TROCHTELFINGEN. Die Härchen auf den Armen stellen sich auf. Gänsehaut. Ein Schaudern fließt durch die Glieder. Die Spannung ist gelegt. Der Prolog des neuen Kriminalromans von Frank Schröder, erschienen im Verlag Oertel + Spörer, packt den Leser und lässt ihn nicht das Buch zur Seite legen. Das macht einen guten Roman aus. Und natürlich das, was danach und wie es erzählt wird.
Frank Schröder hat nach seinem Erstlingswerk »Mit jeder Faser« von 2018 und dem darauffolgenden Krimi »Valeries Tod«, auf den er sehr stolz gewesen sei, schriftstellerisch und dramaturgisch dazugelernt. Er nahm an einem Story Camp teil, hat sich bei Profis weitergebildet, wie man Charaktere entwickelt, das Handlungsgerüst noch stringenter baut, wie die Struktur eines Romans noch besser funktioniert, die Figuren glaubwürdig sind.
»Eiskalte Gnade« basiert wieder auf echten Kriminalfällen, echter Ermittlungsarbeit. Tod, Gewalt, Mord - das war Frank Schröders Geschäft. Die Leichensachbearbeitung - »Alltagsgeschäft«. Der 62-Jährige war im Streifendienst tätig, dann bei der Kripo, als Kriminaltechniker, studierte und hatte dann als Kriminalhauptkommissar im Morddezernat Reutlingen mit Gewalt- und Kapitalverbrechen zu tun. Darunter Fälle, bei denen ein Täter versuchte, die Polizei auf eine falsche Fährte zu führen, Unfall, natürliche Todesursache oder Suizid des Gestorbenen versuchte vorzutäuschen.
Das Buch
Der Kriminalroman »Eiskalte Gnade« (276 Seiten, 13 Euro; ISBN 9783965551800) ist im Verlag Oertel + Spörer, Reutlingen, erschienen. Autor Frank Schröder ist gemeinsam mit Veit Müller am Donnerstag, 24. Oktober, 19 Uhr, in Mariaberg bei der Veranstaltung »Dichtung und Wahrheit«, einer Krimilesung der besonderen Art mit musikalischer Umrahmung, zu erleben. Weitere Lesungen aus seinem neuen Buch wird es auch geben. Mehr Informationen zu Frank Schröder gibt es im Internet unter frankschroederautor.de und frankschroederautor@gmail.com. (cofi)
Einen hat Schröder für »Eiskalte Gnade« aufgegriffen. Was ihn aber mehr noch angetrieben hat, das Buch zu schreiben, ist die Erkenntnis, dass viele Tötungsdelikte nicht aufgeklärt werden beziehungsweise unaufgedeckt bleiben, weil die ärztliche Leichenschau oft lückenhaft oder falsch vorgenommen wird. Frank Schröder hat recherchiert. Etwa 1.200 Morde pro Jahr würden so laut Rechtsmedizinern der Uni Münster nicht entdeckt. Viele Ärzte hätten zum letzten Mal während des Studiums eine Leiche gesehen, betreuen sie einen Menschen über viele Jahre, im Beisein von Familienangehörigen sind die Hemmungen groß, die Leiche zu entkleiden - so wie es für eine Leichenschau vorgeschrieben ist. Und auch, wenn er nachts gerufen wird, bei einem Verdacht des nichtnatürlichen Todes die Polizei hinzuzurufen. Deswegen bleibe die Dunkelziffer vor allem der im sozialen Nahraum der Familie verübten und nicht entdeckten Taten groß. 85 Prozent der Tötungsdelikte ereignen sich innerhalb verwandtschaftlicher Beziehungen. Im europäischen Vergleich sei Deutschland Schlusslicht beim Thema Obduktion. Andere Länder seien da viel weiter.
