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Balladen, Improvisation und ein zerstörtes Klavier beim Joffel in Upfingen

Zum zweiten Mal fand am Freitagabend das Joffel-Festival in Upfingen statt. 120 Gäste kamen zum Event, das Musik, Kunst und eine spektakuläre Aktion bot. Was sie begeisterte.

Aus St. Johann stammt das Duo »Allerhand«, das den Auftakt machte.
Aus St. Johann stammt das Duo »Allerhand«, das den Auftakt machte. Foto: Gabriele Böhm
Aus St. Johann stammt das Duo »Allerhand«, das den Auftakt machte.
Foto: Gabriele Böhm

UPFINGEN. Mit einem Regenbogen begann am Freitag auf der Neuen Sängerruh die zweite Auflage des Kulturfestivals Joffel in Upfingen, veranstaltet vom Kunstforum St. Johann mit Johannes Schwarz und Freunden. Auch dieses Mal präsentierten Musikerinnen und Musiker eine Viertelstunde lang ihren persönlichen Stil. Auf dem Gelände zwischen Wald und Wiese stellten außerdem Bildende Künstlerinnen und Künstler aus dem Netzwerk des Kunstforums ihre Objekte aus.

Hinter dem urigen Grillfeuer hängen die stählernen Stühle von Finn Hamer an der Wäscheleine.
Hinter dem urigen Grillfeuer hängen die stählernen Stühle von Finn Hamer an der Wäscheleine. Foto: Gabriele Böhm
Hinter dem urigen Grillfeuer hängen die stählernen Stühle von Finn Hamer an der Wäscheleine.
Foto: Gabriele Böhm

Mit einer Fantasia von Telemann auf dem Fagott begrüßte Johannes Schwarz die Gäste, am Ende rund 120. Zum Joffel geht man zu Fuß oder kommt mit dem Fahrrad, man bringt Decken mit, Grillgut fürs offene Feuer, Kaffee oder seinen Hund. Trotz aller Freiheit ist Organisation nötig. »Es ist jedes Mal ein Abenteuer!«, so der Vereinsvorsitzende Clemens Fischer. Umso begeisterter seien die Veranstalter über Unterstützung. Der Landkreis übernehme die Basiskosten wie beispielsweise die GEMA-Gebühren, der Bauhof mähe, die Gemeinde schalte die Gratis-Annonce im Amtsblatt, jemand bringe Brennholz, ein anderer sorge für Strom. »Das Festival lebt vom Miteinander.« Das Konzept sei gut und bleibe auch, wenn es 2025 wieder ein Joffel gibt. »Das steht und fällt mit der Förderung.« Die ganzen Künstlerinnen und Künstler zusammenzubekommen, jedes Mal andere, fordere eine genaue Planung. »Bei Regen wäre das Festival ausgefallen, denn einen Ersatztermin bekommen wir nicht zusammen«, so Fischer. Aber bei allen Unwägbarkeiten mache der Event natürlich einen Riesenspaß, so Johannes Schwarz. Das Besondere sei das Zusammentreffen von Stadt und Land.

Köpfe von Außerirdirschen, geschnitzt von Klaus Dieterich.
Köpfe von Außerirdirschen, geschnitzt von Klaus Dieterich. Foto: Gabriele Böhm
Köpfe von Außerirdirschen, geschnitzt von Klaus Dieterich.
Foto: Gabriele Böhm

Auf dem Gelände hatte das Künstlerehepaar Inge und Klaus Dieterich das »Begrüßungskomitee« geschaffen: einen blauen Mann mit Mohnblume und Köpfe von »Außerirdischen«, geschnitzt aus historischen Zimmermannsbalken. Viel Humor steckte dahinter. Clemens Fischer zeigte eine Videoprojektion, Rudolf Teuffel unter dem Motto »Bewegung« Schuhleisten mit Gesichtern, die sich »auf Augenhöhe« unterhalten. »Antonym« heißt das Werk von Finn Hamer. »Alles widerspricht sich«, erläuterte er. Stühle hängen an einer Wäscheleine, zeigen den Bauhaus-Stil, aber verfremdet, die Stuhlkissen wirken weich, sind aber aus dem Stahl eines Gastanks gemacht. Susanne Wahl-Eder hatte ihre Holztafeln mit Grafiken an einem Baum aufgehängt, Peter Hüser schuf aus zwei Fahrradreifen eine Installation mit den Fahnen von Israel und Palästina. Wer an einer Schnur zog, setzte diese in Bewegung. »Haben Sie die Lösung?«, fragte eine Schrifttafel.

Den Auftakt des Musikprogramms machte die lokale Gruppe »Allerhand« (Wolfgang Jäger, August Faller), dieses Mal ohne Gitarrist, und wechselte mit Akkordeon im Duo mit Dudelsack, Flöte und Posaune in einer Viertelstunde zwischen Irish Pub-Atmosphäre, »Drunten im Unterland« und dem Evergreen »Bei mir biste scheen«. Ganz andere Klänge brachte »Noisufer« aus Tübingen mit eigenen Liedern auf die Bühne. In ihren Balladen ließen sie in unverwechselbarem Sound die Coronazeit, Wirrnisse der Liebe oder Erlebnisse im Garten anklingen.

Geräuschimprovisation von Carl Ludwig Hübsch aus Köln auf der Tuba.
Geräuschimprovisation von Carl Ludwig Hübsch aus Köln auf der Tuba. Foto: Gabriele Böhm
Geräuschimprovisation von Carl Ludwig Hübsch aus Köln auf der Tuba.
Foto: Gabriele Böhm

Viel Beifall bekam auch der Tubist Carl Ludwig Hübsch aus Köln. »Ich bin immer selbst überrascht von meinen Kompositionen«, meinte er und ließ in Klangexperimenten Windesrauschen oder das Knattern einer Eisenbahn hören. Das Freiburger »EineArt-Ensemble« bot eine freie Improvisation mit Kontrabass, Melodika, Gesang und Klavier. Zum letzten Mal und mit einem Stück von 1962 erklang ein Klavier, dem nicht mehr zu helfen war und das anschließend in einer spektakulären Aktion zerlegt wurde. Zum Teil gab es heftigen Protest aus dem Publikum, aber am Ende nahmen sich doch mehrere Gäste gerne eine Saite oder Taste mit. Nachdem die letzten Klänge aufgezeichnet worden waren, nahm, sozusagen posthum, Ulrike Schwarz (Saxophon) sie mit ihrem Loop noch einmal in ihre Improvisation auf.

Kurz vor dem offiziellen Ende musste der Event wegen einer Unwetterwarnung abgebrochen werden. Nachdem Gäste und Technik in Sicherheit gebracht waren, saßen die Künstlerinnen und Künstler noch in der Hütte zusammen und lauschten der Rockmusik von Til Eder. Ersatzlos gestrichen werden musste leider die Jam Session, auf die man sich im nächsten Jahr freuen darf. (GEA)