SONNENBÜHL. Im Nebenraum seines bisherigen Büros steht eine Continental-Schreibmaschine der Chemnitzer Wanderer Werke. Sie ist irgendwie aus der Zeit gefallen, heute arbeitet eine Behörde natürlich mit modernerem Gerät. Aber die Continental könnte es heute immer noch tun - mit neuem Farbband, versteht sich. Und wer sie immer noch bedienen könnte, ist Heinz Hammermeister. Vor 55 Jahren hat er hier seine ersten Dokumente getippt, als er 1969 im Willmandinger Rathaus - damals war der Ort noch eine eigenständige Gemeinde - seine Ausbildung zum Gemeindeassistenten begann und im Mittleren Verwaltungsdienst beschäftigt war. Sein Dienstherr war Bürgermeister Grotz.
Fünf Bürgermeister erlebt
Während seines Studiums in Stuttgart für den gehobenen Verwaltungsdienst arbeitete er 1974/75 nebenher in der Finanzabteilung der Gemeinde Undingen, damals unter Bürgermeister Manfred Stierle. Dann folgte die Vereinigung der Dörfer Willmandingen, Undingen, Erpfingen und Genkingen. Bürgermeister Nummer drei - Dieter Winkler, erster Schultes der Gemeinde Sonnenbühl - erlebte Heinz Hammermeister, als er von 1980 bis 1989 als Fachbeamter für das Finanzwesen Eingaben und Ausgaben verwaltete, zuvor war er Kämmerer in Eningen. Und es sollten noch Bürgermeister vier und fünf folgen mit Gerrit Elser und aktuell Uwe Morgenstern.

Denn obwohl der Diplom-Verwaltungswirt (FH) im Jahr 1989 die Leitung des Dezernats Innen- und Finanzverwaltung der Handwerkskammer Reutlingen übernahm, 1999 dort zum Geschäftsführer ernannt wurde und bis zur Pensionierung 2014 in der Kammer arbeitete, engagierte er sich in seiner Heimatgemeinde kommunalpolitisch. Und das über vier Jahrzehnte. Denn vor knapp 40 Jahren wurde er zum ersten Mal zum Ortsvorsteher von Willmandingen gewählt, ein Amt, das er bis zur diesjährigen Kommunalwahl ausgefüllt hat. Darüber hinaus war er von 1989 bis 2019 beschließendes, von 2019 bis 2024 beratendes Mitglied des Gemeinderats und ebenfalls von 1989 bis 2024 Mitglied des Willmandinger Ortschaftsrats.
Wunsch: ein Kreisverkehr am Ortseingang
Ein Bürgermeisterposten, zumal er dafür die nötigen Voraussetzungen mitbrachte, habe ihn schon gereizt, sagt Heinz Hammermeister, aber mit Frau, Töchtern und Haus verbunden mit Willmandingen kappte er dort nicht seine Wurzeln. Bewerbungsersuchen verschiedener anderer Gemeinden ist er nicht nachgekommen. Ortsvorsteher - nun gut, das ist ja auch so etwas wie ein Bürgermeister. 1985 war er Ansprechpartner für 1.041 Willmandinger, zum Ende seiner Amtszeit in diesem Jahr für circa 1.450 Einwohner. Eine erfreuliche Entwicklung für den Ort, dank der Schaffung neuer Baugrundstücke und mehr Wohnraum, für die sich auch Hammermeister stark gemacht hat. Die Vorbereitungen für das neue Baugebiet Asch wurden noch in seiner Amtszeit angegangen, die Fertigstellung allerdings wird Hammermeister nicht mehr als Ortsvorsteher feiern können. »Ich hätte mir gewünscht, dass wir da schon weiter wären.« Seine Vorstellung ist die Erschließung des neuen Baugebiets durch einen Kreisverkehr, durch den auch die Ortsdurchfahrt von Willmandingen und die Egelsbergstraße bedient werden.

