HAYINGEN. Eine erfolgreiche Ära geht mit der Auflösung des Ferienrings Schwäbische Alb zu Ende. »Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und abgewogen, wie es weitergehen kann. Doch die Zeiten haben sich verändert, der Ferienring wird als Plattform für Anbieter von Ferien auf dem Land nicht mehr benötigt«, teilt Traudl Brunner mit. Sie ist seit 25 Jahren Vorsitzende des Vereins und war die Nachfolgerin von Martin Wagner, der gemeinsam mit Manfred Walter - damals bei der Kreissparkasse Münsingen für die Landwirtschaft zuständig - den Ferienring gegründet hatte und ihn ebenfalls 25 Jahre leitete. Manfred Walter galt laut Brunner als »Pionier«, der den Slogan »Kasperle macht Urlaub auf dem Bauernhof« ins Spiel brachte und damit landwirtschaftlichen Betrieben mit dem Einstieg in den Tourismus ein zweites Standbein bot. Neun Betriebe traten gleich bei der Gründungsversammlung im Jahr 1973 bei, eingetragen wurde der Verein schließlich 1974.
Leerstehende Wohnungen wurden samt Mobiliar zur Ferienwohnung
»Jene, die eine leerstehende Wohnung hatten, weil vielleicht die Oma gestorben war, haben die Räumlichkeiten samt Mobiliar zur Unterbringung von Feriengästen genutzt«, so Brunner. Von Luxus also keine Spur, funktionell musste es zunächst sein. Fließend Wasser gab es zwar, aber längst nicht so, wie Urlauber es heute gewöhnt sind und wie es mittlerweile zum Standard gehört. Doch für Bauernhöfe wurden ihre Gästezimmer und -wohnungen zu einer wichtigen Einnahmequelle, laut Brunner sind sie es nach wie vor. In Katalogen, die der Ferienring auflegte, informierten sich potenzielle Gäste über Möglichkeiten, auf der Alb Urlaub zu machen. Buchungen fanden übers Telefon, später mittels Postkarten statt, die Urlauber und Gastgeber hin- und herschickten. Irgendwann hielt das Faxgerät Einzug, dann stellte sich der Ferienring digital auf, sodass Unterkünfte online gebucht werden konnten.
Nach und nach kamen immer mehr Betriebe in einem weiten Umkreis auf der ganzen Alb hinzu, über 80 Gastgeber schlossen sich in den besten Zeiten dem Verein ein. Broschüren wurden aufgelegt und Netzwerke mit anderen Verbänden gebildet, daraus ergaben sich wertvolle Synergieeffekte. So wie etwa mit dem Landesverband »Urlaub auf dem Bauernhof«, heute »Landorado«. Hier war der Ferienring einer von sieben Anbietern und laut Geschäftsführerin Constanze Bröhmer auch der aktivste. »Wir veranstalteten Lichtstubenabende in großen Hallen, Hoffeste, Erlebniswanderungen, gläserne Produktionen, Genussabende mit gutem Essen und Kabarett. Wir unternahmen Lehrfahrten mit unseren Mitgliedern und boten ihnen unterschiedliche Schulungen an, um aus ihnen noch bessere Gastgeber zu machen«, berichtet Brunner. Denn auf eine gute Qualität der angebotenen Ferienunterkünfte, zu denen neben Ferienwohnungen und Ferienhäusern auch Gästezimmer, Rad- und Wanderhäusle sowie Gruppenunterkünfte hinzukamen, wurde größten Wert gelegt. Gastgeber konnten schließlich ihre Betriebe vom Deutschen Tourismusverband zertifizieren und sich mit verschiedenen Qualitätssiegel auszeichnen lassen. Der Ferienring präsentierte seine zugehörigen Betriebe mit stets aktualisierten Katalogen auf Messen, besuchte sogar die Grüne Woche in Berlin.
»Im Ferienring wurde in den letzten 50 Jahren ganz viel Pionierarbeit geleistet«
Doch die Zeiten ändern sich, auch im Tourismus. Alles ist zwischenzeitlich online abrufbar und buchbar, Gästebewertungen werden oft sogar noch während des Aufenthalts auf der Homepage abgegeben. Und so stellte sich die Frage, ob ein solch kleiner Tourismusverein noch zeitgemäß ist und überhaupt noch benötigt wird. »Ja, aber nur zum Austausch untereinander. Nein hinsichtlich Werbung und Marketing. Da gibt es große Portale und Verbände, die eine enorme Reichweite haben, um Gäste zu akquirieren«, so Brunner. Sie spricht von einer »wunderbaren Zeit«, von »tollen Begegnungen« und »einzigartigen Aktionen«, bei denen alle Mitglieder gemeinsam an einem Strang gezogen hätten. Jetzt also wird der Ferienring aufgelöst. Für Elke Weidinger, die als Leiterin des Kreislandwirtschaftsamtes gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden eng mit dem Ferienring zusammengearbeitet hat, »das Ende einer Tradition und einer Ära für die Region und für den Landkreis Reutlingen«. Im Ferienring seien in den letzten 50 Jahren ganz viel Pionierarbeit geleistet und viele Leuchtturmprojekte für den Tourismus und die Landwirtschaft gestemmt worden. Viele Erinnerungen an gelungene Veranstaltungen hat auch Kreisbauernverbandsvorsitzender Gebhard Aierstock. Die Aktionen des Ferienrings hätten immer auch Landwirtschaft und Tierhaltung dem Verbraucher nahegebracht. Das Motto »Als Fremde kommen und als Freunde gehen« sei Dank der Zugehörigkeit zum Ferienring von vielen Gastgebern umgesetzt worden, davon habe die gesamte Alb als Tourismusregion profitiert. (GEA)