Recherche zu Dunkelfeldforschung
Frank Schröder hat trotz seiner beruflichen Erfahrung für den neuen Kriminalroman recherchiert, ist auf die Intensivstation des Reutlinger Krankenhauses gegangen, hat ein Krematorium besucht, hat sich bei Rettungskräften informiert, zur Dunkelfeldforschung gelesen, um seine Handlung glaubwürdig zu gestalten. In seinem Buch lässt er wieder Kommissarin Verena Göbel ermitteln, weitere Protagonistin ist ihre Praktikantin Mila Landenberger. Ihr Auftrag: einen Serienmörder finden,der scheinbar leidende ältere Menschen erlöst und natürliche Tode vortäuscht. Landenberger kommt ihm auf die Schliche und gerät selbst in Gefahr. »Zum Schluss wir es noch mal dramatisch und noch spannender«, sagt Frank Schröder. Das Ende des Romans verrät er natürlich nicht, aber so viel zumindest: Die Geschichte nimmt einen guten Ausgang. »Das Gute gewinnt fast immer.«
So war es auch in seinem Job als Kommissar. Schröder weiß, wie man die Täter dazu bringt, ein Geständnis abzulegen. Fair, offen und transparent mit ihnen umgehen. Sich in sie hineindenken, empathisch sein, ihre Motivation nachempfinden. »Ich war eher der good cop«, sagt er. »Man muss sich auf Augenhöhe mit den Tätern begeben, damit sie mit mir reden.« Ruhig bleiben, »sonst machen sie zu«, den richtigen Moment erwischen. Außerdem hat sich die Arbeit der Kriminaltechnik massiv weiterentwickelt, seit Schröder als 17-Jähriger in den Polizeidienst eingetreten ist. »Vor 43 Jahren steckte die DNA-Analytik noch in den Kinderschuhen.« Heute benötigt man nur noch geringe Mengen Spurenmaterial. Und es gelinge kaum einem Verbrecher, eine Tat zu verüben, ohne Spuren zu hinterlassen - selbst wenn er den Tatort so gut wie möglich meint zu säubern.
Neue Geschichten werden folgen
Das Schreiben hat Frank Schröder gepackt. Aber »ich möchte wegkommen von den echten Fällen«, mit denen er während seiner Polizeiarbeit betraut war, »die werden langsam alt«. Er wird aber weiter an Erzählungen feilen, neue Geschichten finden. Vielleicht auch mal das kriminalistische Genre verlassen. Oder doch nicht? Ein Kinderbuch schwebt ihm vor - vielleicht ein Kinderkrimi? Kann sein. Die drei Fragezeichen oder die fünf Freunde haben schließlich auch in Bücherregalen Tausender Kinderzimmer gestanden.
Frank Schröder bezeichnet sich als »Phasenschreiber«: Mal sitzt er ein paar Wochen am Stück an einer Geschichte, dann wieder lässt er sie ruhen. Als Beamter ist er Ordnung gewöhnt. In einer Excel-Tabelle hat er alle wichtigen Details und Abläufe seiner auf realen Tatsachen basierenden aber doch fiktiven Fälle vermerkt, »manchmal machen die Figuren aber, was sie wollen«. Dann lässt er sie mittlerweile laufen. »Ich habe gelernt, mich mehr treiben zu lassen.« Bei seinen schärfsten Kritikerinnen, seinen Töchtern, kam sein neues Werk auf jeden Fall gut an, sie attestierten: »Das ist das beste der bisher drei Bücher.«
Seit Februar 2023 ist Frank Schröder pensioniert. Zeit zum Schreiben hätte er also eigentlich. Aber da sind ja auch noch die vielen anderen Aufgaben, die Familie, die Arbeit als neu gewählter Trochtelfinger Stadtrat, Lesungen, die Musik und Krimi-Kreuzfahrten, wie er eine vor wenigen Wochen nach England, Schottland und Irland unternahm. Mit dabei Dietmar Bär, Uwe Bahn und Veit Müller. Aber das ist eine andere Geschichte und wird von einem anderen Autoren erzählt. (GEA)