SONNENBÜHL. Ein Besuch des Sonnenbühler Rathauses in Undingen lohnt sich in den kommenden Wochen – auch ganz ohne Behördengang. Die 24 Bilder von dem in Genkingen lebenden Künstler Ernst Roland Wolper, die bis 7. Dezember im Rathaus zu sehen sind, regen zum Nachdenken an – nicht nur den Kunstkenner. Das Interesse an den sehr lebendig gestalteten Bildern bei der Eröffnung war groß, nicht nur bei den Undingern.
»WER«, wie Ernst Roland Wolper seine Bilder signiert, erzählt Geschichten, die für sich allein stehen – zeitkritische Geschichten. Stellt man sich etwas weiter weg vom Bild, erfasst man das gesamte Werk und fängt automatisch an, das Gesehene, seine eigene Sicht der Dinge zu reflektieren. »Die Welt anders sehen«, wie der Titel der Ausstellung heißt – dazu bringt der Künstler den Betrachter tatsächlich. Rückt man etwas näher ran, faszinieren die vielen Details, die, handwerklich brillant umgesetzt, den Bildern erst die Sinntiefe geben.
"Ich hoffe, Sie haben eine gewisse Lust mitgebracht, Neues zu entdecken", begrüßte Bürgermeister Uwe Morgenstern die Gäste und dankte dem Genkinger Ortsvorsteher Erwin Herrmann für die Vermittlung. Ein Thema kehre in den Bildern immer wieder: die Situation der Menschen in Afrika. Zur Unterstützung hatte sich Morgenstern einen profunden Kenner geholt. "Reisen bildet", meinte Kunstkritiker Wolfgang Kuhfuss "und ›WER‹ ist ein Reisender". Die Bildsprache rückte er in die Nähe des Surrealismus. Bei Wolpers Werken handele es sich immer um Gesamtkompositionen. Die verschlossene Tür, der verschraubte Eingang" oder die Taube auf dem Berg: Eine besondere Spiritualität ziehe sich durch alle Werke. "Sie strahlen etwas Besonderes aus", so Kuhfuß. Es baue sich ein Dialog auf: zwischen Produzent, Betrachter und dem Gezeigten.
Leben in Afrika prägt das Werk
Wolper ist Autodidakt. Auf seinen Tafelbildern gibt er Eindrücke und auch Zeitkritik wieder, die andere vielleicht in Büchern niedergeschrieben hätten – visuell erlebbare Geschichten und unendliche Betroffenheiten. Ein mehrjähriger Südafrikaaufenthalt mit Besuchen in Namibia und Botswana prägte sein soziales Bewusstsein nachhaltig, wie später Reisen und berufliche Aufenthalte in europäische Länder und Nordafrika. Die Summe dieser Erlebnisse fand und findet Niederschlag in seiner Kunst.
»Torso« sei so ein Bild, das ihm besonders wichtig ist. »Da ist alles drin«, sagt Wolper. Krieg, moderne Städte, Schwarze, Weiße, Tiefsee, stellvertretend für den Artenreichtum. Oder »Black Lady«, das Bildnis einer Frau von hinten, auf den ersten Blick anonym und doch sehr konkret. Auf dem linken Arm der Frau ist ein Datum vermerkt, der 17. Juli 1959, das Todesdatum von Billie Hollyday, eine der bedeutendsten US-amerikanischen Jazz-Sängerinnen, eine Hommage an die Künstlerin und zugleich symbolhaft Kritik am Umgang mit Schwarzen.
Seit den 1980er-Jahren hat Wolper insgesamt 40 Bilder gemalt, über die Hälfte davon hängen jetzt im Undinger Rathaus. Seit vergangenem Jahr ist er im Ruhestand, seitdem male er deutlich mehr, im Moment setze er sich mit den Geschehnissen in den USA auseinander. (leua)
ÖFFNUNGSZEITEN
Die Ausstellung mit Werken von Ernst Roland Wolper ist bis 7. Dezember während der Öffnungszeiten im Undinger Rathaus zu sehen sowie am Samstag, 1. Dezember, während des Undinger Weihnachtsmarkts. (leua)