GAMMERTINGEN. Bildungsmessen an Schulen sind mittlerweile gang und gäbe, Schülern und Eltern gibt es eine gute Gelegenheit, sich vor Ort über Karrieremöglichkeiten zu informieren, Unternehmen, soziale Einrichtungen und Hochschulen positionieren sich hier im Kampf um den dringend gesuchten Nachwuchs.
Die Messen sind im Laufe der Zeit professioneller geworden. Dass es nicht mehr reicht, die Unternehmensbroschüre zu verteilen, ist den meisten Ausstellern klar geworden. Trotzdem bleiben Hürden bestehen, der Nachwuchs tut sich manchmal schwer, mit gestandenen Ausbildungsleitern ins Gespräch zu kommen.
Das Gymnasium Gammertingen hat das erkannt und setzte bei seiner Berufsinfobörse zur Berufs- und Studienorientierung auf ein niederschwelliges Angebot: An einigen der Firmenstände waren Ehemalige des GymGam präsent, die zwei, drei Jahre nach dem Abitur über ihre Erfahrungen berichten konnten. Insgesamt 15 Unternehmer hatten die Chance zur Nachwuchsrekrutierung genutzt, was für die Attraktivität des Bildungsstandorts im Laucherttal spreche, meinte Schulleiter Christoph Ocker.
Vor allem aber hatten die Lehrer Hilde Butscher, Sven Rempe und Claudia Staiger 27 ihrer früheren Schüler rekrutiert, die als Studienbotschafter über das Hochschulleben, Auslandaufenthalte und Freiwilligenprogramme berichteten. Auf dem Podium machte Tabitha Teufel den Anfang. Sie erzählte über einen Auslandsaufenthalt der besonderen Art. Tabitha hat das Abitur im Jahr 2018 bestanden, sie fühlt sich »als wäre es vorgestern gewesen«. Danach kämpfte sie mit der »konstanten Planlosigkeit« und wollte nicht sofort studieren. Einen ersten Plan fand sie bei der ZIS-Stiftung für Studienreisen. Die Stiftung hat ein ungewöhnliches Angebot im Programm: Nur mit diesem knappen Budget, grundsätzlich allein und mit einem selbst gewählten Studienthema reisen die Stipendiaten ins Ausland und legen einer Jury drei Monate nach der Rückkehr einen Studienbericht, ein Tagebuch und die Abrechnung über die Stipendiensumme vor.
Die Abrechnung ist wichtig, für den vierwöchigen Auslandsaufenthalt stehen nur 600 Euro zur Verfügung – Flugreisen und Hostels fallen also schon mal weg. Tabitha reiste auf die Äolischen Inseln, eine kleine Inselgruppe vor Sizilien, bekannt ist vor allem der Vulkan Stromboli. Um mit dem knappen Budget über die Runden zu kommen, galt es kommunikativ zu sein. Tabitha suchte kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten, traf auf Iparis Bauern und Vulkanführer, Aussteiger und Schüler, die mit dem Boot zur Penne fahren und viel »italienische Omas, die mich adoptieren wollten«. Zurück ging es mit einem mit spannenden Geschichten gefüllten Reisetagebuch. Das Recherchieren und Geschichtenerzählen scheint ihr zu liegen, sie studiert nun Medien- und Kulturwissenschaften und Germanistik.
Das Abitur kann mit 17 Jahren abgelegt werden, dem G8 sei Dank, da ist Gelegenheit, sich etwas Zeit vor der Berufsentscheidung zu nehmen. Emily Dörflinger hat sich für ein freiwilliges soziales Jahr in Mariaberg entschieden, ihre Erfahrungen bei der Jugend- und Behindertenhilfe vermittelte sie mit Unterstützung der Mariaberg-Ausbildungsleiterin Stefanie Hoffmann – Abijahrgang 2004 am GymGam. Auch Steffen Seebach hat als FSJler angefangen, im Rettungsdienst. Dem blieb er treu, mittlerweile absolviert er die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter. Damit es mit dem Berufseinstieg klappt, bot Schwörerhaus ein Training für das nicht immer einfache Bewerbungsgespräch an. Dass es mit guten Noten nicht getan ist, scheint bei den künftigen Berufseinsteigern angekommen zu sein. Die zwei Workshops mit Schwörer-Ausbildungschefin Bianca Loock-Hummel und Verena Birkhofer stießen auf großes Interesse.
Die Studienbotschafter standen beziehungsweise saßen derweil in den ihnen noch wohlvertrauten Klassenzimmern und berichteten vom wilden Leben auf dem Campus und natürlich von den Inhalten ihrer Studiengänge in den Wirtschafts- oder Ingenieurswissenschaften, im Rechts- und Verwaltungswesen oder so exotischen Fachrichtungen wie Smart Building Engineering and Management oder Mathematische Biometrie. Gar nicht so wenigen hat das GymGam so gut gefallen, dass sie die Schule zum Beruf machen wollen. Wie Aron Hofstetter und Lea Heinzelmann die jetzt auf Lehramt studieren. Falls sie nach Abschluss des Studiums am Gymnasium Gammertingen unterrichten sollten, nennt man das wohl einen Lebenslauf ohne Brüche. (GEA)