familienbetrieb eingestiegen.
Genussgipfel
Im Dezember 2012 startete das Land Baden-Württemberg mit seinen Partnern, der MBW Marketinggesellschaft mbH und der Tourismusmarketing GmbH Baden-Württemberg sowie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg die Veranstaltungsreihe Genussgipfel. Der Genussgipfel dient dem Dialog über eine zukunftsfähige Lebensmittelkultur im Spannungsfeld von Genuss, Verantwortung und Wirtschaftlichkeit. Ziel ist es, sich auf verschiedene Art und Weise mit diesen Herausforderungen auseinanderzusetzen sowie insbesondere Impulse in Richtung einer ökonomischen, ökologischen und sozialen und dabei genussvollen Lebensmittelkultur zu setzen. Baden-Württemberg will als profiliertes Genießerland diesen Dialog aktiv unterstützen und einen Beitrag zu einer gemeinsamen Weiterentwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft, Hotellerie und Gastronomie und des Tourismus leisten. (GEA)
»Vor dem Können steht das Wollen«, sagt Lucas Schwab. »Wer motiviert ist, kriegt das auch hin.« Damit ist die tägliche Arbeit gemeint, damit sind aber auch der Generationenwechsel im eigenen Betrieb und die Betriebsübergabe gemeint. Wie das funktionieren kann, welche Herausforderung es gibt und welche Lösungen, darüber informierten im Vorfeld der Preisverleihung die Referenten. Unter anderem erläuterte Alexander Erck vom Flairhotel und Restaurant Erck in Bad Schönborn seinen Weg für den Familienbetrieb: »Wir haben eine Stiftung gegründet.« Sie benötigt keinen Eigentümer oder Gesellschafter, das Stiftungsvermögens ist vom Stifter und dessen Nachkommen getrennt, der Betrieb zersplittert also nicht.
Weitere Berichte aus der Praxis kamen von Klaus-Günther Wiesler und Tochter Anna vom Seehotel Wiesler in Titisee-Neustadt sowie Thomas Kurz und seinem Sohn Hannes, der mit Bruder Alexander die Familienmetzgerei in Schorndorf übernommen hat. Wichtig: Der Küchentisch sei nicht der geeignete Ort, um über die Nachfolgeregelung zu reden. Berater hinzuzuziehen sei ratsam, die geschäftliche und emotionale, familiäre Ebene müsse man trennen und früh mit den Überlegungen für die Übergabe beginnen.
Der Südwesten Deutschlands ist eine Region der kulinarischen Vielfalt, dafür stehen nicht nur die Genussbotschafter und die Betriebe, die Impulse für eine attraktive Lebensmittelkultur geben. Davon überzeugen konnten sich die Gäste des Genussgipfels mittags auch bei einem kulinarischen Intermezzo, das vom Stausee Hotel Glems ausgerichtet wurde. Den Service übernahmen Studenten der Dualen Hochschule Ravensburg. Danach gingen die Teilnehmer auf Exkursionen zu den Manufakturen im Albgut. Besichtigt wurden die Alb-Ölmühle, die Lagerhaus-Genussmanufaktur, die gläserne Nudel-Manufaktur und Ausemländle.
»Der jährlich stattfindende Genussgipfel ist eine wichtige Plattform. Wir wollen den Dialog zu einer zukunftsfähigen Lebensmittelkultur im Spannungsfeld von Genuss, Verantwortung und Wirtschaftlichkeit führen und mit innovativen Impulsen aktiv fördern«, sagte Hauk. Er stellte außerdem die Dachmarke mit begleitender Kampagne »Das ganze Land zu Tisch« vor, die für regionale Erzeugnisse, einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln und ein starkes Gemeinschaftsgefühl stehen soll. Ziel: regionale Lieferketten stärken, Bildungsangebote im Bereich der Ernährung erweitern und die Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung unterstützen. (GEA)