MÜNSINGEN. Ob’s nun Barbie, Kater Mikesch, Pippi Langstrumpf oder Balu der Bär ist: Sie sind Edgar Braig alle willkommen. Denn die »Helden der Kindheit« sind’s, mit denen er sich in seiner offenen Werkstatt auseinandersetzen will. Ab morgen, Sonntag, 12. Juni, bis 26. Juni, macht er in den Räumen des Kultspace in Münsingen vor und mit den Besuchern Kunst. »Jeder soll seinen Kindheits-Helden mitbringen«, ermuntert der Münsinger Künstler zur Interaktion.
Egal ob in Form einer Figur, eines Buchs oder eines Bildes: Braig nimmt sich den Helden zum Modell für ein Gemälde oder eine Zeichnung und beherbergt ihn in seiner Ausstellung, die auf diese Weise wächst. Wer möchte, darf »seinen« Helden später auch mit nach Hause nehmen. Braig nimmt dafür kein Honorar und bittet stattdessen um eine Spende für die Eine-Welt-Initiative Münsingen, die ihrerseits das Sozial- und Bildungsprojekt Segundo Montes in El Salvador unterstützt.
Der Igel aus Omas Zeitschrift
Ein kleines Figuren-Kabinett der Kindheits-Helden ist im Kultspace schon zu sehen. Denn seinen eigenen hat Braig mit Skulpturen Denkmäler gesetzt – und zwar keine, die man blankpoliert und staatstragend auf einen Sockel setzt. Das würde nicht zu Braig passen, der die Materialien für seine Arbeit in Sperrmüll-Haufen, unaufgeräumten Kellern oder alten Scheunen findet. Braigs Kunst ist auch eine Art von Upcycling, gebrauchen kann er alles. Was die neuen Skulpturen angeht, ist es vor allem Holz. Braig hat es zurechtgesägt und -geschnitzt, bis daraus Helden geworden sind. Einer davon ist Mecki, der Igel: Er war das Maskottchen der Zeitschrift »Hörzu« – und genau die lag bei Braigs Oma immer auf dem Tisch.
Auch der etwas kuriose Titel seines Atelier-Projekts – »father of son of garloo« – hat mit einem Helden zu tun. Garloo ist ein Spielzeug, das 1960 in Japan für den amerikanischen Markt produziert wurde. Die Figur des gozillahaften Monsters, das nur von Kindern gezähmt werden kann, ist für Braig durchaus ein Sinnbild ihrer Zeit: Hiroshima war nicht lange her, die Angst war mit dem Kalten Krieg allgegenwärtig. Genforschung und Klon-Versuche gaben Anlass zu Spekulationen und Fiktionen, das digitale Zeitalter war mit den ersten Rechnern bereits angebrochen. Ein Kind dieser Zeit und ihres Geists war dieses ferngesteuerte Wesen, bösartig und liebenswert zugleich. Braig hat ihm nicht nur ein Denkmal gesetzt, sondern auch einen unmittelbaren Bezug zur Gegenwart, zum Krieg in der Ukraine hergestellt: Garloo, knallgrün und stark, hält in seinen Händen zwei Panzer, einen blauen und einen roten, um sie gegeneinander zu schlagen, zu zerquetschen.
Welche Kindheits-Helden sonst noch auftauchen? Edgar Braig ist gespannt. Von 12. bis 26. Juni ist er immer von Mittwoch bis Freitag jeweils zwischen 9 und 13 Uhr sowie von 15 bis 18 Uhr im Kultspace in der Uracher Straße 5 anzutreffen, außerdem samstags von 9 bis 13 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Eine Midisage, eine Eröffnung mittendrin, wird am Sonntag, 19. Juni, ab 14 Uhr gefeiert. Kunstexpertin Zita Hartel führt im Gespräch mit dem Künstler in dessen Werk ein, danach spielt die Band Neue Heimat & the Angels of Noise. (ma)
KULTSPACE
Die Postfiliale ist aus-, die Kunst ist eingezogen: Mit dem neuen »Kultspace« im Herzen Münsingen will der Landkreis Reutlingen Kreativen einen Raum bieten. Auf einer Fläche von 205 Quadratmetern ist vieles denkbar – vom offenen Atelier über Ausstellungen, Konzerte, Workshops und Pop-up-Stores bis hin zum Co-Working-Projekt kann und soll der »Kultspace« vielfältig genutzt werden. Ansprechpartner für interessierte Nutzer ist Kreisarchivar Marco Birn. (ma) 07121 4801326 kultur-machen.de/kultspace