Dafür aber wird er zur Eröffnung des »Quartiers der Generationen« mit Pflegeheim und Wohngebäuden im September kommen. Zwar auch nicht mehr als »OV«, aber das Millionen Euro teure Projekt hat den Willmandinger viele Jahre beschäftigt und begleitet. »Wir müssen uns Gedanken machen über ein Alten- und Pflegeheim in der Gemeinde.« 20 Jahre ist es her, dass Heinz Hammermeister diesen Satz sagte, als im GEA über die Ziele der FWV Sonnenbühl im Kommunalwahlkampf im Mai 2004 berichtet wurde. Die ersten Verhandlungen wurden 2012 geführt, 2016 ist Willmandingen ins Landessanierungsprogramm aufgenommen worden - als letzter der Sonnenbühler Ortsteile, aber genau zur richtigen Zeit, um das Areal der ehemaligen Strickwarenfabrik Wagner, eine Industriebrache mitten im Ort, umzunutzen. 2017 konnte die Gemeinde das Grundstück erwerben, 2021 an die Bauherrengemeinschaft aus Samariterstiftung und Baugenossenschaft verkaufen. 2020 begann der Abriss der Fabrikgebäude.
Immer korrekt, immer geradeaus
Sport- und Kulturveranstaltungen, Feste und Märkte, Geburtstage, Beerdigungen, Altennachmittage und viele Termine mehr: »Ich bin zu den Veranstaltungen nicht nur als Heinz Hammermeister gegangen«, sagt der 70-Jährige, sondern seine Teilnahme bedeutete: Willmandingen ist da. Auch Ortschafts- und Gemeinderatssitzungen ließ Hammermeister, mit 30 Jahren zum ersten Mal zum »OV« gewählt, höchst selten ausfallen. Bis auf eine seiner ersten Versammlungen des Ortschaftsrats in Willmandingen, die er wenige Minuten nach Beginn beendete. Denn so mancher Gewählte nahm es mit der Uhrzeit gern etwas lax. Weil die meisten Räte unentschuldigt fehlten und damit keine Beschlussfähigkeit bestand, schloss Hammermeister die Sitzung. »Jetzt sind wir doch da, jetzt kannst du doch weitermachen«, forderten die nach und nach eintrudelnden Räte. Doch das gab's nicht für Hammermeister, immer korrekt, immer geradeaus.

»Als Ortsvorsteher musst du auch klare Kante zeigen und darfst dich nicht wegducken.« Genauso wichtig sei es aber auch, beweglich zu sein und zu bleiben, Abmachungen einzuhalten. Kritik einstecken, mit Anfeindungen umgehen. »Lobeshymnen brauche ich nicht«, sagt Heinz Hammermeister. Aber ein in schwäbisch-zurückhaltender Manier gesagtes »Was ihr machet, is scho recht« freute ihn dennoch. Was ihm immer am Herzen lag, waren Begegnungen, Menschen. Er habe oft geholfen, wenn er darum gebeten wurde, selbst wenn das außerhalb seiner OV-Tätigkeit lag. Vielleicht liegt's daran, dass sein Vater von einigen Willmandingern unterstützt wurde, als er als junger Soldat und Kriegsvertriebener 1945 in den Alb-Ort kam, sinniert Heinz Hammermeister. Und auch seine Mutter erhielt nach einem Schlaganfall immer wieder Hilfe im Ort. Das prägt, das formt. Vom Guten, was einem persönlich und Angehörigen widerfährt, muss man etwas zurückgeben. Als bekennender Christ sowieso.
Kommunalpolitiker mit Leib und Seele
Nähe, Verbundenheit, Ehrlichkeit. Das zeichnet Hammermeister aus. Als Ratgeber und Kenner der Gegebenheiten arbeitete er mit den Bürgermeistern zusammen, nahm im Gemeinderat kein Blatt vor den Mund, legte den Finger auch in so manche Wunde. Ein Kommunalpolitiker mit Leib und Seele, der Prototyp eines Ortsvorstehers. Was wird, wenn jetzt der Kalender nicht mehr gefüllt ist mit Aufgaben, Sitzungen und Terminen? »Ein wenig Muffe habe ich schon davor«, sagt Heinz Hammermeister, der den Schlüssel zum frisch sanierten Rathaus - auch dies ein Herzensprojekt für den OV - an seinen Nachfolger Wolfgang Aierstock abgegeben hat. Den Übergang in den kommunalpolitischen Ruhestand hat er vorbereitet, machte vor fünf Jahren anderen Kandidaten Platz im Gemeinderat und saß selbst dort in den vergangenen fünf Jahren »nur« noch als beratendes Mitglied. »Es war eine schöne Zeit, aber jetzt ist es rum.« Die neue Freiheit wird er nutzen. Natürlich wie zuvor Zeit mit Frau, Kindern und Enkelkindern verbringen. Bei der Wald- und Gartenarbeit. Beim Lesen. »Ein politischer Mensch werde ich bleiben.« Sein Wunsch: »Dass die Gesundheit mitmacht, damit man noch was erleben kann.« (GEA)