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Aktuell Klimaschutz

Geld da, Dächer gesucht

Nachdem ein weiterer potenzieller Windenergiestandort rausgeflogen ist, setzt Klaus Fink auf die Sonne

Bislang gilt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also Stromerzeugung oder Nahrungsmittelproduktion. Ein
Bislang gilt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also Stromerzeugung oder Nahrungsmittelproduktion. Eine von der Uni Hohenheim betreute hochgeständerte Agrofotovoltaik-Pilotanlage am Bodensee hat nun bewiesen, dass beides geht. FOTO: DPA
Bislang gilt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also Stromerzeugung oder Nahrungsmittelproduktion. Eine von der Uni Hohenheim betreute hochgeständerte Agrofotovoltaik-Pilotanlage am Bodensee hat nun bewiesen, dass beides geht. FOTO: DPA

SONNENBÜHL. »Vollkommener Blödsinn!« Mit harschen Worten kommentiert Klaus Fink, Vorsitzender des Vereins Sonnenenergie Neckar-Alb mit Sitz in Willmandingen und 50 Mitstreitern für den Klimaschutz das Ziel der Landesregierung. Bis zum Jahr 2020 sollen die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen um 25 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Dafür müssten sich im Land 1 100 Windräder drehen. Das sei nicht zu schaffen. Bislang sind es 642.

In der jüngsten Ausschreibungsrunde der Bundesnetzagentur haben die norddeutschen Windmüller den Zuschlag bekommen. Baden-Württemberg ging leer aus. »Der Norden hat den Wind, die produzieren den Windstrom günstiger als wir im Süden«, erklärt Fink das Ergebnis. Dass man den Windstrom aber auch in den Süden bringen müsse, stünde auf einer anderen Rechnung. Eine Verteilung hätte er deshalb für den besseren Weg gehalten, doch in der Region Neckar-Alb passiere diesbezüglich nichts.

»Seit 2997 wurde hier keine Windenergieanlage mehr gebaut«

»Seit 2007 wurden hier keine Windenergieanlagen mehr gebaut«, bedauert der Ingenieur. In der Region Neckar-Alb drehen sich neun Windmühlen (Melchingen und Münsingen) mit einer Gesamtleistung von 6 350 kW. Dass die Region auf den Höhenlagen der Schwäbischen Alb über ein gigantisches Windkraftpotenzial verfügt, hatte der Verein Sonnenenergie Neckar-Alb schon vor acht Jahren in seinem immer noch aktuellen Energieszenario 2030 beschrieben.

Doch von den im Regionalplan ausgewiesenen Standorten samt den von den Kommunen geplanten, fliege einer nach dem anderen raus. So wurde jüngst das Gebiet »Muttenbühl« in Pfronstetten unter Jubel gestrichen, nachdem beim geplanten Windpark Hohfleck auf Sonnenbühler Markung die Sicht auf den Lichtenstein schwerer gewogen hat, als der Ausbau der erneuerbaren Energie.

Dass es so nicht weitergehen kann, Klimaschutzlösungen gefragter denn je sind, um die Energiewende doch noch irgendwie hinzukriegen, wurde während der UN-Klimakonferenz, die gerade erst in Bonn über die Bühne gegangen ist, mal wieder kundgetan. Die klimaschädlichen Treibhausgase sollen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent reduziert werden. Bis 2030 sogar um 55 Prozent.

"Dabei ist der CO2-Anteil in der Luft in den vergangenen Jahren stärker angestiegen, als noch zur Zeit der ersten Klimakonferenz in Rio angenommen wurde", weist Fink auf den rasanten Anstieg hin, dessen Verlauf er mit dem vor drei bis fünf Millionen Jahren vergleicht. Dabei sei der Ausbau der regenerativen Energieerzeugung in Form von Fotovoltaik, Bioenergie und Windkraft bis 2012 ganz gut gelaufen. "Danach ist nichts mehr passiert, weil die Politik gebremst hat." Insbesondere in der Fotovoltaik, der einzigen Energie, der Fink ein enormes Ausbaupotenzial zuschreibt, gehe nichts voran.

»Wind und Sonne sind die Quellen, von denen wir ganz viel Potenzial haben«

Die flächenintensive Biomasse hält er für ausgereizt, gegen die Windmühlen laufen zu viele Sturm. »Dabei sind Wind und Sonne, die beiden Quellen, von denen wir in der Region ganz viel Potenzial haben«, betont Fink. Da müsse die Politik nachlegen, wenn es ihr mit dem Ausstieg aus Kohle und Kernkraft erst sei.

»Die Potenziale sind da«, weist der Vorsitzende des Sonnenenergie-Vereins auf bestehende Energiegenossenschaften in der Region hin, unter anderen auf den eigenen Verein. »Die wären froh, wenn sie investieren könnten. Die sind alle am Suchen.« Doch für Bürgersolaranlagen auf großen Flächen, wie sie für den Elektroautobetrieb gebraucht werden, gibt es keine Dächer. Fink regt deshalb Fotovoltaikanlagen auf der Freifläche an, entlang von Straßen und Schienen. »Man könnte auch Parkplätze überdachen«.

Die Uni Hohenheim testet unter Leitung des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme auf der Fläche einer Demeterhofgemeinschaft am Bodensee eine sogenannte Agrofotovoltaikanlage auf Stelzen, die Ackerbau zulässt. Fink kennt die schwimmenden Module in den Seen des Braunkohleabbaus. »Sich darauf zu verlassen, dass die Dächer ausreichen, ist illusionär.« (GEA)